Für Politiker in Kalifornien ist es ein ökologischer Traum, für die Chefs der Autofirmen ein kostspieliger Graus. Ab 2003 sind die Konzerne gezwungen, im größten US-Bundesstaat Elektro-Autos zu verkaufen. Es sei denn, ihre jetzt eingereichte Klage stoppt das Projekt.
Detroit/Fresno - Das Rangeln um die Umweltschutz-Bestimmungen dauert schon Jahre, langsam aber läuft den Autokonzernen die Zeit davon. Ab 2003, so die gültigen Bestimmungen des "California Air Resource Board" (CARB), müssen die Hersteller Tausende von batteriebetriebenen Wagen anbieten - oder auf das Geschäft in Amerikas lukrativsten Einzelmarkt verzichten. Die Kontroverse kreist um die Frage: Ist die Einführung von Elektro-Autos ein sinnvoller Weg, die Belastung mit Abgas zu reduzieren? Gerade in Kalifornien mit seinen dicht besiedelten Metropolen wie Los Angeles und San Diego ist diese Frage besonders dringlich. Jedes zehnte Auto in den USA wird von einem Kalifornier gekauft.
Die neueste Episode der Auseinandersetzung: DaimlerChrsyslers US-Tochter Chrysler hat gemeinsam mit General Motors zwei Klagen gegen die Umweltbestimmungen eingereicht. Beim US-Bezirksgericht in Fresno klagen die beiden Konzerne nach Bundesrecht. An der Klage sind zahlreiche Autohändler beteiligt. Sie argumentieren, dass ein Einzelstaat wie Kalifornien nicht befugt ist, derartige Regeln über Auto-Antriebe festzusetzen.
Zwei Prozent der Autos ohne Emissionen
Eine zweite Klage wurde beim Oberen Staatsgericht Kaliforniens in Fresno County eingereicht, an ihr ist - neben Autohändlern - auch Isuzu Kalifornien beteiligt. Diese Klage wirft dem Abgas-Gremium juristische Formfehler vor. Die letzte Änderung der Quotenregelung für Elektroautos sei nicht korrekt vollzogen worden.
Im letzten Jahrzehnt hat das Abgas-Aufsichtsgremium angesichts massiver Lobby-Bemühungen der Autokonzerne seine Bestimmungen mehrfach gelockert, gleichwohl gehen sie den Autoherstellern zu weit. Ab 2003 dürfen zwei Prozent der in Kalifornien verkauften Autos keinerlei Auspuff-Emissionen mehr abgeben, weitere acht Prozent der Wagen müssen extrem abgasarm fahren. Der Plan, bekannt als "Zero-Emission Vehicle Mandate" (ZEVM), würde die Konzerne verpflichten, schon 2003 Tausende Batterie-Autos zu verkaufen.
Hunderte Millionen Dollar Kosten
Bereits im Februar letzten Jahres war General Motors, damals als einziger unter den "großen Drei", gegen die Regularien vor Gericht gezogen. Diese Klage wurde aber aus formalen Gründen abgewiesen. Die damalige Argumentation: Kalifornien verstoße gegen den Grundsatz, dass staatliche Bestimmungen vernünftig und angemessen sein müssten. Die Zwangseinführung von Batterie-Autos aber würde die Abgasmengen nur minimal reduzieren, so die These - bei den Autokonzernen aber Hunderte Millionen Dollar Kosten verursachen.
Um die Regulierungen zu erfüllen, klagte GM damals, müssten die Autobauer Tausende Mini-Autos produzieren, die aussähen wie Golf-Wägelchen. Sie könnten die öffentlichen Straßen verstopfen und zu Sicherheitsproblemen führen. Der Vorsitzende des "Air Resource Board" sagte seinerzeit: "Ich bin sehr enttäuscht, dass GM seine Zukunft in die Hände von Anwälten legt, nicht in die Hände von Entwicklungsingenieuren."
Kapitulation vor der Industrie?
Auffällig ist, dass Ford, der zweitgrößte Autokonzern der USA und der Welt, auf der Klägerliste fehlt. Die offizielle Linie bei dem Unternehmen lautet, dass sich die Quoten für Elektro-Autos zumindest in den ersten Jahren erfüllen ließen. Vielleicht will Ford auch einfach Negativ-Publicity vermeiden - und vertraut darauf, dass seine Lobbyisten die Bestimmungen rechtzeitig stoppen oder aufweichen.
Die Autofirmen fürchten, dass das ZEV-Mandat in Kalifornien einen Präzedenzfall schaffen und andere US-Bundesstaaten zum Nachahmen veranlassen wird. Die staatlichen Aufsichtskomitees im Staat New York und in Massachusetts planten lange Zeit, die kalifornischen Bestimmungen zeitgleich zu übernehmen.
