Öllager in Rotterdam quellen über
von Tobias Bayer (Frankfurt)
Die europäische Industrie verbraucht so wenig Öl wie selten zuvor. Das spiegelt sich in steigenden Vorräten wider: In dem wichtigen Umschlagplatz Rotterdam gibt es keine Lagerplätze mehr - und 40 Tanker dümpeln vor sich hin.
Die Nachfrage nach Öl, Benzin, Kerosin und anderen Produkten in Europa ist so schwach, dass die Lager am Hafen von Rotterdam stark anschwellen. "Unsere Kunden haben uns erzählt, dass viele Öltanks im Hafen voll sind", sagte Jeroen Kortsmit, Manager bei Royal Dirkzwager, einem niederländischen Informations- und Lotsendienst für die Schifffahrt, FTD.de.
Zudem ankerten derzeit 40 Tanker in Rotterdam, sechs bis sieben davon seien Öltanker. "Das ist sehr ungewöhnlich", sagte Kortsmit. Royal Dirkzwager leitet seit 1872 Schiffe aus dem holländischen Umschlagsplatz für den Welthandel, nach eigenen Angaben begleitet das Unternehmen jährlich 90.000 Schiffsbewegungen.
Die Situation in Rotterdam ist nicht nur für Europa, sondern auch für die weltweite Lage ein Indiz: Der Hafen ist eine Drehschreibe, die auch für globale Arbitragegeschäfte eingesetzt wird. Arbitrage bedeutet, dass Preisdifferenzen in verschiedenen Märkten ausgenutzt und Schiffe entsprechend umgeleitet werden. Die Lagerkapazität beläuft sich nach Angaben von Pieter Kulsen von der Beratungsgesellschaft PJK International auf 12 Millionen Barrel. Darin nicht eingerechnet seien die Tanks von Firmen wie Shell, BP oder Esso. Kulsen bestätigt, dass es in Rotterdam eng zugeht. "Bei Produkten sind die Lager bis zu 100 Prozent ausgebucht", sagte Kulsen FTD.de. "Das ist schon seit längerer Zeit der Fall."
Ein entscheidender Faktor hinter dem Anschwellen der Lager ist die momentane Preiskonstellation: Öl zu sofortigen Lieferung notiert gegenüber Terminkontrakten mit einem Abschlag, was im Fachjargon "Contango" genannt wird. Statt Öl auf dem Spotmarkt zu verkaufen, wird es gespeichert - und erst in der Zukunft losgeschlagen. Das geschieht auch auf hoher See. Nach Schätzungen der norwegischen Reederei Frontline lagern derzeit weltweit rund 100 Millionen Fässer Öl in Tankern.
US-Vorräte so hoch wie seit knapp 19 Jahren nicht mehr
Die Informationen deuten daraufhin, dass der Ölmarkt trotz Kürzungen der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) immer noch überversorgt ist: Seit September einigte sich das Kartell auf Kürzungen von 4,2 Millionen Barrel (je 159 Liter) täglich, um den Preisverfall zu stoppen. Doch die Nachfrage bleibt weltweit schwach, was den Preis drückt. Am Mittwoch kostete US-Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) knapp 51 $.
Opec-Generalsekretär Abdallah El-Badri hält weitere Kürzungen für nicht notwendigSowohl in Europa als auch den Vereinigten Staaten befinden sich die Vorräte auf historischen Höchststände. Laut der Internationalen Energieagentur schwollen die Lager in den Industriestaaten im Februar um 7,5 Millionen auf 2,74 Milliarden Barrel an. Entscheidend dafür sind Heizöl und Kerosin, besonders in Deutschland: Hierzulande legten die Puffer um 2,3 Millionen Barrel zu.
In den USA wiederum befinden sich die privaten Rohölvorräte nach Angaben der Statistikabteilung des US-Energieministeriums mit knapp 375 Millionen Barrel auf dem höchsten Stand seit dem 7. September 1990. "An der Golfküste erreichten die Vorräte sogar einen Rekord. Es gibt zwar keine genauen Daten zur Kapazität, aber sie müsste bald erreicht sein", sagte Olivier Jakob, Managing Director beim Researchhaus Petromatrix. Für die gesamte USA datiert der höchste je verzeichnete Stand auf den 27. Juli 1990, als knapp 392 Millionen Barrel eingelagert waren.
Die Frage lautet: Wie lange setzt sich der Vorratsaufbau fort? Andy Lipow, Chef des Beratungshauses Lipow Oil Associates, sieht nach wie vor Anreize für die Industrie und andere Marktteilnehmer. Bis zu einer Contago-Differenz von mindestens 60 bis 80 Cent sei das reizvoll, sagte Lipow FTD.de. Zum Vergleich: Bei WTI beträgt der Terminaufschlag derzeit rund 1 $. "Die Lagergebühren belaufen sich auf 35 bis 50 Cent. Berücksichtigt man dann noch den Zeitwert des Geldes, so ist das Einlagern nach wie vor ein gutes Geschäft."
von Tobias Bayer (Frankfurt)
Die europäische Industrie verbraucht so wenig Öl wie selten zuvor. Das spiegelt sich in steigenden Vorräten wider: In dem wichtigen Umschlagplatz Rotterdam gibt es keine Lagerplätze mehr - und 40 Tanker dümpeln vor sich hin.
