Der deutsche Filmrechtehändler Intertainment hatte 1999 einen so genannten Outputdeal („Abnahmeabkommen“) mit dem US-amerikanischen Filmproduzenten Franchise Pictures abgeschlossen. In der Vereinbarung sicherte Intertainment die 47%ige Budgetübernahme von europäischen Verwertungsrechten an die von Franchise produzierten Filmen zu. Im darauf folgenden Jahr musste der deutsche Filmrechtehändler jedoch feststellen, dass Franchise überhöhte Budgets in Rechnung gestellt hatte. Der dadurch entstandene Schaden wird von Intertainment auf mindestens 100 Mio. US-Dollar geschätzt.
Im Rahmen der Ermittlungen von Intertainment haben auch Vergleichsverhandlungen mit dem Management von Franchise Pictures stattgefunden, die jedoch im Dezember 2000 ergebnislos scheiterten. Neben den leitenden Mitarbeitern von Franchise Pictures, wussten nach Meinung von Intertainment auch der Filmversicherer Film Finances und WorldWide Film Completion sowie die Filmfinanzierungsbank Comerica Bank (ehem. Imperial Bank) von den tatsächlichen, wesentlich niedrigeren Budgets.
Am 20. April 2004 konnte nach zahlreichen Verschiebungen der Prozesstermine die Hauptverhandlung vor dem Federal District Court in St. Ana (ca. 70 Meilen südlich von Los Angeles) beginnen. Unmittelbar vor Prozessbeginn verzeichnete Intertainment einen ersten Etappensieg für sich. Einer der Beklagten, Andrew Stevens, ehemals President und COO von Francise, war persönlich zu einem Vergleich bereit. Gegen ihn, wie auch dem CEO von Franchise Pictures, Elie Samaha, hatte Intertainment wegen betrügerisch überhöhter Filmbudgets u.a. auch persönlich Klage erhoben.
Intertainment verlangt im Rahmen des Verfahrens von seinem ehemaligen Geschäftspartner Schadensersatz in Höhe von mindestens 100 Mio. US-Dollar. Das deutsche Unternehmen hatte die Klage bereits Ende Dezember 2000 eingereicht. Seitdem war die Eröffnung des Hauptverhandlung aber dreimal verschoben worden, zuletzt von August 2003 auf April 2004. Aufgrund von Pausen und verhandlungsfreien Tagen dauerte der Prozess insgesamt acht Wochen. Der letzte Verhandlungstag ist der heutige 08. Juni. Das Urteil der zehnköpfigen Jury soll spätestens am 11. Juni erfolgen.
Der Prozessverlauf ist nach Darstellung von Intertainment durchaus positiv verlaufen. Demnach haben wichtige Zeugen dargelegt, wie das Management von Franchise Pictures sowie auch einige Geschäftspartner des Unternehmens bei Filmgeschäften vorgegangen sind. Dabei wurde u.a. auch beschrieben, wie Franchise Pictures Filmbudgets systematisch überhöht hat. Der bei Franchise Pictures für die Bereiche Produktion und Finanzen zuständige Mitarbeiter hatte bestätigt, dass er tatsächliche Budgets nach Rücksprache mit Samaha aufblähen musste. Des Weiteren haben auch die Versicherungsgesellschaften von Franchise Pictures sowohl die tatsächlichen als auch die überhöhten Budgets erhalten. Anhand von Unterlagen konnte der Intertainment-Anwalt deutlich machen, dass die Versicherungsgesellschaften zwar gegenüber Intertainment die überhöhten Budgets bestätigten, jedoch nur die tatsächlichen und weit niedrigeren Budgets abgesichert hatten.
Aufgrund der zahlreichen Verschiebungen der Prozesstermine musste die Gesellschaft ihr Kostensenkungsprogramm weiter verschärfen. Im Februar 2004 wurde deshalb die Zusammenarbeit mit dem Filmproduktionsunternehmen Kopelson Entertainment im gegenseitigen Einvernehmen beendet. Die Produktionsanforderungen von Kopelson Entertainment waren nicht mehr in Einklang mit Intertainment zu bringen. In der Vergangenheit haben die beiden Gesellschaften z.B. den Film „Twisted“ mit Ashley Judd, Samuel L. Jackson und Andy Garcia gemeinsam produziert.
Wegen des laufenden Schadensersatzprozesses hat Intertainment beschlossen, die Ergebnisse des abgelaufenen Geschäftsjahres 2003 erst nach der Entscheidung des Gerichtes zu veröffentlichen. In den ersten drei Quartalen 2003 hat das Unternehmen einen Konzernumsatz in Höhe von 4,1 Mio. Euro erwirtschaftet. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum waren es 13,8 Mio. Euro gewesen. Das EBIT lag bei minus 5,5 Mio. Euro (Vj.: minus 4,8 Mio. Euro). Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit lag bei minus 5,8 Mio. Euro nach minus 5,4 Mio. Euro in der Vorjahresperiode. Der Konzernperiodenfehlbetrag beläuft sich auf minus 6,5 Mio. Euro. Ende September 2002 hatte sich ein Fehlbetrag von minus 4,5 Mio. Euro ergeben. Das Ergebnis je Aktie lag bei minus 0,55 Euro (Vj.: minus 0,38 Euro). Zum 30. September 2003 verfügte Intertainment über liquide Mittel in Höhe von 4,3 Mio. Euro.
Fazit:
Nach der Darstellung des Sachverhaltes aus der Sicht von Intertainment ist mit einem positivem Urteil zugunsten des deutschen Filmrechtehändlers zu rechnen. Sollte die Jury sich für die Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten entscheiden, haben die Beklagten die Möglichkeit in Berufung zu gehen, gleiches gilt auch für den Kläger. Nach geltendem amerikanischen Recht muss für die Berufung der 1,5fache Betrag der vorangegangenen Urteilssumme hinterlegt werden. Aufgrund der finanziell angespannten Lage bei Intertainment, kann der Fortbestand der Gesellschaft von einem positivem Gerichtsurteil abhängig sein. Des Weiteren müssen die Beklagten auch finanziell in der Lage sein, etwaige Schadensersatzleistungen zu erbringen. Ein Kauf der Intertainment-Aktie ist zur Zeit als äußerst spekulativ zu betrachten. Risikobewusste Anleger sollten die Unternehmensentwicklung in den nächsten Wochen erst mal beobachten.