Jagd auf Bin Ladens Millionen
Von Michael Kröger
Die erste Schlacht gegen Osama Bin Laden hat schon begonnen. US-Präsident George W. Bush will ihm sein Geld abnehmen. Deshalb fahndet zurzeit die gesamte westliche Welt fieberhaft nach Konten und Firmenbeteiligungen des Terroristenführers.
AP Die erste Schlacht dreht
sich um die Finanzen: Osama bin Laden
Paris - Seit dem 11. September herrscht in den Büros der Financial Action Task Force (FATF) in der OECD-Residenz in der Rue André Pascal in Paris hektische Betriebsamkeit. Bislang hatten es die französischen Finanzexperten vornehmlich mit Kriminellenzu tun. Jetzt sollen sie dazu beitragen, der Terror-Organisation von Osama Bin Laden den Geldhahn zudrehen.
In die auf Initiative des französischen Wirtschaft- und Finanzministers Laurent Fabius zusammengestellte Task Force setzen auch die anderen EU-Staaten große Hoffnungen, wenn es darum geht, das Vermögen von Osama Bin Laden aufzustöbern. Nach der von US-Präsident George W. Bush unterzeichneten Anordnung, die Vermögenswerte von terroristischen Gruppen und ihren Helfern einzufrieren, sind sie unter zusätzlichen Druck geraten. Denn auf der ersten von den US-Behörden veröffentlichten Liste der Verdächtigen stehen 27 Personen, Organisationen und Firmen, deren Guthaben sich teilweise in Europa befinden.
Listen von Bin-Laden-Freunden
Dabei war die EU bei der Suche nach dem Bin-Laden-Vermögen keineswegs untätig. In einer Verordnung vom 4. Juli 2001 veröffentlichte Brüssel eine Liste mit etwa 300 Namen und Organisationen, deren Konten in der EU gesperrt werden müssten. Die meisten davon gehören zur Regierung der Taliban und deren Umfeld.
Wie viel Sinn diese Listen machen, muss sich allerdings erst erweisen. Denn wo Bin Laden seine Millionen versteckt hält, wissen bisher nicht einmal die Geheimdienste genau. Die Spezialisten der Task Force FATF können wenigstens ihre Erfahrungen über den Fluss der Geldströme bei kriminellen Banden ins Feld führen.
Seit nunmehr zwölf Jahren beobachten sie, wie Drogenhändler, Mafia-Familien oder russische Geschäftsimperien den internationalen Zahlungsverkehr immer raffinierter zum eigenen Vorteil nutzen. Der Internationale Währungsfonds schätzt die Summe illegaler Gelder, die jährlich im internationalen Finanzsystem gewaschen werden, auf zwischen zwei und fünf Prozent des Weltsozialprodukts. Der Gesamtbetrag dürfte folglich bei weit über einer Billion Dollar liegen.
Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen
Angesichts der Riesensummen, die täglich rund um den Erdball bewegt werden, gleicht die Fahndung nach dem Geld, das Bin Ladens Anhänger für ihre Anschläge benötigen, ohnehin der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Das FBI schätzt, dass der Anschlag auf das World Trade Center vom 11. September inklusive Training, Reisekosten und Lebensunterhalt für die Beteiligten gerade einmal rund 200.000 Dollar gekostet hat. Der mutmaßlichen Pilot der Todesmaschine, Mohamed Atta, könnte sein Leben, Flüge und Projekte in Deutschland theoretisch allein über Kreditkarten finanziert haben.
Die ersten Fahndungserfolge klingen denn auch nicht eben sensationell. In Deutschland wurden seit Inkrafttreten der Sanktionen gegen Bin Laden bislang 13 Konten mit einem Guthaben von insgesamt rund 2,7 Millionen Mark gesperrt, wie das Bundeswirtschaftsministerium bekannt gab. Inhaber der Konten seien Personen und Organisationen aus dem Umfeld bin Ladens, sagte eine Sprecherin.
Darunter ist auch die Hamburger Firma Mamoun Darkazanli, ein Großhändler unter anderem für Fernseher und elektronische Ausrüstungen. Nach amerikanischen Angaben soll der Inhaber Darkazanli, auch bekannt als Abu Ilyaf, ein enger Vertrauter Bin Ladens sein. Er soll auch zu der Gruppe der Attentäter beim Anschlag auf die saudische Nationalgarde in Riad 1996 gehören.