Im Herbst teilten die zuständigen Gremien in den zwei Staaten aber mit, sie wollten die kalifornischen Bestimmungen voraussichtlich erst 2007 umsetzen. Umweltschützer warfen den Politikern in damals vor, sie seinen "umgefallen" und hätten vor der Autoindustrie kapituliert.
Strom-Zapfsäulen in Kalifornien
Die Industrie steht den Batterie-Autos überwiegend skeptisch gegenüber. Statt dessen fördert sie Hybrid-Modelle wie den Honda Insight und Toyota Prius, die zwar sehr emissionsarm sind, aber immer noch fossile Brennstoffe verbrennen. Wenn mehrere Staaten gleichzeitig die Einführung von Batterie-Autos fordern, könnte deren Produktion profitabler werden. Nur der kleine, neuenglische Staat Vermont beabsichtigte noch, sich den kalifornischen Regeln gleichzeitig anzuschließen.
Inzwischen haben die Staatsregierungen in New York und Massachusetts ihr Votum leicht modifiiziert und beschlossen, dass ab 2004 ähnliche Bestimmungen gelten sollten wie in Kalifornien. Damit wären zwanzig Prozent des US-Automarkts von den neuen Abgas-Bestimmungen betroffen.
Futuristische Zweisitzer
Selbst das kalifornische Abgas-Kontrollgremium, das strikteste in den gesamten USA, erklärt das Zögern der Ostküsten-Staaten für sinnvoll. In New York und Massachusetts fehle bisher eine Infrastruktur für Elektro-Autos. Sie ist in Kalifornien nach jahrelangen Diskussionen über die Energie sparenden Fahrzeuge unübertroffen. Die Bürger werden von Umweltinitiativen und dem Staat seit zehn Jahren regelrecht bombardiert mit Informationen über die Batterie-Wagen. Außerdem gibt es dort eine große Anzahl von Aufladestationen für Elektro-Autos.
Bis zur Klage im Februar sah es so aus, als würde sich General Motors für den Eintritt ins Elektrozeitalter rüsten: Im Jahr 1996 hat der Branchenprimus mit großen PR-Tamtam den futuristischen Zweisitzer EV1 vorgestellt. Im letzten Jahr aber teilte GM mit, das Experiment sei gescheitert: Das Modell finde nicht genügend Käufer, der Markt sei einfach zu klein.
Gruß
Happy End
spiegel.de
Detroit/Fresno - Das Rangeln um die Umweltschutz-Bestimmungen dauert schon Jahre, langsam aber läuft den Autokonzernen die Zeit davon. Ab 2003, so die gültigen Bestimmungen des "California Air Resource Board" (CARB), müssen die Hersteller Tausende von batteriebetriebenen Wagen anbieten - oder auf das Geschäft in Amerikas lukrativsten Einzelmarkt verzichten. Die Kontroverse kreist um die Frage: Ist die Einführung von Elektro-Autos ein sinnvoller Weg, die Belastung mit Abgas zu reduzieren? Gerade in Kalifornien mit seinen dicht besiedelten Metropolen wie Los Angeles und San Diego ist diese Frage besonders dringlich. Jedes zehnte Auto in den USA wird von einem Kalifornier gekauft.
Die neueste Episode der Auseinandersetzung: DaimlerChrsyslers US-Tochter Chrysler hat gemeinsam mit General Motors zwei Klagen gegen die Umweltbestimmungen eingereicht. Beim US-Bezirksgericht in Fresno klagen die beiden Konzerne nach Bundesrecht. An der Klage sind zahlreiche Autohändler beteiligt. Sie argumentieren, dass ein Einzelstaat wie Kalifornien nicht befugt ist, derartige Regeln über Auto-Antriebe festzusetzen.
Zwei Prozent der Autos ohne Emissionen
Eine zweite Klage wurde beim Oberen Staatsgericht Kaliforniens in Fresno County eingereicht, an ihr ist - neben Autohändlern - auch Isuzu Kalifornien beteiligt. Diese Klage wirft dem Abgas-Gremium juristische Formfehler vor. Die letzte Änderung der Quotenregelung für Elektroautos sei nicht korrekt vollzogen worden.
Im letzten Jahrzehnt hat das Abgas-Aufsichtsgremium angesichts massiver Lobby-Bemühungen der Autokonzerne seine Bestimmungen mehrfach gelockert, gleichwohl gehen sie den Autoherstellern zu weit. Ab 2003 dürfen zwei Prozent der in Kalifornien verkauften Autos keinerlei Auspuff-Emissionen mehr abgeben, weitere acht Prozent der Wagen müssen extrem abgasarm fahren. Der Plan, bekannt als "Zero-Emission Vehicle Mandate" (ZEVM), würde die Konzerne verpflichten, schon 2003 Tausende Batterie-Autos zu verkaufen.
