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Shortattaken

Dienstag, 30.03.2021 21:05 von Smart Investor - Aufrufe: 1348

Nicht jede Shortseller-Attacke endet in der Pleite. Die totgesagten ­Unternehmen leben häufig weitaus länger, als in der Hitze des Gefechts zu vermuten gewesen wäre.

Auch heute noch gelten Shortseller vielen Börsianern als eine Art von „dunkler Macht“: destruktiv, aggressiv und nicht selten mit einem leicht dubiosen Hintergrund – eine Sichtweise, wie sie auch die konzertierte Attacke auf die Aktie von GameStop und die hinter diesem Short stehenden Hedgefonds offenbarte. So unbeliebt die „Shorties“ auf den ersten Blick wirken, so groß ist am Ende aber doch ihr Einfluss an der Börse, erst recht, wenn sie mit einer investigativen Studie punkten, die einem ehemals unbescholtenen Konzern kleine oder auch größere Sauereien vorwirft. Die Grenzen sind natürlich fließend: Nicht jeder Vorwurf erhärtet sich. Laufen viele Kritikpunkte ins Leere, steht schnell der Vorwurf der ­Kursmanipulation im Raum. Einfach nur als missgünstige Kam­pagne gieriger Hedgefonds abtun sollten Anleger solche Attacken aber nicht. Spä­tes­tens seit Wirecard ist klar, dass da, wo viel Rauch zu sehen ist, meistens auch ­Feuer lodert. Umso wichtiger sollte es sein, sich intensiv mit den Inhalten der jeweili­gen Studie zu beschäftigen und ggf. die ­eigene Investmentthese noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Im Folgenden wollen wir uns daher mit den Opfern von vier Short­attacken der letzten Jahre beschäftigen und der Frage nachgehen, was – Stand heute – an den Vorwürfen dran ist.

Ein Rücktritt und viele Fragezeichen

Das jüngste deutsche Opfer einer Short­attacke wurde im September 2020 die ­Baden-Badener GRENKE, ein Unter­nehmen, das zuvor jahrelang quasi das Aushängeschild der hiesigen Value-Szene war. Urheber der kritischen Studie war der britische Shortseller Fraser Perring, der ­zuvor bereits bei Wirecard aktiv war. Bei der deutschen Leasingfirma bewies er ­zumindest eines: perfektes Timing. ­Wenige Monate nach der Wirecard-Pleite suchte sich Perring ausgerechnet ein Finanz­unter­nehmen aus – noch dazu eines, das sich nicht durch besondere Transparenz auszeichnete. Ein nicht unerheblicher Faktor für den Kursabsturz von 50% an einem einzigen Tag wird die Angst vor dem ­drohenden Karriererisiko gewesen sein, die den einen oder anderen Portfolio­manager zum schnellen Verkauf ani­mierte. Nur nicht mit der „nächsten Wire­card“ im ­Depot erwischt werden – das dürfte vielfach die Devise gewesen sein, denn Perrings Vorwürfe hatten es in sich: nicht existierendes Cash, Geld­wäsche, Finanzie­rung von betrügerischen Geschäftsmodellen und eine Vielzahl von verschwiegenen Transaktionen mit Unternehmensinsidern. Grenke setzte sich zur Wehr und konnte die vorhandene Liquidität nachweisen. Zudem konnten die Wirtschaftsprüfer KPMG und Warth & Klein Grant Thornton den größten Teil der Vorwür­fe widerlegen.

Anfang Februar trat nun jedoch plötzlich Vorstand Mark Kindermann aufgrund von mangelhaften Compliance-Systemen ­zurück und sendete die Aktie damit abermals um 30% in den Keller. Zwar betont das Unter­nehmen, dass dies keine Bilanzwirkung habe – die Börse scheint dem Braten aber nur bedingt zu trauen. Nun ist wieder ­alles offen: Ist Grenke nur ein zu schnell gewach­sener Mittelständler, dessen Strukturen nicht mehr zur Größe passen, oder liegt in den Zahlen doch noch die eine oder andere Leiche begraben? Zwar ist die Aktie zwischenzeitlich wieder in vernünftigen Bewer­tungsrelationen angekommen (2021er-KGV von 15, KBV knapp über eins). Die offene Frage ist jedoch, ob der Titel auch nach einer Klärung aller Vorwürfe jemals wieder eine Bewertungsprämie wie vor der Attacke erhält. Möglicherweise ist dafür allein durch die gezeigte Intransparenz und die dubiosen Franchisetransaktionen zu viel Vertrauen verloren gegangen.