Die französische Regierung konnte immerhin bereits afghanische Geldanlagen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Dollar einfrieren. In London hat das Finanzministerium zwei Banken mit verdächtigen Konten überprüft. Finanzminister Gordon Brown teilte im britischen Rundfunk BBC mit, am Vortag sei ein "verdächtiges Konto" bei der Barclays Bank im Londoner Stadtteil Notting Hill geschlossen worden. Es sei jedoch "seit geraumer Zeit" nicht benutzt worden.
Luxemburg hatte bisher weniger Erfolg. Nachdem das Finanzministerium alle Geldinstitute aufgefordert hatte, nach Namen und Einrichtungen in der Buchhaltung zu suchen, gingen bei der Luxemburger Staatsanwaltschaft zwar mehrere Hinweise großer Finanzunternehmen ein, die auf Verbindungen zum Terrornetz Osama bin Ladens hindeuten könnten. Eine heiße Spur gebe es aber nicht, sagte Luxemburgs Staatsanwalt Carlos Zeyen am Montag.
Auch Brüssel wird wieder aktiv. Auf Wunsch des Ministerrates sollen Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ebenso wie Finanzdienstleister verpflichtet werden, im Umgang mit ihrer Klientel Verdacht auf Geldwäsche den Behörden zu melden. Wenn auf so breiter Front ermittelt wird, hoffen die Fahnder, sind Erfolge nur noch eine Frage der Zeit.
Erfolge nur noch eine Frage der Zeit
Nebenwirkungen können sie allerdings nicht ganz ausschließen. Das zeigt das Beispiel der Düsseldorfer BVH-Bank, gegen die seit 1997 wegen Konkursverschleppung, Geldwäsche, Betrug und Untreue ermittelt wird. Schnell zogen einige Medien eine Verbindungslinie zu Bin Laden. Das vor allem mit internationalen Geldgeschäften Finanzinstitut soll eine Million Mark von einem amerikanischen Unternehmen erhalten haben, auf das Bin Laden Einfluss haben soll.
Bislang hätten sich allerdings keine Hinweise auf den Terroristenführer ergeben, sagte der Sprecher der Düsseldorf Staatsanwaltschaft Johannes Mocken am Dienstag. Die zitierten Geheimdienstquellen lägen den Düsseldorfer Ermittlern nicht vor. Die Untersuchungen gingen jedoch weiter.
Von Michael Kröger
Die erste Schlacht gegen Osama Bin Laden hat schon begonnen. US-Präsident George W. Bush will ihm sein Geld abnehmen. Deshalb fahndet zurzeit die gesamte westliche Welt fieberhaft nach Konten und Firmenbeteiligungen des Terroristenführers.
AP Die erste Schlacht dreht
sich um die Finanzen: Osama bin Laden
Paris - Seit dem 11. September herrscht in den Büros der Financial Action Task Force (FATF) in der OECD-Residenz in der Rue André Pascal in Paris hektische Betriebsamkeit. Bislang hatten es die französischen Finanzexperten vornehmlich mit Kriminellenzu tun. Jetzt sollen sie dazu beitragen, der Terror-Organisation von Osama Bin Laden den Geldhahn zudrehen.
In die auf Initiative des französischen Wirtschaft- und Finanzministers Laurent Fabius zusammengestellte Task Force setzen auch die anderen EU-Staaten große Hoffnungen, wenn es darum geht, das Vermögen von Osama Bin Laden aufzustöbern. Nach der von US-Präsident George W. Bush unterzeichneten Anordnung, die Vermögenswerte von terroristischen Gruppen und ihren Helfern einzufrieren, sind sie unter zusätzlichen Druck geraten. Denn auf der ersten von den US-Behörden veröffentlichten Liste der Verdächtigen stehen 27 Personen, Organisationen und Firmen, deren Guthaben sich teilweise in Europa befinden.
Listen von Bin-Laden-Freunden
Dabei war die EU bei der Suche nach dem Bin-Laden-Vermögen keineswegs untätig. In einer Verordnung vom 4. Juli 2001 veröffentlichte Brüssel eine Liste mit etwa 300 Namen und Organisationen, deren Konten in der EU gesperrt werden müssten. Die meisten davon gehören zur Regierung der Taliban und deren Umfeld.
Wie viel Sinn diese Listen machen, muss sich allerdings erst erweisen. Denn wo Bin Laden seine Millionen versteckt hält, wissen bisher nicht einmal die Geheimdienste genau. Die Spezialisten der Task Force FATF können wenigstens ihre Erfahrungen über den Fluss der Geldströme bei kriminellen Banden ins Feld führen.
