Heute wird in Amerika das heißeste IPO des Jahres erwartet.
So sehen zumindest viele Marktteilnehmer das Börsendebüt von Palm,
dem Hersteller der mehrfach preisgekrönten Taschencomputer oder neudeutsch PDAs (personal digital assistants).
Das Interesse von Investoren ist so groß, daß Konsortialführer Goldman Sachs
vorgestern eine Verdoppelung der Bookbuilding-Spanne bekanntgab. Anders als bei uns
ist es in Amerika zwar Usus, daß bei extrem begehrten IPOs die erwartete
Bookbuilding-Spanne nach oben korrigiert wird, aber ein Preisanstieg von 14 bis 16
US-$ auf 30 bis 32 US-$ ist alles andere als alltäglich. Der tatsächliche Ausgabepreis
wird aber, wie gestern abend bekannt wurde, mit 38 US-$ noch einmal weit höher liegen!
Palms Muttergesellschaft 3Com konnte ebenfalls von dem Hype profitieren. 3Com-Aktien
haben sich in diesem Jahr verfünffacht. Insbesondere in den letzten Tagen kennen die
Papiere des Netzwerkspezialisten (3Com ist ähnlich positioniert wie Cisco Systems,
allerdings in den zukunftsträchtigsten Feldern weniger erfolgreich) keinen Halt mehr.
Das Unternehmen plant die eigenen Aktionäre bei einem späteren secondary offering
bevorzugt zu behandeln.
Was also ist so interessant an den kleinen Computern? Dramatisch formuliert könnte man
sagen, daß die Ankunft des Palm Pilot die post-PC-Ära eingeläutet hat. Die alte Bill
Gates-Vision ,Ein Computer in jedem Haus und auf jedem Tisch? ist so gut wie erfüllt,
so daß auch Microsoft sich nunmehr auf die Taschencomputer stürzt. Mobile Computing
heißt das Schlagwort, daß die Anlegerherzen auch und gerade bei Palm höher schlagen
läßt. Addiert man dazu noch die Tatsache, daß die neusten Palm Modelle internettfähig
sind und sich zu einer Art Internet-PC-Handy-Video-Organizer-Mix entwickeln, so
versteht man vielleicht, warum einige Marktbeobachter Palm gar als IPO des Jahrzehnts
betrachten.
Seit der Markteinführung des ersten Palm Pilot 1995 wurden 5,5 Mio. Geräte verkauft.
Der Marktanteil der elektronischen Helfer liegt bei fast 70 % und hat damit selbst den
ärgsten Rivalen, die britische Psion, weit hinter sich gelassen. Während die Umsätze
der Briten mit 20 % p.a. steigen, wird für Palm im laufenden Geschäftsjahr (endet Mai
2000) ein Anstieg von 60 % erwartet, womit die Umsätze erstmals knapp die
Milliardengrenze durchstoßen würden. Legt man den Ausgabepreis von 38 US-$ zugrunde,
so liegt die Marktkapitalisierung von Palm zum Börsenstart bei etwa 21 Mrd. US-$, doch
bedarf es keines Hellsehers, um vorauszusagen, daß die tatsächliche Marktbewertung
nach dem IPO wesentlich höher liegen wird. Das erklärt auch den jüngsten Ansturm auf
3Com-Aktien. Nach dem Going Public wird 3Com noch immer 93 % der Anteile an Palm
halten. 3Coms Marktkapitalisierung liegt aber derzeit bei ,nur? 36 Mrd. US-$, und es
ist nicht ausgeschlossen, daß auch Palm in dieser Größenordnung bewertet werden wird.
Darüber dürften sich auch AOL, Motorola und Nokia freuen, da alle drei Unternehmen
sich an Palm beteiligt haben (zusammen werden die drei Unternehmen etwa ein Prozent
halten) und Lizenzvereinbarungen verabredet haben.
In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 1999/2000 hat das Unternehmen 435 Mio.
