Drillisch Reif für Freenet?
Paschalis Choulidis, Vorstandschef der Drillisch AG, sieht sein Unternehmen auf gutem Kurs das Jahresziel einen Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 52 Millionen Euro einzufahren. „Die Entwicklung unseres Geschäfts ist erfreulich. Wir stehen zu unserer Prognose“, sagt uns der CEO im Hintergrundgespräch. Wie uns Choulidis erläutert, investiert die Firma 2011 massiv in die Gewinnung von Neukunden. Für Werbung in TV und Presse will der Firmenchef 15 bis 16 Millionen Euro ausgeben. Unseres Erachtens dürfte der Mobilfunk-Serviceprovider dennoch die eigenen Erwartungen im Jahresverlauf erhöhen oder am Jahresende entsprechend besser abschneiden als kommuniziert. Sehr gut unterlegt ist die Planung durch einen soliden Start ins neue Jahr. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres wurde ein EBITDA von 12,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Die Marge: 15,5 Prozent! Beim EBIT lag der Gewinn bei 11,3 Millionen Euro und die EBIT-Marge betrug 14,1 Prozent!
Treiber des Geschäfts sind vor allem Datenvolumen von Smartphones, Laptops, Netbbooks und Tablets. „Sprach- und Datenvolumen für Smartphones werden uns in den kommenden Jahren noch sehr viele Freude bereiten“, sagt Choulidis. In zwei bis drei Jahren wird es nach Ansicht des Firmenchefs fast nur noch Smartphones seitens der Hersteller geben. Bei Datenvolumen erzielt Drillisch sehr gute Margen. „Wir sind guter Dinge für die Zukunft und erwarten, dass wir das heutige Margenniveau mindestens halten können“, so Choulidis.
Nach Angaben des Vorstandschefs reduzierten sich in diesem Jahr die Abschreibungen von sechs auf circa 4,5 Millionen Euro. Das Finanzergebnis dürfte den Gewinn um zwei bis drei Millionen Euro schmälern. Unterm Strich erwarten wir mindestens einen Überschuss von circa 33 Millionen Euro oder einen Gewinn je Aktie von mindestens 62 Cent. Die Berechnung inkludiert nicht die neue Situation, dass Choulidis die Beteiligung an der Freenet AG künftig at-equity bilanziert und deren Gewinn entsprechend anteilig ausweist. Das beeinflusst den Gewinn je Aktie positiv. Den Free Cashflow für das Jahr 2011 erwartet Choulidis zwischen 35 und 40 Millionen Euro. Von diesem Gewinn wird das Unternehmen erneut eine saftige Dividende ausschütten. Für das vergangene Geschäftsjahr wurden 50 Cent je Aktie ausgekehrt. In Kürze wird die Freenet AG ihre Hauptversammlung abhalten. Choulidis freut sich auf die Veranstaltung. An dem Hamburger Telekommunikationsdienstleister hält Drillisch inzwischen einen Anteil von 20,23 Prozent oder rund 26 Millionen Aktien. Da Freenet eine Dividende von 80 Cent je Anteilsschein ausschüttet, kommen im Maintal rund 21 Millionen Euro an oder 40 Cent je Aktie. Vielleicht aber auch noch ein Schnaps mehr. Auf der Freenet-Versammlung könnten Aktionäre durchaus die Tagesordnung anpassen und nach einer höheren Ausschüttung rufen. Wie Sie wahrscheinlich noch wissen, hat Freenet-Chef Christoph Vilanek einst eine Dividende je Aktie von 80 Cent bis einen Euro in Aussicht gestellt. Nunmehr wird nur die untere Bandbreite ausbezahlt. Da Freenet sich zwischenzeitlich über eine Anleihe wiederum günstiger finanziert hat, könnte eventuell die Dividendenzahlung erhöht werden. Freenet wäre nicht die erste Firma, bei der Anteilseigner auf der Aktionärsversammlung höhere Auszahlungen fordern. „Wie alle anderen Aktionäre, freuen wir uns über höhere Dividenden und haben nichts gegen eine höhere Ausschüttung. Wir werden aber einen solchen Antrag nicht stellen“, betont Choulidis.
Nach früheren Angaben sollte die Dividendenzahlung von Freenet direkt an die eigenen Anteilseigner verteilt werden. Da Drillisch ihre Hauptversammlung schon abgehalten hat, ist der zusätzliche „Bonus“ nicht in diesem Jahr auszubezahlen. Aber laut Choulidis soll dies entsprechend im Jahr 2012 nachgeholt werden. Bleibt die Basis-Dividende von Drillisch bei mindestens 50 Cent und addieren wir den Anteil der Freenet-Dividende noch verteilt auf die Aktienanzahl, kommen weitere 40 Cent je Aktie hinzu. Im besten Fall könnte Choulidis 2012 dann zwischen 90 Cent und einem Euro je Aktie ausschütten.
Ein kleines Fragezeichen setzen wir allerdings dennoch unter die Dividendenannahme für 2012. Choulidis hat bekanntlich jüngst den Anteil von Freenet auf über 20 Prozent ausgebaut und dafür rund 55 Millionen Euro ausgegeben. Das erhöht die Nettoverschuldung. Sollte der CEO die Position weiter ausbauen, braucht Choulidis Geld. Sofern dies geschieht, rechnen wir nicht zwingend mit einer derartigen Ausschüttung. Choulidis könnte das Geld der Freenet-Dividenden benutzen, um weitere Aktien dieser Gesellschaft zu kaufen. Fragen zu diesem Themenkomplex wollte der ansonsten redselige Manager uns nicht beantworten. „Wir sagen zu diesem Thema nichts“. Fakt ist: Beide Firmen dürften mittelfristig zusammengeführt werden. Das ist sicherlich heute, vor einiger Zeit war es so, das Ziel von Choulidis. Den Jumbo-Reseller im Telekommunikationsmarkt zu formen. Eine Übernahme von Freenet durch Drillisch ist unwahrscheinlich. Die milliardenschweren Verlustvorträge von Freenet gingen hierbei sehr wahrscheinlich vor die Hunde. Daran kann der Maintaler kein Interesse haben. Viel eher könnte Freenet die kleinere Drillisch übernehmen. Durch die jüngsten Veränderungen im Aufsichtsrat von Freenet, die Abgänger waren in der Vergangenheit stets gegen diese Übernahme; Teile des Gremiums werden nunmehr durch Drillisch-Vertreter ersetzt, könnte der Weg für eine solche Transaktion frei sein.
Der Börsenwert von Drillisch beträgt aktuell rund 410 Millionen Euro. Rund 240 Millionen Euro ist der Anteil an Freenet wert. Mehr als die Hälfte des Börsenwertes ist sodann durch die Beteiligung unterlegt. Die Cashflow-Maschine, das eigene operative Geschäft, ist vor diesem Hintergrund nach wie vor alles andere als ambitioniert bewertet. Altfavorit Drillisch, unsere mehrfachen Empfehlungen für die Aktie haben sich bestens bezahlt gemacht, sind für nicht investierte Anleger an schwachen Tagen ein viel versprechendes Investment.
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