Wien (Reuters) - Der Aktienkurs der Deutschen Telekom AG leidet nach Ansicht von Telekom-Chef Ron Sommer deutlich unter der deutschen Marktregulierungspolitik. Sommer sagte am Donnerstag in Wien, ein "ordentlicher zweistelliger Prozentsatz" des geschrumpften Telekom-Aktienwerts sei auf die deutsche Regulierung des Telekommunikationsmarktes zurückzuführen. Der starke Kursverlust der Aktien seit dem Frühjahr sei aber auch eine massive Reaktion auf die Bedenken der Investoren über die Aussichten des künftigen UMTS-Geschäfts und die Ausgaben für Akquisitionen wie die US-Unternehmens Voicestream. "Ich bin fest davon überzeugt, dass die T-Aktie massiv unterbewertet ist", sagte Sommer.
Der Kurs der pendelt seit Wochen um die Marke von 40 Euro, nach einem Jahrestief von 35,01 Euro Mitte Oktober und einem Allzeithoch von 104,90 Euro Anfang März. Einen deutlichen Abschlag von ihren Höchstständen mussten aber auch weltweit andere Telekom-Konzerne in den vergangenen Monaten hinnehmen, was Analysten unter anderem damit begründet hatten, dass die Aktienbewertungen zuvor unverhältnismäßig hoch gewesen seien.
Telekom-Chef Sommer kritisierte erneut, dass die Telekom im Vergleich zu anderen Wettbewerbern in Europa durch die deutschen Rechtsvorschriften und die Regulierungspolitik auf dem Telekommunikationsmarkt in Deutschland benachteiligt werde. "Wir haben in Deutschland eine perverse Wettbewerbssituation", sagte Sommer und verwies darauf, dass die Telekom unter anderem zur Rechnungsstellung für ihre Wettbewerber verpflichtet sei. Auch müsse die Telekom ihren Wettbewerbern andere Leistungen zur Verfügung stellen, die sie auf den Heimatmärkten der Konkurrenten nicht gewährt bekomme.
Aus seiner Sicht gebe es zudem auf dem deutschen Telekommunkationsmarkt keine Markteintrittsbarrieren mehr, sagte Sommer weiter. Man dringe deshalb auf eine Lockerung der Regulierung in Deutschland und auf eine Angleichung der Wettbewerbssituation in Europa. Bei diesem Vorstoß erhalte man positive politische Signale, sagte Sommer ohne nähere Angaben zu machen. Die Deutsche Telekom unterliegt als ehemaliges Monopolunternehmen speziellen Vorschriften des deutschen Telekommunikationsgesetzes. Ihr Verhalten am Markt wird zudem von der Regulierungsbehörde für Telekommunkation und Post überwacht.
Bei den umstrittenen Pauschaltarifen für zeitlich unbegrenztes Surfen im Internet (Flatrate), die die Telekom ihren Wettbewerbern von Februar kommenden Jahres an einer Weisung der Regulierungsbehörde zufolge anbieten muss, deutete Sommer an, dass er einen Pauschaltarif nach britischem Vorbild anstrebt. In Großbritannien werden Internet- Verbindungen nicht zeitabhängig berechnet, enthalten allerdings eine Obergrenze für die aus dem Internet herunterladbare Datenmenge. Er sei für Internet-Pauschaltarife sagte Sommer, verlangte allerdings erneut eine Verteilung des unternehmerischen Risikos auf die Telekom und ihre Konkurrenten. Man werde den Wettbewerbern "schneller als erwartet" Angebote für Internet-Pauschaltarife machen, sagte Sommer. Nähere Einzelheiten zu den Angeboten machte der Telekom-Vorstandschef nicht.
Der Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, Klaus-Dieter Scheurle, hatte vor kurzem sein Ausscheiden aus der Position per Anfang Januar bekannt gegeben. In mit der Situation vertrauten Kreisen waren damals neben verlockenden Angeboten aus der Wirtschaft auch politische Anfeindungen gegen Scheurles Amtsführung aus der Politik genannt worden. Das "Handelsblatt" hatte damals berichtet, Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) habe angedeutet, Scheurle nicht mehr in der Position haben zu wollen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" hatte berichtet, auf Scheurle sei Druck aus dem Ministerium ausgeübt worden, die Regulierungspraxis, die der Telekom teilweise geschadet habe, zu ändern. Die Telekom ist mehrheitlich ist mehrheitlich im Staatsbesitz.