Eine Zollschranke (Symbolbild).
Montag, 25.06.2018 15:18 von | Aufrufe: 1210

GESAMT-ROUNDUP: Handelsstreit und Regierungskrach belasten deutsche Wirtschaft

Eine Zollschranke (Symbolbild). © Detailfoto / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

MÜNCHEN/FRANKFURT (dpa-AFX) - Der von den USA angefachte Handelskonflikt und der Streit in der Bundesregierung hinterlassen Spuren in der deutschen Wirtschaft. Nach Einschätzung von Volkswirten zögern Firmenchefs mit Investitionen wegen des von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Zollstreits mit China, der Europäischen Union und anderen Ländern. Wird weniger investiert, kann das Folgen für die Konjunktur haben. Die Stimmung in den Unternehmen trübte sich im Juni ein. "Der Rückenwind für die deutsche Wirtschaft flaut ab", erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest am Montag. Sorgen bereitet zudem der Fachkräftemangel.

Das Ifo-Geschäftsklima, Deutschlands bedeutendster wirtschaftlicher Frühindikator, fiel im Juni um 0,5 Punkte auf 101,8 Zähler, wie das Münchner Institut mitteilte. Bankvolkswirte nannten als Gründe den Handelskonflikt mit den USA und den Streit zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU über die Asylpolitik. Ein Extremszenario mit Bruch und Neuwahlen würde weitere Verzögerungen bei wichtigen Investitionen und dringenden Reformen in Deutschland und im Euroraum bedeuten, warnte ING -Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Seit Dezember ist der Ifo-Index insgesamt nur einmal gestiegen - und sechsmal gefallen.

Der Arbeitsmarkt zeigt sich Ökonomen zufolge noch unberührt von den Sorgen. Dafür seien vor allem volle Auftragsbücher und eine robuste Binnenwirtschaft verantwortlich, erklärte Michael Holstein von der DZ-Bank. "Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiterhin positiv, verliert aber etwas an Fahrt."

Im Juni dürften nach Schätzungen der Experten rund 2,28 Millionen Menschen in Deutschland ohne Job gewesen sein, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter Volkswirten deutscher Großbanken ergab. Das wären etwa 36 000 weniger als im Mai und rund 194 000 weniger als vor einem Jahr.

"Vor allem beim Bau ist die Nachfrage nach Arbeitskräften hoch", sagte Deutsche-Bank-Volkswirt Marc Schattenberg. Die warmen Temperaturen kurbelten unter anderem auch die Nachfrage in der Gastronomie an. Das verarbeitende Gewerbe sei dagegen nicht gut in das Jahr gestartet, erklärten die Experten. Die globalen Risiken ließen viele Hoffnungen schwinden. "Die Exporterwartungen sinken schon seit einigen Monaten", sagte Holstein.

Die meisten Volkswirte halten dennoch an ihrer optimistischen Prognose fest: Für 2018 rechnen sie mit einem durchschnittlichen Rückgang der Arbeitslosenzahl um 100 000 bis 170 000 auf 2,3 bis 2,35 Millionen. Nach Ansicht von KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner könnte die Arbeitslosenquote zum Jahresende erstmals seit der Wiedervereinigung sogar die 5-Prozent-Marke unterschreiten. Die offiziellen Juni-Zahlen gibt die Bundesagentur für Arbeit (BA) an diesem Freitag (29. Juni) bekannt.

Für manche Branchen wird der Boom am Arbeitsmarkt inzwischen zum Problem: Es fehlen zunehmend Fachkräfte. So klagten im April mehr als ein Drittel (34 Prozent) der Maschinenbauer über Produktionsbehinderungen, die durch einen Mangel an qualifizierten Mitarbeitern verursacht wurden. "Das ist deutlich mehr als in früheren vergleichbaren Aufschwungphasen", erläuterte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Gesucht würden Beschäftigte in nahezu allen Bereichen - vom Facharbeiter bis zum IT-Spezialisten.

Das Handwerk sieht sich vor ähnlichen Problemen. Die Bundesbürger müssen sich darauf einstellen, noch länger auf einen Handwerker zu warten. Das Problem "wird sich noch verschärfen", sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Nach seinen Angaben könnte die Branche derzeit "200 000 bis 250 000 zusätzliche Handwerker sehr gut in den Betrieben unterbringen."

Rund 200 000 Betriebe mit rund einer Million Mitarbeitern stünden in den kommenden fünf bis sechs Jahren vor einem Generationswechsel. Wollseifer äußerte die Befürchtung, "dass nicht alle Betriebe fortgeführt werden", und begründete dies mit Nachwuchsmangel.


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Wollseifer hatte Mitte März in einem Interview gesagt, die Auftragsvorlaufzeit - also die Zeit, die ein Betrieb benötigt, um die bereits vorhandenen Aufträge abzuarbeiten - sei aufgrund der guten Konjunktur auf im Schnitt zehn Wochen gestiegen./mar/bak/bgf/DP/bgf

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