Sonntag, 24.06.2018 10:30 von Klaus Stopp | Aufrufe: 236

Märkte im Banne des Handelskriegs

Wer argumentiert, die Rentenmärkte profitierten vom Handelskrieg, den D. T., der Unberechenbare losgetreten hat, mag bei manchem Zuhörer einen falschen Eindruck erzeugen. Natürlich fliehen zahlreiche Anleger aus Aktien und schichten in festverzinsliche Papiere um – eine Entwicklung, die unweigerlich zu steigenden Kursen am Rentenmarkt führt. Dennoch würde ein dauerhafter Handelskrieg (ein Wort, das einem schwer über die Lippen geht) die gesamte Weltwirtschaft beeinträchtigen und damit auch manchen Markteilnehmer und Emittenten an den Bondmärkten unter Stress setzen. Im Übrigen ist es der Faktor Unsicherheit, den die Marktteilnehmer am meisten fürchten. Von einem Profitieren kann also nur auf kurze Sicht die Rede sein.

Nachdem nun die Aktienmärkte in den Bann der Abwärtsspirale von Zöllen und Gegenzöllen geraten sind, stehen US-Staatsanleihen an den Märkten unter besonderer Beobachtung. Nachdem die Renditen der 10Y-T-Bonds am Dienstag auf bis zu 2,86% nachgegeben hatten, haben sie am Mittwoch wieder auf mehr als 2,93% angezogen, was gleichzeitig mit fallenden Kursen einhergeht. Das hat nichts mit einem Ausverkauf zu tun. Dennoch sollte man sich klar machen, dass China als größter Gläubiger der USA - neben der amerikanischen Notenbank Fed - rund 30% aller Auslandspositionen bei US-Anleihen hält. Nun ist nicht zu erwarten, dass die Chinesen, etwa als Maßnahme im Handelskrieg, massenhaft US-Bonds abstoßen. Dies würde ja zu einem Kursrutsch führen, mit dem sich die Volksrepublik selbst schadet. Man wird an den Märkten aber genau beobachten, inwieweit sich China bei künftigen Neuemissionen der USA zurückhält.

Profitiert haben hiervon in der Vergangenheit oft auch deutsche Staatsanleihen, die als sicherer Hafen von Anlegern geschätzt werden. Dies spiegelt sich auch im Kursverlauf eines bis 2/2028 laufenden Titels (WKN 110244) wider, der bei rund 101,15% notiert und mit ca. 0,38% rentiert. Mitte Mai, also vor wenigen Wochen, belief sich die effektive Verzinsung noch auf ca. 0,65%.

Jetzt, wo der Konflikt eine neue Eskalationsstufe von Maßnahmen und Gegenmaßnahmen erreicht hat, befürchten Experten ernsthafte Konsequenzen für die Weltwirtschaft. Sowohl das Münchner Ifo Institut als auch das Essener RWI senkten ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser spricht von „kräftigen Gewitterwolken am deutschen Konjunkturhimmel“. Eine Ausweitung von Handelsbarrieren sei zu einem nicht mehr vernachlässigbaren Risiko geworden. Deutlich wurde dies an den Aktienmärkten bereits in den vergangenen Tagen, da weltweit Kursabschläge an der Tagesordnung waren.

Der schmerzhafte Schlagabtausch nimmt also seinen Lauf. Dabei werden auf die US-Unternehmen höhere Kosten zukommen, weil sie Abnehmer der mit Zöllen belegten Einfuhren von Stahl und Aluminium sind. Dies wiederum führt unweigerlich zu höheren Preisen für die Endverbraucher. So werden beispielsweise in den USA zunächst Bierdosen teurer werden. Die Verhängung von Schutzzöllen durch den US-Präsidenten trifft also sein eigenes Land zuerst, was dem Motto „America First“ eine ganze neue Bedeutung verleiht.

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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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