Konzernzentrale von Osram.
Freitag, 05.07.2019 12:24 von | Aufrufe: 1354

ROUNDUP 2: Osram vor Verkauf - Management für Übernahme durch US-Investoren

Konzernzentrale von Osram. ©Osram Licht AG

(neu: Aussagen aus der Telefonkonferenz)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Lichtkonzern Osram steht vor dem Verkauf. Nach nur sechs Jahren Eigenständigkeit soll eine der bekanntesten deutschen Industriefirmen an US-Finanzinvestoren gehen. Vorstand und Aufsichtsrat des Münchner Konzerns unterstützen die Offerte. Mit Hilfe der neuen Eigentümer Bain Capital und Carlyle will Osram-Chef Olaf Berlien die Transformation des zuletzt stark gebeutelten Unternehmens vorantreiben.

So unterstützten Bain und Carlyle die im vergangenen Jahr ausgerollte neue Strategie des Unternehmens, erklärte Berlien in einer Telefonkonferenz am Freitag. Diese soll sich auf LED-Halbleiter, Lösungen für die Autoindustrie sowie Digitalisierung stützen. Zudem will sich Osram über die Photonik neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen.

"Osram bleibt ein unabhängiges Unternehmen", sagte Berlien. Sitz des Unternehmens bleibe München, Patente und Marken seien gesichert. Zudem gebe es umfangreiche Schutzzusagen für Mitarbeiter und Standorte. Mitbestimmung und Tarifbindung blieben erhalten.

Die IG Metall erklärte daher, sich nicht gegen die Übernahme wenden zu wollen. Die Gewerkschaft forderte aber am Freitag von Vorstand und Eigentümern, sich an den vor zwei Jahren vereinbarten Erhalt und Ausbau der deutschen Standorte zu halten. "Wir erwarten vom Vorstand, dass er die dort getroffenen Vereinbarungen für die einzelnen Standorte umsetzt", sagte der bayerische IG Metall-Bezirksleiter Johann Horn.

Osram-Chef Berlien sieht durch die Finanzkraft der Fonds auch mehr Spielraum für Zukäufe. So könne der Konzern nun auch größere Ziele stemmen. Als positiv für Osram betrachtet es der Manager zudem, dass die Finanzinvestoren nur ein Drittel des Kaufpreises mit Krediten finanzieren wollen. Dies setze zusätzliche Mittel frei. Der kreditfinanzierte Anteil sei in diesem Fall ungewöhnlich niedrig, räumte Berlien ein. Finanzinvestoren finanzieren ihre Zukäufe in der Regel stärker über Kredite. Manche bürden diese danach den übernommenen Unternehmen auf und verordnen strenge Renditevorgaben, was die Branche vor Jahren in die Kritik brachte.

Seine Zukunft sieht Berlien derzeit weiterhin bei Osram. Sein Vorstandsvertrag laufe noch über mehrere Jahre, sagte der Manager, der sich als "hochmotiviert" bezeichnete. Ob nun ein Konkurrent mit einem Gegenangebot für eine Übernahme auf den Plan treten könnte, wollte Berlien nicht weiter kommentieren. Die Wahrscheinlichkeit dürfte jedoch geringer als zuvor sein, schätzt er. So habe Osram in den vergangenen Monaten "viele Gespräche geführt", jedoch ohne dass diese in eine Offerte gemündet hätten. Osram ist seit Jahren immer wieder Ziel von Übernahmespekulationen.

Bain Capital und Carlyle hatten am Mittwochabend ein Übernahmeangebot von 35 Euro je Aktie angekündigt, was das Eigenkapital von Osram mit 3,4 Milliarden Euro bewertet. Die Annahmefrist für die Aktionäre ist bis Ende September vorgesehen, die Mindestannahmeschwelle wurde auf 70 Prozent festgesetzt.

Die Osram-Aktien sind unter den Anlegern breit gestreut. Dem Unternehmen fehlt ein Ankeraktionär, mit dem sich die Finanzinvestoren vorab auf eine Unterstützung hätten einigen können. Größere Aktienpakete liegen bei der Allianz-Fondstochter Allianz (Allianz Aktie) Global Investors (AGI), der Investmentbank Goldman Sachs (Goldman Sachs Aktie) , der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS und dem Vermögensverwalter Blackrock.


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Trotz der hohen Kursgewinne der vergangenen zwei Tage notierte die Aktie am Freitag um die Mittagszeit mit einem Plus von 1,8 Prozent auf 33,10 Euro immer noch unter dem Übernahmeangebot von 35 Euro je Aktie. Händler nannten etwa die Mindestannahmeschwelle von 70 Prozent angesichts der Aktionärsstruktur von Osram "hoch".

Für Vorstandschef Berlien sind Bain und Carlyle "die richtigen Partner zur richtigen Zeit". Berlien hatte seit dem Ausstieg des früheren Mutterkonzerns Siemens (Siemens Aktie) einen neuen Ankeraktionär gesucht. Der Vorstand will auch seine eigenen Aktien an die US-Amerikaner verkaufen. Möglich wird die geplante Übernahme wohl nur, weil Osram inzwischen weniger als halb so viel wert ist wie noch Anfang 2018: Damals hatte eine Aktie noch fast 80 Euro gekostet. Die Gespräche hatten sich über Monate hingezogen. Zwischenzeitlich hatte es Zweifel über die Finanzierung gegeben.

Carlyle hat seinen Sitz in der US-Bundeshauptstadt Washington und verwaltet 222 Milliarden Dollar Vermögen, die etwa halb so große Bain Capital hat 105 Milliarden Dollar Finanzanlagen in den Büchern stehen und sitzt in Boston.

Osram könnte im Zuge der Übernahme dann von der Börse genommen werden - nach nur wenigen Jahren. 2013 erst hatte der Technologiekonzern Siemens seine damalige Lichttochter über einen Börsengang abgespalten. In den vergangenen sechs Jahren Selbstständigkeit durchlief Osram sehr schwierige Zeiten. Der technologische Wandel in der Beleuchtungsindustrie traf das Unternehmen hart. Die Glühbirne ist längst Geschichte. Der größte Teil des Geschäfts mit traditionellen Leuchtmitteln wurde 2016 an einen chinesischen Konzern verkauft.

Noch 2017 hatte Osram die Zeichen auf Wachstum gestellt. Der Konzern eröffnete 2018 ein großes neues Werk in Malaysia und kündigte eine Ausweitung der LED-Produktion an. Diese Strategie war jedoch umstritten, es kam zum Zerwürfnis mit dem damals noch als Großaktionär beteiligten Siemens-Konzern, der die Expansion in das Massengeschäft mit LED-Halbleitern für zu riskant hielt und Ende 2017 seine restlichen gut 17 Prozent an Osram für rund 1,2 Milliarden Euro verkaufte.

Die Expansionslaune hielt sich nicht lange bei Osram. Kurz darauf folgte der Einbruch. Die gleichzeitige Schwächephase von Auto- und Smartphone-Herstellern zog Osram schwer in Mitleidenschaft, denn beide Branchen sind wichtige Kundengruppen. 2018 brachen die Umsätze ein, Osram musste mehrfach die Erwartungen zurückschrauben.

Auch dieses Jahr sieht es nicht gut aus: Anfang Mai gab Osram erneut eine Gewinnwarnung heraus und senkte die Prognose für 2019. Der Umsatz könnte demnach um 11 bis 14 Prozent schrumpfen. Zuvor hatten Vorstandschef Berlien und seine Kollegen noch auf ein Plus von bis zu 3 Prozent gehofft./nas/cho/stw/jha/

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