Mit Sanierungsfällen aus der Krise

Anders als bei Grenke, bei der der Angreifer wenigstens mit offenem Visier agierte, wurde die Münchner Sanierungsholding AURELIUS nun schon zum zweiten Mal von anonym auftretenden ­Researchhäusern attackiert. Während die Studie von ­Gotham City Research 2017 noch zu einem Kursverfall von mehr als 40% geführt hatte, bewegte ONTAKE RESEARCH Anfang 2020 die Aktie nur noch um rund 10% nach ­unten. Den anschließenden ­Kurssturz besorgte allerdings die Corona-Krise, die den Titel mit zwischenzeitlich knapp 13 EUR auf ein Niveau fallen ließ, das es seit 2012 nicht mehr gegeben hatte. Sind die Vorwürfe heute geklärt oder stehen sie noch immer im Raum? Gotham City ­hatte vor allem die angeblich zu hohe ­Bewertung der Betei­ligungen im Net Asset Value (NAV) ­sowie gravierende Corporate-Governance-Mängel kritisiert. Ontake bemängelte vor ­allem die exzessive Managementvergütung bei Unternehmensverkäufen durch soge­nannte virtuelle Co-Investment-Verein­barungen. Beide Studien waren aggressiv formuliert und hatten ein klares Ziel: so viel Por­zellan wie möglich zu zerstören. Vor Ontake wurde schließlich sogar durch die BaFin gewarnt. In beiden Fällen ­dürften die selbsternannten Researchhäuser die Mario­netten großer Hedgefonds gewesen sein, die im Verborgenen agierten.

Wer Aurelius schon länger verfolgt, ­­dürfte von vielen der vermeintlichen ­Enthüllungen nicht allzu schockiert gewesen sein. ­Beide Studien sollten Anleger jedoch auch dazu animieren, bei dem Unternehmen genauer ­hinzusehen. Zwar hat sich die Corporate Governance seit 2017 spürbar verbessert – noch immer ist für außenstehende Anleger aber nicht vollständig klar, ob das Management mit ihnen wirklich in einem Boot sitzt. Aufgrund des Listings im Freiverkehr gibt es keine klaren Angaben über die Zahl der Aktien, die das Management hält. Dass die Gehälter – mit oder ohne den ­kritisierten Co-Investment-Vereinba­rungen – sportlich sind, ist dagegen ­unstrittig. Aurelius hat aber auch regelmäßig hohe Verkaufserlöse für seine Beteiligungen erzielt, ­damit deren Werthaltigkeit belegt und konnte seine Aktionäre stets über hohe Di­vi­denden daran partizipieren lassen. Über den wahren Wert der Beteiligungen kann man natürlich trefflich streiten, aber mit Sicher­heit liegt deren Wert nicht bei null. Aufgrund der genannten ­Kritikpunkte halten wir eine Bewertung mit einem Abschlag zum NAV (derzeit bei 30,40 EUR je ­Aktie) für gerechtfertigt, mit aktuell 40% ­dürfte dieser jedoch sowohl die Risi­ken der Unternehmensstruktur als auch der Corona-Krise abdecken.

Wirecard post mortem

Natürlich erübrigt sich im Fall von Wirecard aus heutiger Perspektive jegliche inhalt­liche Analyse. Die zahlreichen Kritiker des Unternehmens hatten nicht nur recht – selbst deren schlimmsten Befürchtungen wurden vom wahren Ausmaß des Betrugs sogar weit übertroffen. Für ­Anleger bleibt lediglich, die richtigen Lehren aus diesem Desaster zu ziehen. Die ­wichtigste davon dürfte sein, dass es manchmal eben auch mehr als ein Jahrzehnt dauern kann, bis ein groß angelegter Betrug auffällt. Bereits 2008 hatte der Nutzer memyselfandi007 im Diskussionsforum wallstreet:online auf gravierende Mängel in der Bilanz aufmerksam gemacht – Kritik, die später von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger aufgegriffen wurde. Bereits damals ­wurden Kritiker vom Unternehmen massiv ­bedroht und eingeschüchtert.

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