Guten Morgen!
Mit ein paar Stunden Abstand zur Meldung über die (LEIDER ja nicht erstmalige) Korrektur einer Ergebnisprognose wegen Abschreibungen/Wertminderungen bei einer Beteiligung, stellt sich die Frage danach, ob die Höhe des Abschläge von ungefähr 30% auf den "Vormeldungskurs" gerechtfertigt ist oder ob es sich um eine Überreaktion des Marktes handelt.
Gründe für den Abschlag wären dabei mMn;
1.) Natürlich geht durch diese erneute Gewinnwarnung grade erst mühsam zurückgewonnenes Vertrauen an der Börse wieder verloren. Ein Unternehmen, das einräumen muss, dass aus einem geplanten Ebit von plus 4 Mio Euro nunmehr wohl eher ein Verlust von 8 - 11 Mio Euro wird, hat immer einen schweren Stand. Passiert das wie bei BL häufiger, wird der Markt sicher Probleme haben, in die Prognosesicherheit des Vorstands zu vertrauen.
2.) Es handelt sich bei den angekündigten Abschreibungen/Wertminderungen zwar um einen nicht cashwirksamen Einmalaufwand - dennoch bleiben Folgen auf Bilanz und Ergebnisrechnung zukünftig nicht komplett aus.
a) Man hat, das sieht man den Analysen der Researcher an, in den Folgejahren schon damit gerechnet, dass Daedalic einen positiven Ergebnisbeitrag abliefert. Dieser muss zwar immer deshalb relativiert werden, weil 49% des Ergebnisses unterm Strich dem Minderheitsgesellschafter zustehen. Dennoch werden die Ergebnisschätzungen für die Folgejahre etwas nach unten korrigiert werden müssen, wenn Daedalic keine (nennenswerten) Ergebnisse mehr beisteuert.
Meiner persönlichen Einschätzung nach, wird das EBIT sich gegenüber den bisherigen Analystenprognosen um ca. 1 - 1,5 Mio Euro je Jahr reduzieren. Beim EpS dürften die Auswirkungen geringer sein, da ja nur 51% "ganz unten" ankommen ( ich würde mal so etwa 4-5 Cent erwarten - aber natürlich nur überschlägig und ohne Gewähr!)
b) Natürlich wird durch den Verlust der jetzt angekündigt wird auch das bilanzielle Eigenkapital vermindert. Zuletzt lag das bei 37,5 Mio Euro - ich würde erwarten, dass es am Ende des Geschäftsjahres roundabout 10 Mio Euro niedriger liegen dürfte.
3.) Entfällt nun wohl auch die Möglichkeit, Daedalic zu einem einigermaßen akzeptablen Preis zu veräußern und damit Cash für den Ausbau des Kerngeschäfts zu generieren.
Es ist ja schon nicht gelungen, Daedalic zu verkaufen als das Unternehmen noch einigermaßen hoffnungsfroh in die Zukunft geblickt hat (man darf ja mal daran erinnern, dass der CEO von Daedalic, Herr Fichtelmann, noch vor ein paar Monaten das "ökonomisch erfolgreichste Jahr der Firmengeschichte" prophezeit hatte und man auch wegen dem Erwerb der Lizenz für, soweit ich mich richtig erinnere, gleich vier "Herr der Ringe Spiele" sehr optimistisch in die Zukunft geblickt hat). Ein Verkauf dürfte angesichts der offensichtlichen Schieflage, in der sich Daedalic nun befindet, jedenfalls kaum noch zu akzeptablen Preisen bewerkstelligt werden können.
4.) Bleibt derzeit ungewiss, ob und wie es mit Daedalic wirklich weitergeht. Als außenstehender Aktionär des "Mutterkonzerns" ist es selbstverständlich ungemein schwer, abzuschätzen, was da passieren könnte.
Fakt scheint aber wohl zu sein, dass in Hamburg das Geld ausgeht, weil man ein Spiel, das man sehr lange und kostenintensiv entwickelt hat, mangels Nachfrage nicht auf den Markt bringen wird, wodurch geplante Einnahmen entfallen. Ob es sich "nur" um das bewusste Spiel handelt oder ob auch andere Spiele schlechter laufen als erwartet und auch dafür dann Abschreibungen vorgenommen werden müssen, weiß ich nicht. Genauso weiß ich nicht, ob (Teile der) Lizenzvergütung für die Herr der Ringe Spiele schon geflossen sind.
