Das Oligarchie-Szenario spricht für USD-Stärke. Wo Gewinne reich sprudeln, da will Kapital hin. Das Eintrittsticket für Investitionen in den USA – der US-Dollar – wird somit wertvoller. Hinzu kommt: Die Unternehmer, die in den letzten Monaten nach Mar-a-Lago gepilgert sind, um vor dem neuen Präsidenten ihren Kotau abzuleisten, sind nicht an Marktverwerfungen interessiert, die zu erwarten wären, würde die Fed-Unabhängigkeit sichtbar beschädigt. Darauf setzt z.B. Larry Summers in einem Gespräch mit dem Journalisten Martin Wolf:
This may be a case of self-denying prophecy, where the horror and the strength of the reaction to even suggestions that the Fed’s independence might be compromised, create an equilibrium where in fact, it doesn’t get compromised.
Anders sieht’s im Populismus-Szenario aus. Dann wird sich die neue Administration keine restriktive Geldpolitik und keinen starken Dollar leisten können. Weil das die Handelspolitik konterkarieren würde. Und dann muss eine restriktive Migrationspolitik durchgezogen werden – obwohl sie Unternehmensgewinne reduziert. Darüber hinaus ist in diesem Szenario Disruption all dessen erwünscht, was als deep state verdächtigt wird. Inklusive des Federal Reserve System. Larry Summers’ Hoffnungen wären dann ungerechtfertigt. Alles in allem: Dieses Szenario könnte in deutlicher USD-Schwäche enden.
Ich kann mir weiterhin vorstellen, dass es zwischen diesen extremen Szenarien Mischformen gibt. Und die sind vielleicht gar nicht so unplausibel. Keiner der Unterstützer-Gruppen – weder den MAGA-Mützen-Rednecks noch den Tech-Milliardären – wird der neue Präsident ganz und gar nachgeben wollen. Weil er dann der jeweiligen Gruppe ausgeliefert wäre. Viel schlauer ist’s, sie gegeneinander auszuspielen.
Wie mag aber solch ein Misch-Szenario aussehen? Lassen Sie es mich als “korporatistische” Wirtschaftsordnung bezeichnen. Sie würde sich dadurch auszeichnen, dass die Unternehmen zwar dem Wettbewerbsdruck (der Gewinne mindert) entzogen würden, sie im Gegenzug aber ihren Beitrag zur Befriedung der MAGA-Massen leisten müssten. Z.B., indem sie eine moderat restriktive Migrationspolitik und eine moderate Lohninflation akzeptieren müssten. Insgesamt wäre das immer noch ein recht unternehmensfreundliches Umfeld. Aber keines, das Rekord-USD-Stärke rechtfertigen würde.
Von jetzigen USD-Niveaus aus wäre dann wohl entscheidend, wie’s mit der Fed-Unabhängigkeit stände. Ich denke, auch in solch einem Szenario wäre eine signifikante formale Beschädigung der Fed-Unabhängigkeit unwahrscheinlich. Die Gefahr krisenhafter Verwerfungen an den Finanzmärkten wäre zu groß.
Warum bin ich dennoch gegenüber der aktuellen USD-Stärke skeptisch? Der entscheidende Punkt ist: Eine Beschädigung der materiellen Fed-Unabhängigkeit kann auch still und leise vonstattengehen. Ohne die Verwerfungen, die Summers erwartet.
Warum? Weil es gar nicht nötig ist, dass die formale Unabhängigkeit materiell beschädigt wird. Genauso, wie ein arbeitnehmerfreundliches Kündigungsrecht auch solche Arbeitsbeziehungen ändert, die kein Beteiligter kündigen will, und genauso, wie eine Reform des Scheidungsrechts die Beziehung zwischen Eheleuten ändert, die sich gar nicht scheiden lassen wollen, ist der potenzielle Verlust ihrer Unabhängigkeit ein Aspekt, der das Verhalten jeder Zentralbank beeinflusst.
Prinzipiell gesprochen: Welche Seite in einem Konflikt nachgibt, ist davon abhängig, wer am längeren Hebel sitzen würde, wenn der Konflikt ins Extreme eskalieren würde. Selbst, wenn man von dieser Eskalationsstufe weit entfernt ist. Weil dieses Endergebnis bestimmt, wer auf niedrigen Konfliktstufen an Eskalation interessiert ist und wer lieber nachgibt.
