Die wehende Flagge der EU.
Montag, 04.12.2017 18:15 von | Aufrufe: 153

ROUNDUP 2: Portugiese Centeno wird neuer Eurogruppen-Vorsitzender

Die wehende Flagge der EU. ©unsplash.com

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BRÜSSEL (dpa-AFX) - Ein Vertreter eines ehemaligen Euro-Krisenlandes leitet künftig Europas wichtigstes Finanzgremium. Der portugiesische Finanzminister Mario Centeno wurde am Montag zum neuen Chef der Eurogruppe gewählt. Er setzte sich nach zwei Wahlgängen gegen seine Mitbewerber aus Luxemburg, Lettland und der Slowakei durch. Centeno führt damit künftig das Gremium der Ressortchefs aus den 19 Euroländern. Er löst Anfang 2018 den Niederländer Jeroen Dijsselbloem ab.

Die Eurogruppe tagt seit 1998. Große Bedeutung erlangte sie vor allem seit dem Management der Euro-Schuldenkrise in den vergangenen Jahren. Die Minister entscheiden unter anderem über milliardenschwere Hilfsprogramme und teils harsche Reformauflagen für Krisenländer sowie die Ausrichtung von Europas Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Der Eurogruppenchef hat dabei eine herausgehobene Bedeutung, weil er zugleich Vorsitzender des Gouverneursrat des Euro-Rettungsschirms ESM ist. Dieser vergibt milliardenschwere Kredite an kriselnde Euro-Staaten. Hilfsanträge von Staaten in Finanznöten müssen an den Eurogruppen-Vorsitzenden geschickt werden.

Es sei eine Ehre, die Gruppe zu führen, sagte Centeno. Er wolle sich dabei um Konsens bemühen. Die Eurogruppe habe sich mit "ganz ganz breiter Mehrheit" auf Centeno verständigt, sagte der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU). Das genaue Abstimmungsergebnis blieb geheim. "Die Wahl des portugiesischen Kollegen ist auch eine Anerkennung für die harten und erfolgreichen Reformen die Portugal unternommen hat", sagte Altmaier weiter.

Portugal zählte bis vor einiger Zeit selbst noch zu den größten Sorgenkindern in der Eurozone. Nur mit Mühe war das Land vor der Pleite bewahrt worden, nach jahrelangen Spar- und Reformmaßnahmen und gut drei Jahren unter dem Euro-Rettungsschirm steht Portugal seit Mai 2014 finanziell aber wieder auf eigenen Beinen. 2016 wurde mit 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gar das niedrigste Haushaltsdefizit seit 1974 registriert. Unter einer sozialistischen Minderheitsregierung erlebte Portugal einen bemerkenswerten Aufschwung, Sorgen gibt es allerdings unter anderem noch wegen etlicher fauler Kredite in den Bilanzen der Banken.

In den vergangenen fünf Jahren führte der niederländische Sozialist Jeroen Dijsselbloem die Gruppe. Zuvor leitete sie der heutige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Dijsselbloem übernahm den schwierigen Job mitten in der Schuldenkrise 2013 und galt anfangs als überfordert. Zuletzt erhielt er allerdings für seine ruhige und präzise Führung von etlichen Seiten Lob. Er galt als Verbündeter Deutschlands und von Ex-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Dijsselbloems Mandat endet im Januar. Eine Verlängerung war nicht möglich, da er nicht mehr Finanzminister seines Landes ist.

"Eine gute Wahl für die dringend nötige Kehrtwende in der europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik", sagte der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann mit Blick auf den neuen Eurogruppen-Chef. "Centeno ist der Anti-Schäuble unter Europas Finanzministern", sagte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. "Portugal hat Schäubles Austeritätsdogma erfolgreich widerlegt. Centeno hat gezeigt, dass nach den notwendigen Strukturreformen nicht sparen, sondern investieren der richtige Weg ist."

Auch der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) begrüßte die Wahl. "Centeno hat in seiner Zeit als Finanzminister Portugals das öffentliche Defizit deutlich verringert und damit einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der portugiesischen Staatsfinanzen geleistet", sagte Vorstandsmitglied Andreas Martin.


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Dijsselbloems Amtszeit war vor allem von nervenaufreibenden Notfall-Sitzungen in der Griechenland-Krise bestimmt. Centenos Aufgabe dürfte es hingegen eher werden, widerstreitende Interessen in der Währungsunion zusammenzuführen, Reformen voranzutreiben und die Eurozone damit besser gegen künftige Krisen zu wappnen./asa/DP/she

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