Die strenge Hand der US-Gesundheitsbehörde FDA
Die jüngste Meldung der beiden Unternehmen Novartis und Genentech bezüglich eines neuen Asthmamedikaments zeigt, dass es die US-Gesundheitsbehörde FDA mit den Biotechnologieunternehmen derzeit nicht gut meint. Die Zulassung von Xolair, von den beiden Unternehmen in Partnerschaft entwickelt, wurde von der amerikanischen Behörde mit dem Verweis auf den Bedarf zusätzlicher Daten zurückgewiesen. Xolair sollte in diesem Jahr zugelassen werden, nun ist frühestens im übernächsten Jahr damit zu rechnen.
Auch das Big-Bio-Unternehmen Amgen mitsamt dem Kooperationspartner Praecis traf es im vergangenen Monat. Die FDA forderte für das Prostatakrebsmedikament Plenaxis weitere Testergebnisse an, die nun beigebracht werden müssen. Amgen ist aber auch von den Verzögerungen bei der Begutachtung der Testergebnisse von Aranesp betroffen. Hier lässt die FDA schon einige Zeit auf ein Ergebnis warten. Nach außen hin zumindest scheint es, als ob die US-Zulassungsbehörde bei der Beurteilung neuer Medikamente mit härterer Hand vorgehen würde. So entschied sie sich in diesem Jahr noch bei einigen anderen Wirkstoffen gegen eine Zulassung oder verlangte zusätzliche Testdaten. Abgesehen davon werden auch die Herstellungsprozesse genauer geprüft. Bei Unternehmen, die die Anforderungen nicht erfüllen, kann dies zu erheblichen Problemen führen, wenn die Produktion zumindest vorübergehend eingestellt werden muss.
Auch wenn die Big-Bio-Unternehmen tendenziell weniger von einem negativen Urteil betroffen sind, wie die kleinen Unternehmen, die ihre Hoffnungen oft auf nur ein Produkt setzen, könnte auch ihnen der Gegenwind von Seiten der FDA mittelfristig zusetzen. Denn neue Produkte sind für die großen Unternehmen ebenso wichtig wie für die kleinen. Und vor allem die Verzögerung der Einführung neuer Blockbuster, also von Medikamenten mit Umsätzen jenseits der 1-Milliarde-USD-Grenze, sollte sich als problematisch erweisen. Wenn das Gewinn- und Umsatzwachstum nicht aufrecht erhalten werden kann, stellt sich die Frage, inwieweit sich dies wiederum negativ auf das Bewertungsniveau auswirken wird.
Das erwartete Gewinnwachstum bei Amgen beispielsweise beträgt für dieses Jahr rund 10 Prozent und soll sich im kommenden Geschäftsjahr auf 20 Prozent erhöhen. Je mehr sich die Einführung neuer Medikamente verzögert, um so unwahrscheinlicher wird das Erreichen dieses Ziels. Auch Biogen ist anfällig für Verzögerungen. So gibt es Auseinandersetzungen um die Wirksamkeit des Hauptproduktes Avonex mit der Schweizerischen Serono, welche anführt, dass ihr eigenes Medikament gegen Multiple Sklerose, Rebif, bei weniger Patienten zu Rückfällen führt. Manche Markbeobachter gehen davon aus, dass sich daher der Marktanteil von Avonex, der bei komfortablen 60 Prozent liegt, auf fast die Hälfte reduzieren könnte. Damit würde das Gewinnwachstum im gleichen Zuge in den niedrigen einstelligen Prozentbereich zurückfallen. Bislang wird auf Sicht von fünf Jahren noch ein durchschnittliches Wachstum von rund 16 Prozent erwartet. Dies könnte nur mit Produktneueinführungen kompensiert werden. Doch auch die jüngst vorgelegten Testergebnisse des in Phase III befindlichen Medikaments Amevive gegen Psoriasis (Schuppenflechte) wurden von manchen Beobachtern positiver erwartet.
In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass zumindest Genentech ein hohes Wachstum bei den Produktverkäufen verzeichnen konnte. Die am 11. Juli vorgelegten Zahlen weisen ein Wachstum der Produktumsätze von 33 Prozent und ein Gewinnwachstum von 28 Prozent aus. Auch wenn einige Marktbeobachter von den Zuwächsen bei dem Krebsmedikament Rituxan enttäuscht wurden, so ist die Steigerung um 86 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal auf rund 180 Mio. USD Umsatz doch recht ordentlich.
Ob nun die FDA tatsächlich höhere Anforderungen an die Zulassungsdaten für neue Medikamente stellt oder nicht, kann zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Generell würden bei einer härteren Gangart allerdings einige Unternehmensplanungen korrekturbedürftig werden. Novartis beispielsweise erfuhr in diesem Jahr bereits zwei Ablehnungen von der FDA bei fünf geplanten Produkteinführungen. Es ist schwer zu beurteilen, was für die Unternehmen besser ist doch spricht vieles dafür, dass sie eher vom Ausbau der Pipeline profitieren, als vom Schutz der bestehenden Produkte aufgrund einer strikteren Zulassungspolitik für neue (Konkurrenz-)Produkte.