US-$ umgesetzt und einen Gewinn von 22,5 Mio. US-$ erzielt. Für das Gesamtjahr werden
Umsätze i.H.v. mehr als einer Milliarde US-$ erwartet. Auf Basis eines erwarteten
Ausgabepreises von 32 US-$ läge das KUV damit bei etwa 20.
Bei allem Jubel darf dennoch nicht verschwiegen werden, daß die kommenden Jahre für
Palm kein Honigschlecken werden dürften. Das eigens für den Palm entwickelte
Betriebssystem PalmOS muß sich gegen die Konkurrenz von Linux und Windows CE
behaupten. Ein Schritt in die richtige Richtung ist dabei die Lizenzierung von PalmOS
für andere Anbieter. Qualcomm möchte OS in seinen neuen Smartphones einsetzen, und
auch Nokia und Sony werden es mittelfristig einsetzen. Andererseits könnten die
obengenannten Partner auch schnell ihre Allianzen wechseln, sollte sich ein
leistungsfähigeres Produkt etablieren. Nokia und Ericsson sind z.B. noch immer
zusammen in Symbian engagiert, einem Joint Venture, dem auch Palm-Rivale Psion
angehört. Ein weiterer Punkt ist, daß auch Mobiltelefone immer leistungsfähiger werden
und sich mittelfristig die Frage stellen wird, ob die Nische zwischen
Multifunktionshandies und Laptops groß genug für PDAs ist.
Fazit: Erst einmal abwarten. Investoren und Daytrader können sich sicherlich auf eines
der heißesten IPOs des Jahres freuen. Interessierten Anlegern ist aber kurzfristig
erst einmal von einem Engagement abzuraten, denn die heißersehnten IPOs der letzten
Monate haben gezeigt, daß sich der Einstieg zu den ersten Kursen hier selten auszahlt.
Anleger, die damals bei Agency.com oder VA Linux blind eingestiegen sind, können ein
Lied davon singen...
Die Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.
siehe: www.goingpublic-online.de/news/kolumne/detail.hbs?recnr=600
So sehen zumindest viele Marktteilnehmer das Börsendebüt von Palm,
dem Hersteller der mehrfach preisgekrönten Taschencomputer oder neudeutsch PDAs (personal digital assistants).
Das Interesse von Investoren ist so groß, daß Konsortialführer Goldman Sachs
vorgestern eine Verdoppelung der Bookbuilding-Spanne bekanntgab. Anders als bei uns
ist es in Amerika zwar Usus, daß bei extrem begehrten IPOs die erwartete
Bookbuilding-Spanne nach oben korrigiert wird, aber ein Preisanstieg von 14 bis 16
US-$ auf 30 bis 32 US-$ ist alles andere als alltäglich. Der tatsächliche Ausgabepreis
wird aber, wie gestern abend bekannt wurde, mit 38 US-$ noch einmal weit höher liegen!
Palms Muttergesellschaft 3Com konnte ebenfalls von dem Hype profitieren. 3Com-Aktien
haben sich in diesem Jahr verfünffacht. Insbesondere in den letzten Tagen kennen die
Papiere des Netzwerkspezialisten (3Com ist ähnlich positioniert wie Cisco Systems,
allerdings in den zukunftsträchtigsten Feldern weniger erfolgreich) keinen Halt mehr.
Das Unternehmen plant die eigenen Aktionäre bei einem späteren secondary offering
bevorzugt zu behandeln.
Was also ist so interessant an den kleinen Computern? Dramatisch formuliert könnte man
sagen, daß die Ankunft des Palm Pilot die post-PC-Ära eingeläutet hat. Die alte Bill
Gates-Vision ,Ein Computer in jedem Haus und auf jedem Tisch? ist so gut wie erfüllt,
so daß auch Microsoft sich nunmehr auf die Taschencomputer stürzt. Mobile Computing
heißt das Schlagwort, daß die Anlegerherzen auch und gerade bei Palm höher schlagen
läßt. Addiert man dazu noch die Tatsache, daß die neusten Palm Modelle internettfähig
sind und sich zu einer Art Internet-PC-Handy-Video-Organizer-Mix entwickeln, so
versteht man vielleicht, warum einige Marktbeobachter Palm gar als IPO des Jahrzehnts
betrachten.
