Der amerikanische Investor Guy Wyser-Pratte liebt es, Firmenchefs mit kräftigen Worten und gnadenlosen Sanierungsforderungen in die Mangel zu nehmen. Jetzt hat er Deutschland zu seinem bevorzugten Jagdrevier erklärt.
Firmenjäger Wyser-Pratte: "Dann wird's halt unerfreulich"
Kein böses Wort gegen die Deutschen, so viel hat sich der Mann, den sie in den Zeitungen "Rambo" nennen, fest vorgenommen. Kein Satz heute über diese elenden Bürokratenseelen in den Vorstandsetagen, die ihren Job wie Versicherungsvertreter versehen und denen man mal ein bisschen Feuer unter dem Hintern machen muss.
"Ich mag die Deutschen", sagt Guy Wyser-Pratte und wippt vergnügt in dem braunen Ledersessel, den er nur ein wenig nach rechts zu drehen braucht, um auf zwei nervös blinkenden Monitoren zu sehen, was die Börse unten an der Wall Street macht. "Sie sind bereit zuzuhören, sie sind bereit zur Zusammenarbeit." Das ist freundlich gemeint, klingt aber wie eine Drohung.
Es ist ein trüber Regentag in New York, und die Aktienkurse fallen, doch Wyser-Pratte sprüht nahezu vor guter Laune. Gerade ist ihm mal wieder eine dieser Überraschungen gelungen, die er so liebt.
Bei Aktionären beliebt: Wo Wyser-Pratte auftaucht, sausen die Kurse nach oben.
Im November hat er in aller Stille damit begonnen, Aktien des Traditionsunternehmens Babcock-Borsig aufzukaufen, eines ziemlich angeschlagenen Schiffs- und Maschinenbaukonzerns mit Sitz im Ruhrgebiet. Nun hat er den Sack zugemacht. Seit wenigen Tagen gehören ihm 5,01 Prozent der Firmenanteile und damit die Menge, ab der man einer Gesellschaft seinen Besitz mitteilen muss. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich die Aufregung in der Konzernzentrale in Oberhausen vorzustellen.
Denn Wyser-Pratte, 61 Jahre alt, knapp zwei Meter groß und mit der Fitness eines ehemaligen Offiziers des US-Marine-Corps gesegnet, ist kein gewöhnlicher Investor. Er ist das, was man einen Firmenjäger nennt. Sein Interesse gilt ausschließlich Unternehmen, in deren Bilanz der eine oder andere ungehobene Vermögensschatz schlummert und bei denen der Aktienverkauf einen schönen Profit verspricht, wenn die Firma erst einmal ordentlich durchgerüttelt wurde. "Restrukturierung" heißt dafür der entsprechende Terminus in der Sprache von Leuten wie Wyser-Pratte, was in der Regel so viel bedeutet wie: Alles, was kein Geld bringt, wird möglichst umgehend losgeschlagen.
Bei Aktionären ist der Unruhestifter aus New York, der einen hier zu Lande bislang kaum vertretenen Typ von Investor verkörpert, durchaus beliebt. Wo Wyser-Pratte auftaucht, sausen die Kurse nach oben. Als der Amerikaner im Februar vergangenen Jahres erstmals sein Jagdrevier auf Deutschland ausweitete und bei dem Düsseldorfer Mischkonzern Rheinmetall einstieg, verdoppelte sich der Börsenwert des Unternehmens binnen kurzem. Auch die Babcock-Aktie legte gleich kräftig zu, allein bis Ende vergangener Woche um immerhin 20 Prozent.
Für die Vorstände der Firmen hingegen, bei denen sich der in Vichy geborene US-Investor (Vater Franzose, Mutter Österreicherin) einkauft, ist der Mann eine echte Heimsuchung. Kaum ein anderer Firmenjäger kann so unangenehm werden, wenn es darum geht, Druck auf ein Management auszuüben. Einen "in-your-face-style" bescheinigen die US-Wirtschaftsblätter dem Börsenspezialisten, eine selbst nach Wall-Street-Maßstäben ungewöhnlich hohe Aggressivität. Er liest das als Kompliment.
