Rohstoffboom in den Rocky Mountains

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Slater:

Rohstoffboom in den Rocky Mountains

 
14.10.05 16:10
ROHSTOFF-BOOM

Reibach in den Rockies

Von Marc Pitzke, New York

Während der Großteil der USA unter den steigenden Energiepreisen ächzt, profitiert der gebirgige Westen: Unter dem Boden dort lagern riesige Gasreserven, die nun mit aller Macht ausgebeutet werden. Geisterstädte wandeln sich zu Boomtowns.

< script type=text/javascript><!--OAS_RICH('Middle2'); // -->< /script><!-- www.spiegel.de/wirtschaft/artikel@Middle2 -->New York - Wamsutter lädt wirklich nicht zum Verweilen ein. "Welcome in Wamsutter" steht zwar auf einem Holzschild am Ortseingang. Ansonsten ist das Kaff im US-Bundesstaat Wyoming aber ein Bild des Jammers: Blechhütten, Truck Stops, ein Saloon, ein Schnapsladen. Die Union Pacific Railroad scheppert stündlich vorbei, ohne je anzuhalten. "Die hässlichste Stadt im Westen", lästert das Lokalblatt "High Country News" aus dem benachbarten Colorado: "Dass hier jemand überleben kann, ist Beweis für menschliche Durchhaltekraft."

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GroßbildansichtAPRohstoff-Boomtown Wamsutter: "Hässlichste Stadt im Westen"
Trotz alledem gilt Wamsutter als Boomtown - als Äquivalent zu den sagenhaften Goldrausch-Siedlungen des 19. Jahrhunderts. Nur verdankt Wamsutter seinen Aufschwung heutzutage nicht dem Gold - sondern dem Erdgas.

Rings um den Ort nämlich, tief unter der Red Desert, schlummern enorme Reserven. Tausende von Bohrtürmen verpickeln diese ausgedörrte Landschaft im Nordwesten der USA schon jetzt, jede Woche kommen zwei Dutzend neue hinzu. 30.000 Kubikmeter Gas fördern sie pro Tag für Unternehmen wie BP, Halliburton, Questar, Anadarko und den Yates-Konzern, der dort als inzwischen größter Gasproduzent des US-Westens über 650 Bohrstellen betreibt.

Billionen unerschlossene Kubikmeter

Wamsutters Einwohnerzahl hat sich in den letzten vier Jahren verdreifacht - auf 750. Dazu kommen noch Hunderte Saisonarbeiter, die an den Förderstätten arbeiten. Die meisten Leute leben in provisorischen Baracken. BP will jetzt ein riesiges "Basiscamp" bauen, gut zwölf Millionen Dollar teuer, und auch anderweitig "auf mindestens 50 Jahre" in Wamsutter investieren. Da freut sich Bürgermeister Bill Hippe: "Wir sind ganz aus dem Häuschen."

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GroßbildansichtDPABerglandschaft in Colorado: Enorme, unerschlossene Reserven
Tatsächlich: Aus dem Häuschen scheint der gesamte amerikanische Westen zu Füßen der Rocky Mountains. Montana, Wyoming, Utah, Colorado und New Mexico erleben gerade eine moderne Version des "Gold Rushs". Die hohen Energiepreise, durch die Monster-Hurrikane "Katrina" und "Rita" zusätzlich in die Höhe getrieben, und bessere, billigere Fördertechnologien machen die Greater Rocky Mountain Region (GRMR) zur neuen Frontier der US-Energieversorgung.

"Persischer Golf des Erdgases" nennen sie dieses gigantische Gebiet zwischen der US-kanadischen Grenze und dem Rio Grande. Über acht Großfelder verteilt ruhen da enorme Mengen an Erdgas, die Schätzungen bewegen sich zwischen drei und über sieben Billionen Kubikmeter - größtenteils noch unerschlossen.

"Der Boom hat erst begonnen"

Die Zahl der Erdgasbohrgenehmigungen in der Region erreicht schon jetzt einen historischen Rekordstand. Allein für 2004 zählte das General Accounting Office (GAO), der US-Rechnungshof, 6399 Gasgenehmigungen landesweit, dreieinhalb mal so viele wie 1999 - davon 6204 in den Rocky-Mountain-Staaten.

Das US-Energieministerium rechnet damit, dass sich die Erdgasproduktion in den Rocky Mountains bis 2020 nahezu verdoppeln dürfte. "Unser Appetit auf Treibstoffe ist unstillbar", weiß der Branchenveteran Tony Carter, der CEO des Öl- und Gasunternehmens Plain View in Denver. "Der Erdgas-Boom hat gerade erst begonnen."

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GroßbildansichtAPGas-Kompressoren in Wyoming: "Unser Appetit ist unstillbar"
Die Bundesstaaten profitieren kräftig. Allein voriges Jahr investierten die Energiekonzerne hier über zehn Milliarden Dollar in Akquisition und Entwicklung von Bohrfeldern, meist für Erdgas. Das schaufelt Steuereinnahmen in die Regierungskassen. So finanziert Wyoming inzwischen rund die Hälfte seines Haushalts durch Steuern und Gebühren, die für den Abbau von Bodenschätzen anfallen.

