Weisheit aus Brüssel: Grexit um drei Jahre verschoben
von Henrik Voigt
Liebe Leserin, lieber Leser,
nach einem Verhandlungs-Marathon über das ganze Wochenende bis in den Montagmorgen hinein haben die EU-Staats- und Regierungschefs sich endlich doch auf ein neues Kreditprogramm für den Pleitestaat Griechenland einigen können. Leider. Athen bekommt nun auf Sicht der nächsten drei Jahre mehr als 80 Mrd. Euro an neuen Krediten um alte Kredite abzulösen. Die Börsen sind erleichtert. Damit bleiben wir im bekannten Fahrwasser, das die Probleme auf die lange Bank schiebt. Die am Ende umso größer werden. Enorme Schulden werden mit noch mehr Schulden verschleiert. Wie man ein derart idiotisches Vorgehen als großen Tag für Europa verkaufen kann, wird mir ewig ein Rätsel bleiben.
Die Reaktion beim Euro war entsprechend: abwärts. Kein Wunder: ein Rauswurf Griechenlands hätte die Währungsunion gestärkt. Dann wäre klar gewesen: wer sich nicht an die Regeln hält (Defizitkriterien nicht einhält oder gar fälscht) fliegt raus. So heißt es aber: wer das Klassenziel nicht erreicht, bekommt Salbe aufs Popöchen gestrichen. In Form neuer milliardenschwerer Kredite, für die die europäischen Steuerzahler haften. 86 Mrd. Euro sind für die kommenden 3 Jahre angesetzt. Am Ende werden über 100 Mrd. Euro dabei herauskommen. Die den Grexit doch nicht verhindern werden. Er wird lediglich noch sehr viel teurer werden als er bisher schon gewesen wäre.
Als Steuerzahler hoffe ich, dass wenigsten s ein EU-Parlament den Mut hat, den Deal noch zu kippen. Als Aktionär graut mir eher davor. Märkte können manchmal so dämlich/ extrem kurzsichtig sein. Die Börsen waren bereits so weit, einen Grexit einzupreisen. Was für eine Chance! Wäre dieser wirklich gekommen, hätte es höchstens noch eine kurze Schrecksekunde gegeben. Der Euro schien sich ohnehin eher über diese Aussichten zu freuen. Große Marktverwerfungen hätte es nicht mehr gegeben. Die Eurostaaten wären aus allen Milliardenverpflichtungen raus gewesen und hätten ihre längst aufgelaufenen Buchverluste bei griechischen Staatsanleihen in den kommenden Jahren realisiert. Griechenland hätte mit einer eigenen Währung mit Abwertungsmöglichkeit einen wichtigen Schritt in Richtung künftiger Wettbewerbsfähigkeit gemacht. So muss die Abwertung wieder über Kostensenkung laufen - zu Lasten der griechischen Arbeitnehmer. Oder Athen windet sich wie schon in den vergangenen Jahren um wichtige Reformen herum. Dann wachsen lediglich die Schuldenberge weiter an.
Letztlich haben sich Frankreich und Italien deutlich im neuen Griechen-Deal durchgesetzt, die den Pleitestaat um jeden Preis im Euro halten wollen. Erreicht wurde ein weiterer Meilenstein auf dem Weg von der Haftungs- in die Transferunion. Auch Merkel ist zufrieden, weil man jetzt die Garantie habe, dass sich Wirtschaft und Staat grundlegend reformierten. Wer`s glaubt. Doch der tschechische Finanzminister Andrej Babis bringt es auf den Punkt: "Wer rechnen kann, muss erkennen, dass Griechenland es selbst unter größten Anstrengungen nicht schaffen kann". In Brüssel kann man offenbar nicht rechnen. Was wird nun anders gemacht als in den letzten vier Jahren gescheiterter Rettungspolitik? Ich fürchte: nichts.
Herzliche Grüße,
Ihr Henrik Voigt.