Sein Geschäftsprinzip, erklärt Wyser-Pratte, sei denkbar einfach: Wenn die Konzernführung kooperiert - prima. Wenn sie sich gegen seine Sanierungsvorschläge sperrt, "dann wird es halt für alle Beteiligten ein bisschen unerfreulich", sagt er und grinst. Dann muss er eben ein paar Interviews geben, um den Herren in den Führungsgremien ein wenig auf die Finger zu klopfen, oder bei der jährlichen Hauptversammlung vorbeischauen. Dann ist von einer "Verschwörung" zu Lasten der Aktionäre die Rede und von "Rebellion". "Wacht auf und riecht das Napalm", lautet einer der typischen Sätze, die er gern Richtung Vorstand schleudert.
Rund 500 Millionen Dollar stehen dem Investmentexperten, der lange Zeit sein Geld mit einträglichen, aber langweiligen Arbitrage-Geschäften verdiente, für seine Beutezüge zur Verfügung. An über 40 Unternehmen hat sich seine Firma Wyser-Pratte Management Co., Inc. seit 1992 beteiligt, an 6 hält er derzeit noch Anteile. Dass er dabei stets nur eine Minderheitsbeteiligung erwirbt, in der Regel nicht mehr als maximal zehn Prozent der Anteile, tut seinem Selbstbewusstsein keinen Abbruch. "Meine eigentliche Waffe ist die Meinung der Mitaktionäre", sagt Wyser-Pratte, und der bedient er sich mit zum Teil erstaunlichem Erfolg.
Bei dem britischen Energiekonzern Northern Electric gelang es ihm, einen Aufstand der Anleger anzuzetteln, als die Firmenführung ein lukratives Übernahmeangebot ausschlug - dabei hielt Wyser-Pratte an dem Unternehmen gerade mal ein Prozent. Bei der französischen Schuhhandelskette Groupe André wiederum schubste er mit vereinten Kräften den Vorstandsvorsitzenden aus der Firma, "ein für Frankreich unerhörter und einzigartiger Vorgang", wie sich der US-Investor rühmt.
Nun steht also Babcock-Borsig auf der Liste. Natürlich braucht auch dieses Unternehmen einen "kleinen Schubs". Natürlich ist eine grundlegende "Restrukturierung" nötig.
Details? "Ach, das möchte ich mit Rücksicht auf die Firmenleitung noch nicht so genau ausführen, die Gewerkschaften in Deutschland reagieren immer gleich so panisch."
Gruß
Happy End
spiegel.de
Firmenjäger Wyser-Pratte: "Dann wird's halt unerfreulich"
Kein böses Wort gegen die Deutschen, so viel hat sich der Mann, den sie in den Zeitungen "Rambo" nennen, fest vorgenommen. Kein Satz heute über diese elenden Bürokratenseelen in den Vorstandsetagen, die ihren Job wie Versicherungsvertreter versehen und denen man mal ein bisschen Feuer unter dem Hintern machen muss.
"Ich mag die Deutschen", sagt Guy Wyser-Pratte und wippt vergnügt in dem braunen Ledersessel, den er nur ein wenig nach rechts zu drehen braucht, um auf zwei nervös blinkenden Monitoren zu sehen, was die Börse unten an der Wall Street macht. "Sie sind bereit zuzuhören, sie sind bereit zur Zusammenarbeit." Das ist freundlich gemeint, klingt aber wie eine Drohung.
Es ist ein trüber Regentag in New York, und die Aktienkurse fallen, doch Wyser-Pratte sprüht nahezu vor guter Laune. Gerade ist ihm mal wieder eine dieser Überraschungen gelungen, die er so liebt.
Bei Aktionären beliebt: Wo Wyser-Pratte auftaucht, sausen die Kurse nach oben.
Im November hat er in aller Stille damit begonnen, Aktien des Traditionsunternehmens Babcock-Borsig aufzukaufen, eines ziemlich angeschlagenen Schiffs- und Maschinenbaukonzerns mit Sitz im Ruhrgebiet. Nun hat er den Sack zugemacht. Seit wenigen Tagen gehören ihm 5,01 Prozent der Firmenanteile und damit die Menge, ab der man einer Gesellschaft seinen Besitz mitteilen muss. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich die Aufregung in der Konzernzentrale in Oberhausen vorzustellen.
