Schon lange geistert der Plan herum, die eingefrorenen Gelder der russischen Zentralbank von mehr als 200 Mrd. Euro als Sicherheit für einen Kredit der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Da Kiew nun das Geld auszugehen droht, arbeitet ein Kreis der EU-Führung offenbar mit Hochdruck daran, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Bei der EU-Ratssitzung am 18. Dezember soll eine Entscheidung dazu getroffen werden.
Wir hatten gewarnt, als die Gerüchte diesbezüglich erstmalig aufkamen, dass ein solcher Schritt die Attraktivität des Euroraums als Investitionsstandort mindern und damit dem Euro nachhaltigen Schaden zufügen würde. Manch einer befürchtet sogar, dass der sichere Hafenstatus der Gemeinschaftswährung in Gefahr wäre. Einer der Profiteure hiervon wäre dagegen wohl Gold, wie in diesem Jahr bereits zu sehen war, als der Status des US-Dollars als sicherer Hafen im Zuge der US-Zollpolitik und der Angriffe auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank Kratzer erhalten hatte.
Die Argumentation sollte einleuchtend sein. Eine Anlage ist nur dann sicher, wenn man sich mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit darauf verlassen kann, dass man sein Geld (wertbereinigt) wiederbekommt und jederzeit darauf zurückgreifen kann. Wird es von dem Staat konfisziert, in dem es angelegt ist, ohne, dass man etwas dagegen tun kann, ist das recht offensichtlich nicht der Fall. Nicht ohne Grund finden sich sichere Häfen nicht in autoritären Staaten, in denen Rechtsstaatlichkeit ein vages Konzept ist.
Freilich werden die Auswirkungen auf den Euro davon abhängen, wie der Plan konkret umgesetzt wird. Die EU-Führung dürfte sich selbst im Klaren darüber sein, möglichst vermeiden zu müssen, dass der Schritt als klarer Regelverstoß wahrgenommen wird. Letztendlich wird es darauf ankommen, ob staatliche oder staatsnahe Investoren dies als einmalige Maßnahme, oder aber als Blaupause für zukünftige Sanktionen interpretieren. Ist letzteres der Fall, ist davon auszugehen, dass sich Investoren aus Ländern, die Konflikte mit der EU befürchten müssen, mit Investitionen in Europa zukünftig zurückhalten werden.

Damit könnte sich ein Trend verstärken, der in den vergangenen Jahren ohnehin schon zu beobachten war: Obwohl der Anteil des US-Dollars an den globalen Devisenreserven schon seit Jahren fällt, kann der Euro hiervon kaum profitieren (siehe Abb. 1 oben). Stattdessen wurde die Gemeinschaftswährung von Gold in der Liste der wichtigsten Reserveanlagen überholt. Die Gründe hierfür dürften vielschichtig sein. Die Staatsschuldenkrise oder auch der Brexit dürften einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben. Aber sicher auch die Tatsache, dass die Reserven der russischen Zentralbank, die sich zum Großteil in Europa befinden, im Zuge des Ukraine-Konflikts eingefroren wurden. Gold, über das kein ausländischer Staat oder staatliche Institution verfügen kann, ist hingegen “politisch frei”, kann also nicht einfach konfisziert werden (sofern es physisch im eigenen Land gelagert wird).
In der letzten Umfrage des World Gold Council zu den Hintergründen der in den vergangenen Jahren deutlich gestiegenen Goldkäufe unter Zentralbanken, hatten zwar viele angegeben, dass Sanktionen nur eine untergeordnete Rolle für sie spielen würden. Jedoch ist auffällig, dass der Anteil von Gold an den Zentralbankreserven seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges gestiegen ist und ein Großteil der Goldkäufe in den letzten drei Jahren im Verborgenen erfolgte.

Allerdings ist auch nicht davon auszugehen, dass die Zentralbanken ihre Goldreserven ins Unermessliche steigern werden. Sinn der Reserven ist es schließlich, den Außenhandel zu sichern, d.h. etwa Importeuren hinreichend Fremdwährung zur Verfügung stellen zu können, damit diese ihre Waren bezahlen können. Das ist mit Gold aber kaum möglich. Das Edelmetall dient vor allem als Wertaufbewahrungsmittel und wird in Devisen umgewandelt, sobald diese als Zahlungsmittel gebraucht werden. Zumindest große Käufer wie die Zentralbank Chinas (PBoC) haben zuletzt bereits ihre Goldkäufe gedrosselt, wohl auch weil der bereits hohe Preis zunehmend abschreckend wirkt.
Insgesamt unterstützen die Entwicklungen auf politischer Ebene jedoch unsere Erwartung, dass das Umfeld für Gold zumindest auf kurze Sicht günstig bleibt und eine scharfe Preiskorrektur, trotz des bereits starken Anstiegs, vorerst eher unwahrscheinlich ist.
| WKN | Typ | Basiswert | Merkmale |
|---|---|---|---|
| FA9GBH | Call | Gold | Hebel: 5,3 |
| SX70F7 | Put | Gold | Hebel: 5,6 |
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