Close-Up des chinesischen Yuan
Freitag, 02.09.2016 09:15 von | Aufrufe: 1343

Vor dem G20-Gipfel: Privater Sektor in China kommt kaum in Schwung

Close-Up des chinesischen Yuan - © Ufuk ZIVANA Shutterstock.com

Wie steht es um die wirtschaftliche Entwicklung in China? Diese Frage beschäftigt Ökonomen rund um den Globus, schließlich ist das einstmals isolierte Land innerhalb der vergangenen 15 Jahre zu einer der wichtigsten Handelsnationen aufgestiegen. Die Zeiten exorbitanten Wachstums mit zweistelligen jährlichen Zuwachsraten sind zwar vorbei, längst hat sich das Tempo der Entwicklung abgeschwächt. Dennoch ist China ein wichtiger Treiber für die Weltwirtschaft. Die neuesten Indikatoren, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, verdeutlichen die Probleme des Landes beim ökonomischen Umbau.

Der offizielle Einkaufsmanagerindex, der vom National Bureau of Statistics of China monatlich berechnet wird, stieg im August auf 50,4 Prozent. Dies war der höchste Wert seit Oktober 2014. Noch im Juli hatte der Index bei 49,9 Prozent gelegen. Der Einkaufsmanagerindex fragt Kerngrößen wie Auftragsbestand und Auftragseingang, Menge und Preise der Einkäufe oder die Beschäftigtenzahl bei einer relevanten Anzahl an Einkaufsmanagern in Unternehmen ab und ist daher ein wichtiger Indikator für die konjunkturelle Entwicklung. Ein Index oberhalb der Referenzlinie von 50 steht für Wachstum: Die industriellen Geschäfte haben dann im Vergleich zum Vormonat zugelegt.

Der offizielle Einkaufsmanagerindex ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit. Die Indexanbieter Caixin/Markit berechnen für China einen eigenen Einkaufsmanagerindex, bei dem kleinere und mittlere private Unternehmen deutlich stärker gewichtet sind als die großen Staatsbetriebe, die den offiziellen Index dominieren. Und hier zeigt sich dann auch ein ganz anderes Bild: Der Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex sank im August – für viele Beobachter überraschend deutlich – von 50,6 auf 50 Zähler. „Chinas Wirtschaft steht weiter unter enormen Abwärtsdruck, die Regierung muss ihre Bemühungen zur Stabilisierung fortsetzen“, kommentiert Dr. Zhengsheng Zhong, Direktor für Makroökonomische Analysen bei der CEBM Group, die Marktentwicklung.

Schon seit längerem beobachten Ökonomen mit Sorge, dass die chinesische Regierung die Wirtschaft mit Geld künstlich aufbläht. Ihr Ziel ist eine Neuausrichtung der Wirtschaft: mehr Konsum statt Investitionen, weg von der Schwerindustrie, hin zu Dienstleistungen. Doch diese Transformation gleicht einem Balanceakt, schließlich soll der Umbau der Wirtschaft keine Arbeitsplätze in den zum Teil maroden Staatsbetrieben gefährden, um soziale Unruhen zu vermeiden. Der Vergleich der beiden Einkaufsmanagerindizes lässt vermuten, dass die Staatskonzerne derzeit deutlich besser mit Krediten und mit öffentlichen Aufträgen versorgt werden. Gesunken ist im August neben dem Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex auch der offizielle Dienstleistungsindex – von 53,9 Prozent im Vormonat auf nunmehr 53,5 Prozent, was zwar weiter für Wachstum des Dienstleistungssektors steht, aber eben auf geringerem Niveau.

Der internationale Währungsfonds IWF geht davon aus, dass Chinas Wirtschaft in diesem Jahr insgesamt um 6,6 Prozent wachsen wird. Gerade erst hatte der IWF der Regierung in Peking in vergleichsweise deutlichen Worten empfohlen, die makroökonomische Politik weiter auf eine moderate Verlangsamung des Wachstums auszurichten und dabei Vorkehrungen hinsichtlich der finanziellen Risiken zu treffen und den hohen Verschuldungsgrad der Unternehmen im Blick zu behalten. Diesen sieht auch Philipp Hauber, Experte für Schwellenländer im Prognosezentrum des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), mit Sorge. Bedenklich sei die hohe und weiter steigende Gesamtverschuldung in der chinesischen Volkswirtschaft von annähernd 220 Prozent in Relation zur Wirtschaftsleistung, schrieb er bereits im Juli in einem Positionspapier.

In der Tat ist in den vergangenen Jahren die Kluft zwischen dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und dem Verhältnis von Krediten zum BIP immer weiter angewachsen. Die entscheidende Frage könnte damit sein, wie das Schuldenmachen insbesondere der alten Staatsbetriebe zurückgefahren werden kann, ohne dass die chinesischen Unternehmen ins Taumeln geraten und das chinesische Wirtschaftswachstum über Jahre gefährdet wäre.

Auf dem am Sonntag beginnenden G20-Gipfel im ostchinesischen Hangzhou dürfte die ökonomische Situation des Gastgebers ebenso wie die weltwirtschaftliche Entwicklung zur Sprache kommen. Deutschland und die anderen Industrienationen werden das Risiko abrupter, krisenhafter Anpassungen in China im Blick haben, genauso wie ein weiteres Phänomen: Die massive Expansion chinesischer Konzerne ins Ausland.

Denn unter welchem Druck Unternehmen in China stehen, um innovative Technologien zu erwerben, mit denen sie eine höhere Wertschöpfung erreichen können, zeigt dann auch eine andere Zahl: Von Januar bis Juli 2016 investierten chinesische Firmen nach Angaben des Wirtschaftsministeriums 102,75 Milliarden US-Dollar im Ausland (non-financial direct investments overseas). Dies entspricht einer Steigerung um fast 62 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Investiert wurde demnach in fast 5.500 Unternehmen in 156 Ländern. Spitzentechnologie gerade im Bereich Werkzeugherstellung, Maschinenbau und Automatisierung steht ganz oben auf dem Einkaufszettel der Konzerne. Nicht zuletzt die Übernahme des Roboterherstellers Kuka hat gerade gezeigt, wie tief und vielschichtig auch die deutsche Wirtschaft inzwischen mit China verflochten ist.


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