Denn Wyser-Pratte, 61 Jahre alt, knapp zwei Meter groß und mit der Fitness eines ehemaligen Offiziers des US-Marine-Corps gesegnet, ist kein gewöhnlicher Investor. Er ist das, was man einen Firmenjäger nennt. Sein Interesse gilt ausschließlich Unternehmen, in deren Bilanz der eine oder andere ungehobene Vermögensschatz schlummert und bei denen der Aktienverkauf einen schönen Profit verspricht, wenn die Firma erst einmal ordentlich durchgerüttelt wurde. "Restrukturierung" heißt dafür der entsprechende Terminus in der Sprache von Leuten wie Wyser-Pratte, was in der Regel so viel bedeutet wie: Alles, was kein Geld bringt, wird möglichst umgehend losgeschlagen.
Bei Aktionären ist der Unruhestifter aus New York, der einen hier zu Lande bislang kaum vertretenen Typ von Investor verkörpert, durchaus beliebt. Wo Wyser-Pratte auftaucht, sausen die Kurse nach oben. Als der Amerikaner im Februar vergangenen Jahres erstmals sein Jagdrevier auf Deutschland ausweitete und bei dem Düsseldorfer Mischkonzern Rheinmetall einstieg, verdoppelte sich der Börsenwert des Unternehmens binnen kurzem. Auch die Babcock-Aktie legte gleich kräftig zu, allein bis Ende vergangener Woche um immerhin 20 Prozent.
Für die Vorstände der Firmen hingegen, bei denen sich der in Vichy geborene US-Investor (Vater Franzose, Mutter Österreicherin) einkauft, ist der Mann eine echte Heimsuchung. Kaum ein anderer Firmenjäger kann so unangenehm werden, wenn es darum geht, Druck auf ein Management auszuüben. Einen "in-your-face-style" bescheinigen die US-Wirtschaftsblätter dem Börsenspezialisten, eine selbst nach Wall-Street-Maßstäben ungewöhnlich hohe Aggressivität. Er liest das als Kompliment.
Sein Geschäftsprinzip, erklärt Wyser-Pratte, sei denkbar einfach: Wenn die Konzernführung kooperiert - prima. Wenn sie sich gegen seine Sanierungsvorschläge sperrt, "dann wird es halt für alle Beteiligten ein bisschen unerfreulich", sagt er und grinst. Dann muss er eben ein paar Interviews geben, um den Herren in den Führungsgremien ein wenig auf die Finger zu klopfen, oder bei der jährlichen Hauptversammlung vorbeischauen. Dann ist von einer "Verschwörung" zu Lasten der Aktionäre die Rede und von "Rebellion". "Wacht auf und riecht das Napalm", lautet einer der typischen Sätze, die er gern Richtung Vorstand schleudert.
Rund 500 Millionen Dollar stehen dem Investmentexperten, der lange Zeit sein Geld mit einträglichen, aber langweiligen Arbitrage-Geschäften verdiente, für seine Beutezüge zur Verfügung. An über 40 Unternehmen hat sich seine Firma Wyser-Pratte Management Co., Inc. seit 1992 beteiligt, an 6 hält er derzeit noch Anteile. Dass er dabei stets nur eine Minderheitsbeteiligung erwirbt, in der Regel nicht mehr als maximal zehn Prozent der Anteile, tut seinem Selbstbewusstsein keinen Abbruch. "Meine eigentliche Waffe ist die Meinung der Mitaktionäre", sagt Wyser-Pratte, und der bedient er sich mit zum Teil erstaunlichem Erfolg.
Bei dem britischen Energiekonzern Northern Electric gelang es ihm, einen Aufstand der Anleger anzuzetteln, als die Firmenführung ein lukratives Übernahmeangebot ausschlug - dabei hielt Wyser-Pratte an dem Unternehmen gerade mal ein Prozent. Bei der französischen Schuhhandelskette Groupe André wiederum schubste er mit vereinten Kräften den Vorstandsvorsitzenden aus der Firma, "ein für Frankreich unerhörter und einzigartiger Vorgang", wie sich der US-Investor rühmt.
Nun steht also Babcock-Borsig auf der Liste. Natürlich braucht auch dieses Unternehmen einen "kleinen Schubs". Natürlich ist eine grundlegende "Restrukturierung" nötig.
Details? "Ach, das möchte ich mit Rücksicht auf die Firmenleitung noch nicht so genau ausführen, die Gewerkschaften in Deutschland reagieren immer gleich so panisch."
Gruß
Happy End
spiegel.de