Donnerstag, 15.11.2018 11:12 von Frank Frommholz | Aufrufe: 1035

Deutsche Bank: Aus Jägermentalität wird Kämpfermentalität

Seit einem guten halben Jahr ist Christian Sewing Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank. Diese Zeit ist zu kurz, um den angeschlagenen Geldkonzern wieder nachhaltig auf Erfolgskurs zu bringen. Großunternehmen reagieren träge wie Supertanker und das Land, wo Goldschätze winken, ist einstweilen nicht in Sicht.

Immerhin will Sewing dieses Jahr erstmals seit Längerem wieder Gewinn erzielen. Viel Zeit dafür bleibt ihm bis zum Jahresende nicht mehr. Vor diesem Hintergrund demonstriert der Deutsche Bank-Lenker vor allem eins: Entschlossenheit. Und er baut auf die "Kämpfermentalität" seiner Mitarbeiter. Gleichzeitig modifiziert er mit diesem Ausdruck die von ihm bei Amtsantritt geforderte "Jägermentalität" - ein Begriff, der missverstanden werden konnte.

Heroische Erwartungen angesichts von Kursdesaster

Ob solche "heroischen" Erwartungen etwas bewirken, muss vorerst dahingestellt bleiben. Aktuell ist die Lage eher mau. Die Deutsche Bank-Aktie notiert um die 8,60 Euro - mehr als 40 Prozent weniger als vor Jahresfrist. Noch dramatischer ist der Verlust, wenn man länger zurückschaut - auch für manchen ehemaligen Deutsch-Banker kaum zu fassen. Ich habe meine Belegschaftsaktien nach der Jahrtausendwende noch für knapp 80 Euro verkauft. Damals verließ ich die Bank wegen interner Strukturprobleme und rechnete mit Kursrückgängen. Ein derartiges Desaster habe ich aber nicht erwartet.

Motivation ist eines, Fakten sind etwas anderes. Hier hat die Deutsche Bank in puncto erfolgreicher Neuausrichtung nicht so viel zu bieten. Zwar sind die Altlasten aus dem Investment-Banking zum größeren Teil aufgearbeitet. Neue Milliarden-Strafen drohen jedenfalls im Augenblick nicht und die meisten von rund tausend Rechtsstreitigkeiten in diesem Zusammenhang konnten inzwischen bereinigt werden. Das ist zumindest etwas, auf das sich aufbauen lässt.

Auf der Suche nach der richtigen Strategie

Doch es fehlen die Perspektiven. Die im Mai erfolgte Postbank-Verschmelzung mit der DB Privat- und Firmenkundenbank war eher Ausdruck einer Notlösung nach fehlgeschlagenem Verkaufsversuch als einer Strategie geschuldet. Die ist auch in anderen Feldern bisher kaum sichtbar. Nach wie vor ist nicht klar, wie die Deutsche Bank sich künftig aufstellen will - in Deutschland, Europa und international. Im globalen Rahmen spielt das Geldhaus allenfalls noch eine untergeordnete Rolle, selbst an der heimischen Börse musste sie sich inzwischen vom Finanzdienstleister Wirecard im Wert überholen lassen.

Operativ leidet die Bank an ihrer veralteten IT-Infrastruktur, auch dieses Problem lässt sich nicht auf die Schnelle lösen. Eine Fusion mit der ebenfalls nicht gerade strahlend dastehenden Commerzbank bleibt bis auf weiteres Spekulation. Ob zwei "Kranke" einen neuen "Gesunden" hervorbringen würden, erscheint ohnehin fraglich. Eins ist jedenfalls klar: Gewinne "erkämpfen zu wollen" reicht alleine nicht.

Und sehr wahrscheinlich ist auch, das weitere Mitarbeiterentlassungen erfolgen müssen, anders kann bei der notwendigen Kosteneinsparung kaum agiert werden. Das vergrößert erneut die Anzahl der neue Beschäftigung suchenden ehemaligen Banker. Meine Eltern sagten: "Junge mach etwas ordentliches, gehe in die Bank" Meinen Kindern habe ich geraten: "Geht nicht in die Bank, macht etwas ordentliches". Wenn meine Enkelkinder soweit sind, wird es wohl keine Bank nach traditionellem Muster mehr geben.


Über den Autor

RSS-Feed


FinanzKun.de
Frank Frommholz war viele Jahre bei Banken und Vermögensverwaltern als Direktor oder Geschäftsführer tätig, bevor er sich 2009 als unabhängiger Berater selbständig machte. Er kennt aus der täglichen Praxis die Probleme mit rechtlichen Veränderungen, Produkten und Marketingfragen und wird darüber berichten. Mehr Informationen dazu auch auf www.finanzkun.de
Werbung

Mehr Nachrichten kostenlos abonnieren

E-Mail-Adresse
Benachrichtigungen von ARIVA.DE
(Mit der Bestellung akzeptierst du die Datenschutzhinweise)

Hinweis: ARIVA.DE veröffentlicht in dieser Rubrik Analysen, Kolumnen und Nachrichten aus verschiedenen Quellen. Die ARIVA.DE AG ist nicht verantwortlich für Inhalte, die erkennbar von Dritten in den „News“-Bereich dieser Webseite eingestellt worden sind, und macht sich diese nicht zu Eigen. Diese Inhalte sind insbesondere durch eine entsprechende „von“-Kennzeichnung unterhalb der Artikelüberschrift und/oder durch den Link „Um den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.“ erkennbar; verantwortlich für diese Inhalte ist allein der genannte Dritte.