Sonntag, 14.10.2018 10:25 von Klaus Stopp | Aufrufe: 223

Investoren sagen Ciao zu den Titoli di Stato

Kein Zweifel, die schädlichen Nebenwirkungen der Niedrigzinspolitik der Notenbanken, insbesondere der EZB, werden immer deutlicher. Während Spanien, Griechenland und Zypern, die auf Mittel aus dem Rettungsfonds ESM angewiesen waren, zumindest teilweise den Staatsapparat und die Bankensysteme reformiert haben, sieht es insbesondere in Italien düster aus. Dennoch scheut sich Roms populistische Regierung nicht, für 2019 mit einem Haushaltsdefizit von 2,4% seines BIPs zu planen, das dreimal so hoch ist, wie es die Vorgängerregierung vorgesehen hatte. Und dabei ist Italien bereits mit 132% des BIPs verschuldet.

Risikoaufschläge so hoch wie seit viereinhalb Jahren nicht mehr

Mit seinem Schuldenhaushalt hofft man in Rom zwar, die Wirtschaft ankurbeln zu können, vergisst aber offenbar die Kapitalmärkte. Dort werden nämlich italienische Staatsanleihen als Reaktion auf das hohe Budgetdefizit abgestoßen. So kam es gestern im Zuge von Verkäufen erneut zu kräftigen Kursverlusten und parallel zu einem starken Anstieg der Risikoaufschläge für die italienischen Papiere. Aktuell rentieren 10-jährige Staatsanleihen (italienisch: titoli di stato) mit ca. 3,57%, nachdem sie am Dienstag mit 3,71% so hoch waren, wie seit viereinhalb Jahren nicht mehr. Klar ist damit auch, dass es für Rom noch teuer werden kann, an den internationalen Finanzmärkten Geld aufzunehmen. Es sei denn, ihr Landsmann lässt sich etwas ganz Besonderes einfallen! Das wird aber auch nötig sein, denn aus der EZB verlautete bereits, dass man ohne ein Rettungsprogramm der EU Italien nicht zur Seite springen werde. Diese Linie müsste beibehalten werden, wenn man der Glaubwürdigkeit keinen irreparabelen Schaden zufügen möchte.

Rom ignoriert die Realitäten an den Märkten

Aber wie man an der Verabschiedung des Haushalts durch das Parlament erkennen musste, ist man in der Regierung ganz ungeniert und schreckt nach Aussage des rechten Lega-Politiker Alberto Bagnai auch nicht vor einer Herunterstufung der Bonitätsnote durch die großen Ratingagenturen zurück. Denn sollten S&P und Moody's Ende Oktober ihre Ratings für Italien überprüfen, so wird es wohl zu einem Downgrade kommen. Und auch der rechtspopulistische Innenminister Matteo Salvini betonte, dass sich die Regierung nicht vom Druck der Finanzmärkte von ihren Plänen abbringen lasse. Die Kritik von EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici, wonach die angestrebte Neuverschuldung von 2,4% eine deutliche Abweichung von der gemeinsamen Wirtschaftspolitik darstelle, konterte er damit, mit dem neuen Haushalt werde man die Italiener für das ihnen widerfahrene Unrecht entschädigen. Was immer solch eine groteske Aussage bedeuten soll, spricht die Antwort der Finanzmärkte eine eindeutige Sprache gegen die Neuverschuldung. Diese nicht zu beachten, bedarf es realitätsferner Ignoranten, wie sie derzeit im Rom regieren. Doch dieses Szenario birgt noch eine weitere Gefahr in sich. Denn italienische Banken haben ca. 375 Mrd. € in heimische Staatsanleihen investiert, was jetzt Wertberichtigungen nach sich ziehen kann.

Griechenlands Banken schleppen faule Kredite mit sich herum

In diesem Kontext darf nicht vergessen werden, dass Italien mit seinen Banken ein Bündel an faulen Krediten mit sich herumschleppt. Auch Griechenlands Banken haben Darlehen über knapp 89 Mrd. € in den Büchern, die als gefährdet gelten. Beide Aspekte könnten eine neue Bankenkrise in Euroland heraufbeschwören. Im Falle Griechenlands geht es nun um die Frage, ob es die dortigen Institute schaffen, die Problemkredite bis 2019 auf rund 65 Mrd. € zu drücken. So ist es jedenfalls mit der Europäischen Zentralbank (EZB) vereinbart.

Scholz fürchtet um „Schwarze Null“

Nicht vergleichbar etwa mit Italien ist die Haushaltssituation in Deutschland. Seit Jahren schreibt das Finanzministerium die berühmte „Schwarze Null“. Gleichzeitig fordert Deutschland schon lange von der EZB eine Abkehr von der Niedrigzinspolitik. Nun aber fürchtet Finanzminister Olaf Scholz plötzlich eine anstehende Zinswende. Dann, so seine Ahnung, könnte die Schwarze Haushaltsnull in Gefahr geraten. Müsste doch die Regierung bei steigenden Zinsen für neue Schulden sowie die Umschuldung der bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 1,2 Billionen € plötzlich wieder Zinsausgaben einplanen. Ein Gutachten soll nun Einsichten darüber bringen, wie widerstandsfähig die „Schwarze Null“ auch bei steigenden Zinsen sein mag. Für ein solches Kalkül ist es höchste Zeit. Erst recht, wenn man liest, dass die Fertigstellung des Gutachtens acht Monate auf sich warten lassen wird.

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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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