Seit nunmehr zwölf Jahren beobachten sie, wie Drogenhändler, Mafia-Familien oder russische Geschäftsimperien den internationalen Zahlungsverkehr immer raffinierter zum eigenen Vorteil nutzen. Der Internationale Währungsfonds schätzt die Summe illegaler Gelder, die jährlich im internationalen Finanzsystem gewaschen werden, auf zwischen zwei und fünf Prozent des Weltsozialprodukts. Der Gesamtbetrag dürfte folglich bei weit über einer Billion Dollar liegen.
Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen
Angesichts der Riesensummen, die täglich rund um den Erdball bewegt werden, gleicht die Fahndung nach dem Geld, das Bin Ladens Anhänger für ihre Anschläge benötigen, ohnehin der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Das FBI schätzt, dass der Anschlag auf das World Trade Center vom 11. September inklusive Training, Reisekosten und Lebensunterhalt für die Beteiligten gerade einmal rund 200.000 Dollar gekostet hat. Der mutmaßlichen Pilot der Todesmaschine, Mohamed Atta, könnte sein Leben, Flüge und Projekte in Deutschland theoretisch allein über Kreditkarten finanziert haben.
Die ersten Fahndungserfolge klingen denn auch nicht eben sensationell. In Deutschland wurden seit Inkrafttreten der Sanktionen gegen Bin Laden bislang 13 Konten mit einem Guthaben von insgesamt rund 2,7 Millionen Mark gesperrt, wie das Bundeswirtschaftsministerium bekannt gab. Inhaber der Konten seien Personen und Organisationen aus dem Umfeld bin Ladens, sagte eine Sprecherin.
Darunter ist auch die Hamburger Firma Mamoun Darkazanli, ein Großhändler unter anderem für Fernseher und elektronische Ausrüstungen. Nach amerikanischen Angaben soll der Inhaber Darkazanli, auch bekannt als Abu Ilyaf, ein enger Vertrauter Bin Ladens sein. Er soll auch zu der Gruppe der Attentäter beim Anschlag auf die saudische Nationalgarde in Riad 1996 gehören.
Die französische Regierung konnte immerhin bereits afghanische Geldanlagen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Dollar einfrieren. In London hat das Finanzministerium zwei Banken mit verdächtigen Konten überprüft. Finanzminister Gordon Brown teilte im britischen Rundfunk BBC mit, am Vortag sei ein "verdächtiges Konto" bei der Barclays Bank im Londoner Stadtteil Notting Hill geschlossen worden. Es sei jedoch "seit geraumer Zeit" nicht benutzt worden.
Luxemburg hatte bisher weniger Erfolg. Nachdem das Finanzministerium alle Geldinstitute aufgefordert hatte, nach Namen und Einrichtungen in der Buchhaltung zu suchen, gingen bei der Luxemburger Staatsanwaltschaft zwar mehrere Hinweise großer Finanzunternehmen ein, die auf Verbindungen zum Terrornetz Osama bin Ladens hindeuten könnten. Eine heiße Spur gebe es aber nicht, sagte Luxemburgs Staatsanwalt Carlos Zeyen am Montag.
Auch Brüssel wird wieder aktiv. Auf Wunsch des Ministerrates sollen Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ebenso wie Finanzdienstleister verpflichtet werden, im Umgang mit ihrer Klientel Verdacht auf Geldwäsche den Behörden zu melden. Wenn auf so breiter Front ermittelt wird, hoffen die Fahnder, sind Erfolge nur noch eine Frage der Zeit.
Erfolge nur noch eine Frage der Zeit
Nebenwirkungen können sie allerdings nicht ganz ausschließen. Das zeigt das Beispiel der Düsseldorfer BVH-Bank, gegen die seit 1997 wegen Konkursverschleppung, Geldwäsche, Betrug und Untreue ermittelt wird. Schnell zogen einige Medien eine Verbindungslinie zu Bin Laden. Das vor allem mit internationalen Geldgeschäften Finanzinstitut soll eine Million Mark von einem amerikanischen Unternehmen erhalten haben, auf das Bin Laden Einfluss haben soll.
Bislang hätten sich allerdings keine Hinweise auf den Terroristenführer ergeben, sagte der Sprecher der Düsseldorf Staatsanwaltschaft Johannes Mocken am Dienstag. Die zitierten Geheimdienstquellen lägen den Düsseldorfer Ermittlern nicht vor. Die Untersuchungen gingen jedoch weiter.