Denn Wyoming - wo sie schon seit 1903 nach Erdgas bohren - produziert mittlerweile ein Drittel des Erdgasaufkommens in der Rockies-Region. Die Fördermengen sind in den letzten Jahren geradezu explodiert, auf zuletzt 41 Milliarden Kubikmeter (2004). Das dürfte sich nach Expertenschätzungen bis 2008 auf fast 50 Milliarden Kubikmeter weiter erhöhen. Etwa im riesigen Jonah-Gasfeld im Westen des Staates, dessen Ausmaß bis heute unbekannt ist, oder im Powder River Basin und einem Feld bei Pinedale, das sie "schlafender Riese" nennen. Pinedale, noch so eine Gas-Boomtown: Der Bezirk, dessen wichtigste Einnahmequelle die Erdgasförderung ist, hat seit dem Jahr 2000 den höchsten Bevölkerungszuwachs in ganz Wyoming verzeichnet, um 12,4 Prozent auf zuletzt 6654 Einwohner. Die einst schläfrige Ranchgemeinde ist zum Industrieort mutiert, wo die Mieten und sonstigen Lebenshaltungskosten in rasendem Tempo steigen.

Bohrtürme aus Italien importiert

<!-- Vignette StoryServer 5.0 Thu Oct 13 12:57:22 2005 -->
FERNSEHTIPP>Rohstoffboom in den Rocky Mountains 2170441XXP, 14.10., 22.55 Uhr:
Punkt X - das Interviewmagazin
Gast: Dr. Holger Krawinkel, Verbraucherzentrale Bundesverband, zur Gaspreisdebatte
Ähnliches lässt sich in Colorado beobachten, wo die Regierung bis Jahresende rund 3400 neue Gasbohrlizenzen erteilen will und den Rekord vom letzten Jahr (2917) damit locker einstellt. "Unser Personal geht auf dem Zahnfleisch", stöhnt Steve Bennett, ein Manager im Bureau of Land Management (BLM) in Glenwood. Das BLM, eine Behörde des US-Innenministeriums, ist für die Vergabe der Bohrlizenzen zuständig.

Inzwischen gehen den Förderfirmen langsam die Gerätschaften und vor allem die Bohrtürme aus. Das Inventar ist alt und teilweise defekt, neues Material wurde Jahrzehnte lang nicht hergestellt. Deshalb müssen sie jetzt Bohrtürme aus China und Italien importieren.

Auch sind die zuständigen Außenstellen der US-Regierung inzwischen so überfordert mit der Vergabe der Bohrlizenzen, dass sie kaum mehr Zeit finden, sich um den Einhalt der strengen Umweltschutzbestimmungen durch die profitorientierten Fördergesellschaften zu kümmern.

Überforderte Behörde

"Die Fähigkeit des BLM, seiner Umweltschutz-Verantwortung gerecht zu werden, ist durch das dramatische Anwachsen der Gasarbeiten beeinträchtigt worden", schrieb das GAO im Juni in einem Bericht an den US-Kongress. In Buffalo und Vernal, wo der größte Bedarf an Lizenzen herrsche, seien die Inspektionsziele "nur einmal in den letzten sechs Jahren erfüllt" worden. Weidegebieten für Wild drohe die Zerstörung, die Wasser- und Luftqualität litten schon jetzt. Der demokratische Senator Joseph Lieberman schmimpft: "Die Regierung scheint das Gleichgewicht zwischen der Vergabe von Lizenzen und dem Schutz von Wundern der Natur verloren zu haben."

Die Bürgerinitiative Grand Valley Citizens Alliance in Colorado erhebt ähnliche Vorwürfe gegen Washington. "Seit die Bush-Regierung im Amt ist", sagt ihr Sprecher Duke Cox der Zeitung "Rocky Mountain News", "wurden die Wissenschaftler im BLM durch politische Amtsträger ausgewechselt. Die haben nur eine Mission: Bohrgenehmigungen erteilen."

Der neue Cop von Wamsutter

Diese Entwicklung beobachten inzwischen auch die Landesregierungen mit Sorge - republikanische wie demokratische. Der starke Anstieg der Gasförderung im Westen "bedeutet schwere Herausforderungen für die Gemeinden", warnte die Western Governors Association in ihrem letzten Jahresbericht. Die Gasvorräte müssten "ökologisch vernünftig" ausgebeutet werden. Die Hauptsorgen der vereinten West-Gouverneure: Infrastruktur, Trinkwasserversorgung - und Umweltschutz.

Die Bohrfirmen tun unterdessen das Ihre, sich bei den Orten beliebt zu machen. So spendierte BP der Verwaltung von Wamsutter jetzt einen zusätzlichen, zweiten Polizisten - inklusive eines Wohncontainers für den neuen Cop.

Dazu sagt der zuständige BP-Manager Jerry Austin: "Wir sorgen uns eben um die Gemeinde."


< script type=text/javascript><!--OAS_RICH('Bottom'); // -->< /script>

permanent:

sehr interessant o. T.

 
14.10.05 16:16
bammie:

guggst Du :)

 
14.10.05 16:32
http://www.ariva.de/board/234500


"Unter dem Boden dort lagern riesige Gasreserven, die nun mit aller Macht ausgebeutet werden."


Die Mittel werden dem Zweck zum Opfer fallen. Ich sage nur Osterinseln.

greetz bammie
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