Die Nachfrage nach Öl, Benzin, Kerosin und anderen Produkten in Europa ist so schwach, dass die Lager am Hafen von Rotterdam stark anschwellen. "Unsere Kunden haben uns erzählt, dass viele Öltanks im Hafen voll sind", sagte Jeroen Kortsmit, Manager bei Royal Dirkzwager, einem niederländischen Informations- und Lotsendienst für die Schifffahrt, FTD.de.
Zudem ankerten derzeit 40 Tanker in Rotterdam, sechs bis sieben davon seien Öltanker. "Das ist sehr ungewöhnlich", sagte Kortsmit. Royal Dirkzwager leitet seit 1872 Schiffe aus dem holländischen Umschlagsplatz für den Welthandel, nach eigenen Angaben begleitet das Unternehmen jährlich 90.000 Schiffsbewegungen.
Die Situation in Rotterdam ist nicht nur für Europa, sondern auch für die weltweite Lage ein Indiz: Der Hafen ist eine Drehschreibe, die auch für globale Arbitragegeschäfte eingesetzt wird. Arbitrage bedeutet, dass Preisdifferenzen in verschiedenen Märkten ausgenutzt und Schiffe entsprechend umgeleitet werden. Die Lagerkapazität beläuft sich nach Angaben von Pieter Kulsen von der Beratungsgesellschaft PJK International auf 12 Millionen Barrel. Darin nicht eingerechnet seien die Tanks von Firmen wie Shell, BP oder Esso. Kulsen bestätigt, dass es in Rotterdam eng zugeht. "Bei Produkten sind die Lager bis zu 100 Prozent ausgebucht", sagte Kulsen FTD.de. "Das ist schon seit längerer Zeit der Fall."
Ein entscheidender Faktor hinter dem Anschwellen der Lager ist die momentane Preiskonstellation: Öl zu sofortigen Lieferung notiert gegenüber Terminkontrakten mit einem Abschlag, was im Fachjargon "Contango" genannt wird. Statt Öl auf dem Spotmarkt zu verkaufen, wird es gespeichert - und erst in der Zukunft losgeschlagen. Das geschieht auch auf hoher See. Nach Schätzungen der norwegischen Reederei Frontline lagern derzeit weltweit rund 100 Millionen Fässer Öl in Tankern.
US-Vorräte so hoch wie seit knapp 19 Jahren nicht mehr
Die Informationen deuten daraufhin, dass der Ölmarkt trotz Kürzungen der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) immer noch überversorgt ist: Seit September einigte sich das Kartell auf Kürzungen von 4,2 Millionen Barrel (je 159 Liter) täglich, um den Preisverfall zu stoppen. Doch die Nachfrage bleibt weltweit schwach, was den Preis drückt. Am Mittwoch kostete US-Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) knapp 51 $.
Opec-Generalsekretär Abdallah El-Badri hält weitere Kürzungen für nicht notwendigSowohl in Europa als auch den Vereinigten Staaten befinden sich die Vorräte auf historischen Höchststände. Laut der Internationalen Energieagentur schwollen die Lager in den Industriestaaten im Februar um 7,5 Millionen auf 2,74 Milliarden Barrel an. Entscheidend dafür sind Heizöl und Kerosin, besonders in Deutschland: Hierzulande legten die Puffer um 2,3 Millionen Barrel zu.
In den USA wiederum befinden sich die privaten Rohölvorräte nach Angaben der Statistikabteilung des US-Energieministeriums mit knapp 375 Millionen Barrel auf dem höchsten Stand seit dem 7. September 1990. "An der Golfküste erreichten die Vorräte sogar einen Rekord. Es gibt zwar keine genauen Daten zur Kapazität, aber sie müsste bald erreicht sein", sagte Olivier Jakob, Managing Director beim Researchhaus Petromatrix. Für die gesamte USA datiert der höchste je verzeichnete Stand auf den 27. Juli 1990, als knapp 392 Millionen Barrel eingelagert waren.
Die Frage lautet: Wie lange setzt sich der Vorratsaufbau fort? Andy Lipow, Chef des Beratungshauses Lipow Oil Associates, sieht nach wie vor Anreize für die Industrie und andere Marktteilnehmer. Bis zu einer Contago-Differenz von mindestens 60 bis 80 Cent sei das reizvoll, sagte Lipow FTD.de. Zum Vergleich: Bei WTI beträgt der Terminaufschlag derzeit rund 1 $. "Die Lagergebühren belaufen sich auf 35 bis 50 Cent. Berücksichtigt man dann noch den Zeitwert des Geldes, so ist das Einlagern nach wie vor ein gutes Geschäft."