Klar, zwischenzeitlich ist EUR-USD mal auf unter 1,04 abgesackt, als die Einkaufsmanagerindizes aus der Eurozone enttäuschten. Aber dass die EZB im Dezember weiter senken wird, ist ausgemachte Sache. Wird es aufgrund der schwachen PMIs mehr als 25 Basispunkte? Möglich, aber wenig wahrscheinlich, schließlich ist die schwache Wirtschaftsleistung in der Eurozone keine Neuigkeit – so hat sich EZB Präsidentin Christine Lagarde gestern wie zuvor besorgt über den Wirtschaftsausblick gezeigt und weitere Zinssenkungen in Aussicht gestellt. Insofern kein großer Änderungsbedarf an dieser Stelle.
Seitens des USD sieht es ähnlich aus. Aber das Thema „Trump’sche Zölle – Darf’s ein bisschen mehr sein?“ dominiert weiterhin. Meine Kollegen haben hierzu in den letzten Tagen viel geschrieben. Schließlich schauen wir Währungsanalysten uns in erster Linie die makroökonomischen Gegebenheiten an und versuchen zu erklären, was sie für die einzelnen Währungen bedeuten (können). Aber auch von dieser Seite gab es zuletzt wenig Grund, den Trump-Trade abzublasen oder aber ihn noch stärker zu spielen. Schließlich werden wir erst nach der Amtseinführung Trumps genauer wissen, was und welcher Größe von den Drohungen wirklich kommt. Das Thema kommt also erstmal auf Wiedervorlage.
Wichtiger für eine eventuelle Neueinschätzung der Lage sind die Fundamentaldaten. Zwar hat der Dollar gestern nach dem überraschenderweise gefallenen ISM Index für Dienstleistungen etwas gezuckt, sich aber schnell wieder gefangen. Der Fokus liegt diese Woche sowieso auf dem Arbeitsmarkt. Bricht er in den USA ein oder zeigt er sich weiterhin überraschend resilient? Muss die Fed mehr oder weniger machen?
Seine Zinssenkungserwartungen für die Fed hat der Markt sowieso schon deutlich zurückgefahren, selbst der Schritt in der übernächsten Woche ist nicht voll eingepreist. Fed Chef Jerome Powell äußerte sich gestern Abend außerdem noch einmal dahingehend, dass das Wachstum stärker als im September gedacht und die Inflation noch etwas höher ausgefallen sei, weshalb die Fed vorsichtig bei Zinssengunken vorgehen könne. Aufgrund der zurückgefahrenen Senkungserwartungen ist deshalb auch kaum noch Potenzial für einen festeren Dollar von dieser Seite, obwohl der US Arbeitsmarktbericht für November morgen sogar überaus positiv ausfallen dürfte. Denn im Oktober hatten Hurrikanes und mehrere Streiks die Beschäftigung deutlich gedrückt. Die Gegenbewegung auf diese Ereignisse wird das ausgewiesene Beschäftigungsplus im November in die Höhe treiben.
Da dies dem Markt aber bekannt sein dürfte, sehe ich wenig Chancen, dass der Dollar auf eine starke Zahl steigt. Im Gegenteil: sollte die Gegenbewegung letztlich doch schwächer als erwartet ausfallen, könnte der Markt dies als Signal nehmen, dass der Beschäftigungstrend sich doch stärker abkühlt, und seine Zinssenkungserwartungen wieder etwas verstärken, sodass der Dollar wieder an Boden verlieren könnte. Aber auch dann gehe ich nicht davon aus, dass wir Niveaus über 1,06 in EUR-USD sehen werden. Denn der Euro überzeugt im Moment eben auch nicht wirklich.
WKN | Typ | Basiswert | Merkmale |
---|---|---|---|
SH19ZZ | Call | EUR/USD | Hebel: 7,2 |
SV9UU5 | Put | EUR/USD | Hebel: 7,6 |
Ist deutsche Politik für die EUR-Wechselkurse relevant?
Neulich hab ich an dieser Stelle, als ich diskutierte, warum die politischen Turbulenzen in Frankreich keine nennenswerten Auswirkungen auf die EUR-Wechselkurse haben, angemerkt, dass nicht französische OATs der sichere Hafen unter den EUR-denominierten Assets sind. Vielmehr gebührt diese Rolle den deutschen Bundesanleihen.