Chefanalyst VOIGT-Brief/ DAX PROFITS
von Henrik Voigt
Liebe Leserin, lieber Leser,
nach einem Verhandlungs-Marathon über das ganze Wochenende bis in den Montagmorgen hinein haben die EU-Staats- und Regierungschefs sich endlich doch auf ein neues Kreditprogramm für den Pleitestaat Griechenland einigen können. Leider. Athen bekommt nun auf Sicht der nächsten drei Jahre mehr als 80 Mrd. Euro an neuen Krediten um alte Kredite abzulösen. Die Börsen sind erleichtert. Damit bleiben wir im bekannten Fahrwasser, das die Probleme auf die lange Bank schiebt. Die am Ende umso größer werden. Enorme Schulden werden mit noch mehr Schulden verschleiert. Wie man ein derart idiotisches Vorgehen als großen Tag für Europa verkaufen kann, wird mir ewig ein Rätsel bleiben.
Die Reaktion beim Euro war entsprechend: abwärts. Kein Wunder: ein Rauswurf Griechenlands hätte die Währungsunion gestärkt. Dann wäre klar gewesen: wer sich nicht an die Regeln hält (Defizitkriterien nicht einhält oder gar fälscht) fliegt raus. So heißt es aber: wer das Klassenziel nicht erreicht, bekommt Salbe aufs Popöchen gestrichen. In Form neuer milliardenschwerer Kredite, für die die europäischen Steuerzahler haften. 86 Mrd. Euro sind für die kommenden 3 Jahre angesetzt. Am Ende werden über 100 Mrd. Euro dabei herauskommen. Die den Grexit doch nicht verhindern werden. Er wird lediglich noch sehr viel teurer werden als er bisher schon gewesen wäre.
Als Steuerzahler hoffe ich, dass wenigsten s ein EU-Parlament den Mut hat, den Deal noch zu kippen. Als Aktionär graut mir eher davor. Märkte können manchmal so dämlich/ extrem kurzsichtig sein. Die Börsen waren bereits so weit, einen Grexit einzupreisen. Was für eine Chance! Wäre dieser wirklich gekommen, hätte es höchstens noch eine kurze Schrecksekunde gegeben. Der Euro schien sich ohnehin eher über diese Aussichten zu freuen. Große Marktverwerfungen hätte es nicht mehr gegeben. Die Eurostaaten wären aus allen Milliardenverpflichtungen raus gewesen und hätten ihre längst aufgelaufenen Buchverluste bei griechischen Staatsanleihen in den kommenden Jahren realisiert. Griechenland hätte mit einer eigenen Währung mit Abwertungsmöglichkeit einen wichtigen Schritt in Richtung künftiger Wettbewerbsfähigkeit gemacht. So muss die Abwertung wieder über Kostensenkung laufen - zu Lasten der griechischen Arbeitnehmer. Oder Athen windet sich wie schon in den vergangenen Jahren um wichtige Reformen herum. Dann wachsen lediglich die Schuldenberge weiter an.
Letztlich haben sich Frankreich und Italien deutlich im neuen Griechen-Deal durchgesetzt, die den Pleitestaat um jeden Preis im Euro halten wollen. Erreicht wurde ein weiterer Meilenstein auf dem Weg von der Haftungs- in die Transferunion. Auch Merkel ist zufrieden, weil man jetzt die Garantie habe, dass sich Wirtschaft und Staat grundlegend reformierten. Wer`s glaubt. Doch der tschechische Finanzminister Andrej Babis bringt es auf den Punkt: "Wer rechnen kann, muss erkennen, dass Griechenland es selbst unter größten Anstrengungen nicht schaffen kann". In Brüssel kann man offenbar nicht rechnen. Was wird nun anders gemacht als in den letzten vier Jahren gescheiterter Rettungspolitik? Ich fürchte: nichts.
Herzliche Grüße,
Ihr Henrik Voigt.
Chefanalyst VOIGT-Brief/ DAX PROFITS