Hunderte Millionen Dollar Kosten
Bereits im Februar letzten Jahres war General Motors, damals als einziger unter den "großen Drei", gegen die Regularien vor Gericht gezogen. Diese Klage wurde aber aus formalen Gründen abgewiesen. Die damalige Argumentation: Kalifornien verstoße gegen den Grundsatz, dass staatliche Bestimmungen vernünftig und angemessen sein müssten. Die Zwangseinführung von Batterie-Autos aber würde die Abgasmengen nur minimal reduzieren, so die These - bei den Autokonzernen aber Hunderte Millionen Dollar Kosten verursachen.
Um die Regulierungen zu erfüllen, klagte GM damals, müssten die Autobauer Tausende Mini-Autos produzieren, die aussähen wie Golf-Wägelchen. Sie könnten die öffentlichen Straßen verstopfen und zu Sicherheitsproblemen führen. Der Vorsitzende des "Air Resource Board" sagte seinerzeit: "Ich bin sehr enttäuscht, dass GM seine Zukunft in die Hände von Anwälten legt, nicht in die Hände von Entwicklungsingenieuren."
Kapitulation vor der Industrie?
Auffällig ist, dass Ford, der zweitgrößte Autokonzern der USA und der Welt, auf der Klägerliste fehlt. Die offizielle Linie bei dem Unternehmen lautet, dass sich die Quoten für Elektro-Autos zumindest in den ersten Jahren erfüllen ließen. Vielleicht will Ford auch einfach Negativ-Publicity vermeiden - und vertraut darauf, dass seine Lobbyisten die Bestimmungen rechtzeitig stoppen oder aufweichen.
Die Autofirmen fürchten, dass das ZEV-Mandat in Kalifornien einen Präzedenzfall schaffen und andere US-Bundesstaaten zum Nachahmen veranlassen wird. Die staatlichen Aufsichtskomitees im Staat New York und in Massachusetts planten lange Zeit, die kalifornischen Bestimmungen zeitgleich zu übernehmen.
Im Herbst teilten die zuständigen Gremien in den zwei Staaten aber mit, sie wollten die kalifornischen Bestimmungen voraussichtlich erst 2007 umsetzen. Umweltschützer warfen den Politikern in damals vor, sie seinen "umgefallen" und hätten vor der Autoindustrie kapituliert.
Strom-Zapfsäulen in Kalifornien
Die Industrie steht den Batterie-Autos überwiegend skeptisch gegenüber. Statt dessen fördert sie Hybrid-Modelle wie den Honda Insight und Toyota Prius, die zwar sehr emissionsarm sind, aber immer noch fossile Brennstoffe verbrennen. Wenn mehrere Staaten gleichzeitig die Einführung von Batterie-Autos fordern, könnte deren Produktion profitabler werden. Nur der kleine, neuenglische Staat Vermont beabsichtigte noch, sich den kalifornischen Regeln gleichzeitig anzuschließen.
Inzwischen haben die Staatsregierungen in New York und Massachusetts ihr Votum leicht modifiiziert und beschlossen, dass ab 2004 ähnliche Bestimmungen gelten sollten wie in Kalifornien. Damit wären zwanzig Prozent des US-Automarkts von den neuen Abgas-Bestimmungen betroffen.
Futuristische Zweisitzer
Selbst das kalifornische Abgas-Kontrollgremium, das strikteste in den gesamten USA, erklärt das Zögern der Ostküsten-Staaten für sinnvoll. In New York und Massachusetts fehle bisher eine Infrastruktur für Elektro-Autos. Sie ist in Kalifornien nach jahrelangen Diskussionen über die Energie sparenden Fahrzeuge unübertroffen. Die Bürger werden von Umweltinitiativen und dem Staat seit zehn Jahren regelrecht bombardiert mit Informationen über die Batterie-Wagen. Außerdem gibt es dort eine große Anzahl von Aufladestationen für Elektro-Autos.
Bis zur Klage im Februar sah es so aus, als würde sich General Motors für den Eintritt ins Elektrozeitalter rüsten: Im Jahr 1996 hat der Branchenprimus mit großen PR-Tamtam den futuristischen Zweisitzer EV1 vorgestellt. Im letzten Jahr aber teilte GM mit, das Experiment sei gescheitert: Das Modell finde nicht genügend Käufer, der Markt sei einfach zu klein.
Gruß
Happy End
spiegel.de