Folgt man der Logik, dass vorallem der jeweilige sichere Hafen für die Wechselkurse einer Währung besondere Relevanz hat, könnte man zu dem Schluss kommen, dass vielleicht nicht die politischen Vorgänge in Paris, wohl aber die in Berlin relevant für die EUR-Bewertung sein könnten.
Müsste nicht die Tatsache, dass in Deutschland eine Minderheitsregierung auf Abruf regiert, die Unsicherheit über die fiskalische Situation Deutschlands zumindest marginal erhöhen, damit den Status der Bundesanleihen als sicherer Hafen zumindest marginal schädigen und damit zumindest marginal relevant sein für die EUR-Wechselkurse?
So einfach ist es nicht. Nicht alles ist mit Marginal-Kalkül erschließbar. Warum?
Wir haben an dieser Stelle schon oft erklärt, welche Muster in der Preisbewegung ein Asset dazu prädestinieren, ein sicherer Hafen zu sein: Es muss dann attraktive Erträge liefern, wenn ansonsten nicht-diversifizierbare Faktoren (z.B. die Konjunktur) die Preise der meisten anderen Assets fallen lassen. Wie der Princeton-Ökonom Markus Brunnermeier so schön sagt:
Ein sicherer Hafen ist wie ein guter Freund; er ist für mich da, wenn ich ihn am meisten brauche.
Im FX-Universum haben wir oft diskutiert, welche Währungen besonders als sichere Häfen geeignet sind: die mit strukturell niedrigen Zinsen. Allerdings gilt auch: Ein Asset ist dann ein sicherer Hafen, wenn sich alle Anleger darauf einigen, dass es sicherer Hafen ist. Weil dann jedermann getrost annehmen kann, dass in Krisenzeiten andere Anleger in dieses Asset drängen werden und es teurer machen. Wenn jedermann so denkt, passiert’s genauso. Und ex post haben alle mit ihrer Annahme rechtbehalten. Weshalb jedemann noch mehr davon überzeugt ist, dass dieses Asset sicherer Hafen ist. Und damit ist’s das noch mehr.
Theoretisch könnte jedes Asset ein solcher Kristallisationspunkt sein, der durch zunehmende Markt-Usance zum sicheren Hafen wird. In der Praxis sind aber einige Assets besonders dazu prädestiniert, weil sie eine zusätzliche, plausible Story liefern: Gold wegen seiner Lagerfähigkeit; der Schweizer Franken, weil die SNB sich langfristig niedrigere Zinsen als die meisten anderen Zentralbanken erlauben kann. Und Staatsanleihen wegen der Macht des Emittenten, Steuern zu erheben und diesem Asset regulatorische Vorteile zu verschaffen (aka “financial repression“).
Natürlich können Assets um die Eigenschaft als sicherer Hafen konkurrieren. Und am Ende kann das eine oder andere Asset diese Eigenschaft verlieren. Weil das den Anleihen einiger Euroraum-Staaten passierte, als mit Bundesanleihen ein überlegener sicherer Hafen bereitstand, der ebenfalls in heimischer Währung denominiert war, gab’s die Euroraum-Krise von 2010 bis 2012.
Weil sich aber seitdem im Euroraum jedermann auf Bundesanleihen als sicherer Hafen geeinigt hat, müsste eine zukünftige Bundesregierung schon sehr viel fiskalischen Blödsinn anstellen, damit sich Anleger nach einem anderen EUR-denominierten sicheren Hafen umsehen oder Fremdwährungsrisiken in Kauf nehmen. Solange das nicht passiert, ist dem Devisenmarkt egal, wer in Berlin im Kanzleramt sitzt.
WKN | Typ | Basiswert | Merkmale |
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SN004V | Long | EUR/USD | Faktor: 10 |
SN005U | Short | EUR/USD | Faktor: -10 |
Deutsche Autoindustrie: Zwischen Schleudertrauma und Einstiegschance
»Made in Germany« ist in der Autoindustrie seit jeher weltweit ein Qualitätssiegel. Doch zurzeit zwickt es mächtig in der Branche. Volumenhersteller Volkswagen droht aufgrund von Absatzproblemen mit Werksschließungen, und die beiden Premiumanbieter BMW und Mercedes-Benz schicken mit Gewinnwarnungen Schockwellen durch den Sektor. Das sorgt am Kapitalmarkt für eine deutliche Underperformance zum Beispiel im Vergleich zum DAX. Inzwischen notieren die PS-Titel aber auf einem derart niedrigen Niveau, dass ein Blick auf die Branche durchaus Sinn ergibt. Mehr erfahren Sie hier.
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