Je niedriger die Schwelle zur Abschaffung der Unabhängigkeit einer Zentralbank liegt, umso glaubhafter ist es, dass auf einer späten Eskalationsstufe die Regierung die legale Unabhängigkeit einschränken würde. Bedenken wir: Der Federal Reserve Act kann jederzeit von der republikanischen Kongressmehrheit geändert werden…
Für die Fed heißt das: Wahrscheinlich behält sie ihre formale Unabhängigkeit. Aber genauso wahrscheinlich ist, dass sie sich künftigem Inflationsdruck nur noch in deutlich abgeschwächter Form entgegenstemmen wird. Ich bin völlig d’accord mit unseren Fed-Watchern, die eine Zinssenkung im März und eine im zweiten Quartal erwarten, die also annehmen, dass die Fed in den nächsten Monaten deutlich schneller ihren Leitzins senken wird, als der Markt derzeit erwartet. Siehe dazu die TagesInfo vom Freitag. Für mich wären so schnelle Zinssenkungen bereits Ausdruck der Beschädigung der materiellen Fed-Unabhängigkeit. Sieht der Markt das peu à peu genauso, wird die derzeitige USD-Stärke peu à peu brökeln.
WKN | Typ | Basiswert | Merkmale |
---|---|---|---|
SF57WX | Long | EUR/USD | Faktor: 8 |
SN005Z | Short | EUR/USD | Faktor: -8 |
Der starke Dollar konterkariert jetzt schon die handelspolitischen Ziele des neuen US-Präsidenten
Wo wir gerade bei US-Dollar sind: Letzte Woche gab’s von US Bureau of Labor Statistics Zahlen, die wahrscheinlich niemand interessierten: die Preisentwicklung von Exporten und Importen. Dabei sind sie extrem aufschlussreich. Aus Sicht eines Devisenanalysten ist’s vor allem das Verhältnis der Exportpreise zu den Importpreisen, das interessiert. Im Ökonomen-Jargon: die terms of trade (ToT). Steigen die US ToT, werden US-Güter wertvoller im Vergleich zu den Gütern anderer Länder. Das rechtfertigt reale US-Dollar-Stärke bzw. macht sie aus zyklischer Sicht unproblematisch.
Genau das sahen wir 2021/22 (siehe Abbildung oben): Die damalige USD-Stärke entstand, nachdem die US-ToT deutlich angezogen hatten. Weil die USA als Energie-Exporteur von den steigenden Energiepreisen profitierten, belastete die USD-Stärke die US-Volkswirtschaft insgesamt nicht.
Wir sehen aber auch, dass die gegenwärtige USD-Stärke völlig anderer Art ist. Sie folgt nicht (bzw. geht nicht einher mit) einer Verbesserung der US-ToT. Die US-Exporteure und die US-Unternehmen, die mit Importen in Konkurrenz stehen, können nicht darauf hoffen, dass ihre Produkte besonders gefragt wären. Die USD-Stärke belastet daher ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Dass das die US-Konjunktur dämpft, mag angesichts der brummenden US-Wirtschaft verkraftbar sein. Doch führt dieser Zustand letztendlich dazu, dass die US-Importe zunehmen und die US-Exporte abnehmen. Anders ausgedrückt: Der starke US-Dollar konterkariert bereits die handelspolitischen Ziele des neuen US-Präsidenten, bevor dieser im Weißen Haus das Licht angeknipst hat.
WKN | Typ | Basiswert | Merkmale |
---|---|---|---|
SH3R26 | Call | EUR/USD | Hebel: 7,8 |
SF7MTQ | Put | EUR/USD | Hebel: 8,0 |
Zehn DAX-Trends für das Börsenjahr 2025
Gäbe es so etwas wie ein Börsenwort des Jahres, so wäre es 2024 sicherlich »Rekordhoch«. Denn auch wenn Anfang des Jahres die wenigsten damit gerechnet hätten, konnten fast alle großen Indizes neue Höchststände verzeichnen. Was uns im Börsenjahr 2025 alles erwarten könnte und welche Trends den DAX bewegen dürften, erfahren Sie hier.
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