
Fincantieri: Europas Schiffbau-Schwergewicht
Die Abspaltung der Marine-Sparte von ThyssenKrupp unter dem Namen TKMS sorgte für großes Interesse. Zu einem IPO-Preis von 60 Euro an die Börse gebracht verteuerte sich die Aktie rasch auf über 100 Euro. Inzwischen hat das Interesse und mit ihm auch der Kurs spürbar nachgelassen, der Aufschlag gegenüber dem Ausgabepreis liegt aber noch immer bei rund 20 Prozent.
Dabei ist TKMS nicht der einzige börsennotierte Schiffbaukonzern mit militärischen Kompetenzen in Europa. Fincantieri mit Sitz ist in Triest ist Europas größte Werft – und profitiert mindestens genauso wie TKMS von den Wiederbewaffnungsbemühungen der europäischen NATO-Mitglieder. Gegenüber dem Jahreswechsel stehen hier Kursgewinne von 182,5 Prozent zu Buche.
Hohes Umsatzwachstum dankt Unterwasser-, und Fregattensegment
Doch seit Anfang Oktober wird das Kursgeschehen von starken Gewinnmitnahmen geprägt. Gegenüber ihrem Hoch bei rund 27,30 Euro hat Fincantieri bereits 30 Prozent an Wert verloren. Die am Mittwochmorgen vorgelegten Quartalszahlen sorgen nicht für eine Wende, sondern verstärken im Gegenteil den Verkaufsdruck noch.
Dabei ist das Wachstum durchaus beachtlich ausgefallen. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum legten die Erlöse in den ersten neun Monaten um 20 Prozent auf 6,725 Milliarden Euro zu. Dabei gelang Fincantieri sogar eine operative Outperformance, denn das EBITDA legte gegenüber dem Vergleichswert von 328 Millionen Euro um gleich 40 Prozent auf 461 Millionen Euro zu. Dabei konnte eine Margensteigerung um einen vollen Prozentpunkt auf 6,9 Prozent erreicht werden.
Das größte Wachstum erzielte Fincantieri nach der Übernahme des Torpedospezialisten WASS in seiner Unterwassersparte mit einem Zuwachs von 84,8 Prozent auf 386 Millionen Euro. Das mit Abstand größte Segment ist unverändert die Schiffbausparte, die sich um 22,7 Prozent auf 4,885 Milliarden Euro steigerte. Die Erlöse aus dem Bau von Kreuzfahrtschiffen kletterte dabei um 16 Prozent, das Verteidigungssegment legte nach dem Verkauf von zwei Fregatten an die indonesischen Seestreitkräfte um 39 Prozent zu.
Starker Auftragseingang, langfristige Finanzziele erst im kommenden Jahr
Die Auftragseingänge stiegen um 88 Prozent auf 16,0 Milliarden Euro. Damit wurde der Rekord aus dem Vorjahr mühelos übertroffen. Das Book-to-Bill-Verhältnis liegt damit bei 2,4. Insgesamt liegt der Bestand jetzt bei 41,0 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 32 Prozent entspricht. Die Bestellungen über 100 Schiffe erstrecken sich dabei bis 2036.
Ihre Jahresziele haben die Italiener bestätigt. Die Konzernerlöse sollen sich auf 9 Milliarden Euro belaufen, dabei soll eine EBITDA-Marge von mehr als 7 Prozent erreicht werden. Nach schwierigen Vorjahren soll außerdem auch das Nettoergebnis wieder ein positives Vorzeichen tragen. Einen langfristigen Geschäftsplan will der Konzern auf seinem Kapitalmarkttag im ersten Quartal 2026 präsentieren.

Investoren quittieren die Zahlen mit Verlusten
Ein Minus von rund 6 Prozent am Handelsplatz in Mailand verrät, dass sich Anlegerinnen und Anleger nach dem steilen Kursanstieg in der ersten Jahreshälfte ein noch besseres Ergebnis und konkretere Zahlen für die Zukunft erhofft hatten.
Dieser Wunsch ist mit Blick auf die fortgeschrittene Unternehmensbewertung verständlich, denn trotz der 30-Prozent-Korrektur in den vergangenen Wochen ist Fincantieri für das laufende Geschäftsjahr mit einem KGV von 58,8 bewertet.
Für 2026 steht das 38-Fache der erwarteten Gewinne zu Buche und selbst für 2027 ist das Unternehmen bereits mit einem KGV von 25,3 bewertet. Das ist ambitioniert, denn den US-Mitbewerber Huntington Ingalls Industries gibt es aktuell für ein KGV von 21,6 zu haben.
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Fazit: Bewertung ausgereizt, US-Werte jetzt die bessere Wahl
Wie viele europäische Verteidigungswerte steht nach einer starken Anstiegsbewegung in den vergangenen Jahren auch die Aktie von Fincantieri unter anhaltendem Verkaufsdruck. Die Unternehmensbewertung ist ausgereizt, und zwar über die kommenden Jahre hinweg.
Die nach den Zahlen fallende Aktie beweist, dass Anlegerinnen und Anleger die hohen Bewertungsvielfache nur noch bei außerordentlich guten Zahlen zu verteidigen bereit sind. "Nur" gute Zahlen allein reichen inzwischen nicht mehr – davon können auch die Investoren deutscher Verteidigungswerte wie Hensoldt und Rheinmetall ein Lied singen.
Nachdem US-Verteidigungswerte eine Zeit lang als abgemeldet galten, sollten sich Anlegerinnen und Anleger wieder verstärkt diesen zuwenden. Die bieten aktuell die deutlich attraktiven Unternehmensbewertungen und damit auch die besseren Aufwärtschancen.
Autor: ARIVA.DE Redaktion/Max Gross