Mobil Fernsehen - Probelauf der Handy-Glotzen

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Mobil Fernsehen - Probelauf der Handy-Glotzen bammie

Mobil Fernsehen - Probelauf der Handy-Glotzen

 
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Von Ole Meiners

Als gebe es mit DVB-S, DVB-C und DVB-T nicht schon genug kryptische Abkürzungen für Digital-TV, wird in Berlin jetzt noch ein neuer Standard getestet. DVB-H ist speziell auf die Belange von Handys ausgerichtet und soll Fernsehen umsatzbringend aufs Mobilgerät bringen.


Hat darauf die Welt gewartet - endlich auch am Handy Fernsehen zu glotzen? "Wir sind überrascht besonders von der Akzeptanz der Jüngeren bei dieser Technologie." Claus Sattler ist verantwortlicher Manager des "Broadcast Mobile Convergence"-Projekts (BMCO), seit Anfang Juli kann ein ausgewählter Kreis von rund zwei Dutzend Berlinern über den kommenden Digitalfernsehstandard DVB-H unterwegs fünf TV-Programme empfangen, darunter der Nachrichtensender N24, Eurosport und der Musikkanal Viva Plus.

An einem Prototypen demonstriert Sattler die Möglichkeiten vom "Digital Video Broadcasting for Handhelds" (DVB-H), dem Digitalfernsehen für Handgeräte wie Handys oder Taschen-Computer. Äußerlich hat dieses Nokia 7700 mit einem Handy nicht mehr viel gemein, eher sieht es aus wie ein Gameboy - Zifferntasten zum Wählen fehlen völlig.

Der Informatikprofessor zückt einen zierlichen Stift, der am Gerät eingeschoben ist und tippt damit auf den nicht ganz zigarettenschachtelgroßen Bildschirm - der "Real Player" startet und der N24-Moderator informiert über die aktuelle Lage im Irak, ein wenig quäkend zwar, aber das Bild ist recht passabel.

Digitalfernsehen auf dem Handy ist in Südkorea und Japan bereits Alltag. Auf der Cebit präsentierte Samsung das Gerät SGH-P700, das DVB-T empfängt und noch in diesem Jahr in Deutschland auf den Markt kommen soll. Derzeit würde der TV-Empfang damit nur in Berlin, Köln und Hannover funktionieren, doch bis Ende des Jahres werden auch Städte wie Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt auf DVB-T umgestellt sein.

Das Aus für teure UMTS-Videoclips?

DVB-H arbeitet im Unterschied zu DVB-T mit einer geringeren, auf kleine Geräte zugeschnittenen Auflösung. Beim digitalen Antennenfersehen DVB-T muss das Handy die vergleichsweise hohe Fernsehauflösung von 720 mal 576 Pixel immer erst auf das kleine Display herunterrechnen.

Wenn das Mobiltelefon zum Fernseher mutiert, ob nun via DBV-T oder DVB-H, warum sollte dann der Handy-Benutzer kostenpflichtige Video-News oder Musik-Clips aufs Telefon laden? Wird Handy-TV gar der Sargnagel von UMTS?

"Nein, überhaupt nicht!", wiegelt Sattler ab - muss er auch, denn bei BMCO ist neben Nokia und Philips auch der Mobilfunkprovider Vodafone engagiert. Vielmehr gehe es darum, die "Konvergenz" aus Fernsehen und Mobilfunk zu testen und neue Möglichkeiten der Interaktivität zu erproben.
Der Blick in das Programm von Viva Plus kündigt diese TV-Vision schon heute an. "Get the clip" heißt das Tagesprogramm vom Kölner Musiksender, klingt wie Privat-Radio ohne Moderation und sieht aus wie Börsenberichterstattung. In den Laufbändern tickern Kurzmitteilungen von Zuschauern an Zuschauer, per SMS oder Telefon stimmen die Zuschauer gemeinsam über die nächsten zu sendenden Videos ab.

Konvergenz heißt in diesem Falle, der Teenager schaut Viva in der S-Bahn auf dem Nachhauseweg, wählt sich seinen Lieblingstitel, grüßt seine neue Flamme per Premium-SMS und bestellt sich gleich noch einen neuen Klingelton für sein TV-Video-Gameboy-MP3-Handy.

Abgerechnet wird über die Mobilfunkrechnung. Das neue Handy-Fernsehen kann wie in Japan kostenfrei sein, muss es aber nicht. Die Projektteilnehmer bauen ihre finanziellen Hoffnungen auf den "Rückkanal", also die Leitung, über die der Zuschauer beim Anbieter eine Dienstleistung kauft.

Sofort einsteigen und wieder aussteigen

Denkbar ist überdies die GEZ-Finanzierung für ARD- und ZDF-Inhalte, das Abo-Prinzip wie beim Bezahl-Fernsehen Premiere oder Pay-per-view beispielsweise für den Sportfan, der die Bundesliga-Konferenschaltung unbedingt unterwegs live miterleben will.

Möglich macht es die Digitaltechnik: Die Fernsehsignale können verschlüsselt werden und der Zuschauer erwirbt sein "Ticket" mit dem Freischaltcode über das Multimedia-Telefon, mit der nächsten Handy-Rechnung wird der Betrag dann abgebucht.

Die Eins-zu-Eins-Portierung herkömmlicher TV-Programme, wie sie das Samsung-Handy SGH P705 ermöglicht, hält Sattler nicht für sinnvoll: "Niemand schaut sich ,Krieg und Frieden' auf dem Handy an!"

Das Handy-Fernsehen soll vielmehr ein Unterwegs-Medium werden, in das man sofort einsteigen und nach kurzer Zeit auch wieder aussteigen kann. U-Bahn-Fahrgäste kennen das vom "Berliner Fenster" oder dem Infoscreen-Programm der Hamburger Hochbahn - kurze Infoschnipsel mit Welt- und Lokalnachrichten, Kino-News und Szene-Infos.

Noch ist die Zeit allerdings nicht reif fürs Handy-Fernsehen: Der Ton klingt auch mit Kopfhörern noch wie bei einem Mittelwellensender und das Bild ruckelt, besonders bei schnellen Bewegungen einer Fußball-Übertragung. Stärkere Prozessoren könnten für Stereo-Ton und flüssigere Bilder sorgen, doch die sind teuer und brauchen mehr Platz. In zwei Jahren aber rechnet Nokia-Produktmanager Mika Kavanti mit der Marktreife: "2006 haben wir die Fußball-WM auf dem Handy!"




Für diese neuen Modelle werden sicherlich Samsung und Nokia wieder das Rennen machen.



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