Seit der Markteinführung des ersten Palm Pilot 1995 wurden 5,5 Mio. Geräte verkauft.
Der Marktanteil der elektronischen Helfer liegt bei fast 70 % und hat damit selbst den
ärgsten Rivalen, die britische Psion, weit hinter sich gelassen. Während die Umsätze
der Briten mit 20 % p.a. steigen, wird für Palm im laufenden Geschäftsjahr (endet Mai
2000) ein Anstieg von 60 % erwartet, womit die Umsätze erstmals knapp die
Milliardengrenze durchstoßen würden. Legt man den Ausgabepreis von 38 US-$ zugrunde,
so liegt die Marktkapitalisierung von Palm zum Börsenstart bei etwa 21 Mrd. US-$, doch
bedarf es keines Hellsehers, um vorauszusagen, daß die tatsächliche Marktbewertung
nach dem IPO wesentlich höher liegen wird. Das erklärt auch den jüngsten Ansturm auf
3Com-Aktien. Nach dem Going Public wird 3Com noch immer 93 % der Anteile an Palm
halten. 3Coms Marktkapitalisierung liegt aber derzeit bei ,nur? 36 Mrd. US-$, und es
ist nicht ausgeschlossen, daß auch Palm in dieser Größenordnung bewertet werden wird.
Darüber dürften sich auch AOL, Motorola und Nokia freuen, da alle drei Unternehmen
sich an Palm beteiligt haben (zusammen werden die drei Unternehmen etwa ein Prozent
halten) und Lizenzvereinbarungen verabredet haben.
In den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 1999/2000 hat das Unternehmen 435 Mio.
US-$ umgesetzt und einen Gewinn von 22,5 Mio. US-$ erzielt. Für das Gesamtjahr werden
Umsätze i.H.v. mehr als einer Milliarde US-$ erwartet. Auf Basis eines erwarteten
Ausgabepreises von 32 US-$ läge das KUV damit bei etwa 20.
Bei allem Jubel darf dennoch nicht verschwiegen werden, daß die kommenden Jahre für
Palm kein Honigschlecken werden dürften. Das eigens für den Palm entwickelte
Betriebssystem PalmOS muß sich gegen die Konkurrenz von Linux und Windows CE
behaupten. Ein Schritt in die richtige Richtung ist dabei die Lizenzierung von PalmOS
für andere Anbieter. Qualcomm möchte OS in seinen neuen Smartphones einsetzen, und
auch Nokia und Sony werden es mittelfristig einsetzen. Andererseits könnten die
obengenannten Partner auch schnell ihre Allianzen wechseln, sollte sich ein
leistungsfähigeres Produkt etablieren. Nokia und Ericsson sind z.B. noch immer
zusammen in Symbian engagiert, einem Joint Venture, dem auch Palm-Rivale Psion
angehört. Ein weiterer Punkt ist, daß auch Mobiltelefone immer leistungsfähiger werden
und sich mittelfristig die Frage stellen wird, ob die Nische zwischen
Multifunktionshandies und Laptops groß genug für PDAs ist.
Fazit: Erst einmal abwarten. Investoren und Daytrader können sich sicherlich auf eines
der heißesten IPOs des Jahres freuen. Interessierten Anlegern ist aber kurzfristig
erst einmal von einem Engagement abzuraten, denn die heißersehnten IPOs der letzten
Monate haben gezeigt, daß sich der Einstieg zu den ersten Kursen hier selten auszahlt.
Anleger, die damals bei Agency.com oder VA Linux blind eingestiegen sind, können ein
Lied davon singen...
Die Kolumne erscheint in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.
siehe: www.goingpublic-online.de/news/kolumne/detail.hbs?recnr=600