Ein worst-case-scenario wäre sicher die Insolvenz der Daedalic (NICHT von Bastei Lübbe) wegen Zahlungsunfähigkeit. Dann müsste BL wohl noch weitere Abschreibungen vornehmen. Das würde den Konzernverlust für das laufende Jahr wohl noch ausweiten. Das laufende Jahr ist eh schon verdorben und ob man am Ende nun 8 oder 12 oder 15 Mio Euro Verlust ausweist, ist dann fast schon egal.
Eine derartige Lösung hätte mMn den Vorteil, dass man das Problem Daedalic damit endgültig vom Hals hätte und sich dann tatsächlich ohne jede weitere Einschränkung um das Kerngeschäft kümmern könnte, das ja durchaus gut läuft und Gewinne abwirft. Das Risiko, dass, wie in den letzten Jahren immer wieder Probleme mit irgendwelchen Beteiligungen das Ergebnis verhageln, wäre dann endgültig erledigt. Bastei Lübbe würde zu einer reinen (und dann hoffentlich auch "langweiligen" und soliden) Verlagsaktie .
Dass ich dafür durchaus Sympathien hege, dürfte bekannt sein. Aber man sollte auch an die 90 Angestellten bei Daedalic denken, die in einem solchen Fall ihre Arbeit verlieren würden.
Deshalb wäre mir ein anderes Scenario sicher lieber - ich kann aber nicht abschätzen, wie realistisch das wäre. Am besten wäre es natürlich, wenn der Mitgesellschafter oder ein externer Investor die Anteile von Bastei Lübbe zu einem Preis übernimmt, der mindestens so hoch ist, dass Bastei Lübbe keine weiteren Wertminderungen über die jetzt bekannt gewordenen hinaus mehr vornehmen muss in der Konzernbilanz.
Oder man restrukturiert das Unternehmen so, dass man die (möglicherweise) schon gezahlten (Teile der) Lizenzvergütung für Herr der Ringe zurückerhält (wenigstens teilweise) oder weiterverkauft und damit die eigene Schuldenlast verringert und Daedalic als Publisher (so eine Art Dienstleister für andere Unternehmen) plus kleiner eigener Spieleentwicklung weiterlaufen lässt.
Dadurch würde sich der Einfluss von Daedalic auf die Finanz- und Ergebnislage der Bastei Lübbe selber sicher deutlichst reduzieren lassen, so dass Daedalic sozusagen nur noch "pro forma" als Randbeteiligung in der Bilanz stehen würde. Ich meine, dass Daedalic ja nun nicht auf einen Schlag komplett wertlos sein muss. Es gab ja auch Spiele, die durchaus erfolgreich waren und die einen gewissen Wert darstellen. Die Frage wäre nur, wie viel man dafür am Markt In der Zwangslage, in der sich Daedalic ja eingestandenermaßen befindet, erhalten würde.
In jedem Fall wäre zu wünschen, dass die Grundsatzentscheidung darüber, ob und wie es in dem Unternehmen weitergeht, schnellstmöglich getroffen wird und alle dadurch möglicherweise noch notwendig werdenden Bilanzanpassungen noch für das laufende Geschäftsjahr vorgenommen werden können, damit es nicht im kommenden Jahr weitere Sonderaufwendungen geben muss.
Was mMn dafür spricht, dass der Kursabschlag rein faktenbasiert doch etwas zu hoch ausgefallen ist:
1.) Es handelt sich NICHT um Fehleinschätzungen des Vorstands in Bezug auf das Kerngeschäft! Der Buchbereich, der in sämtlichen strategischen Entscheidungen und Statements des Vorstands als DER ZENTRALE BEREICH der Bastei Lübbe bezeichnet wurde, läuft plangemäß mit schwarzen Zahlen. Insofern muss man auch keine Sorge haben, dass der Vorstand die Möglichkeiten im Kerngeschäft substanziell falsch eingeschätzt hat und daher die Prognosen für die Entwicklung des Kerngeschäfts zu optimistisch waren. Dafür gibt es keinerlei Hinweise!
2.) Bei den Abschreibungen/Wertminderungen handelt es sich um EINMALIGE Aufwendungen, die sich nicht wiederholen. Ja, das hat man auch nach den entsprechenden Gewinnkorrekturen für Oolipo und buchpartner gesagt - aber Daedalic ist nun einmal die letzte Beteiligung, die überhaupt noch da ist.
3.) Durch die nun angekündigten Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte (Firmenwert Daedalic wird auf Null gesetzt, aktivierte Kosten für die Entwicklung von Spielen werden deutlich reduziert), reduzieren sich die bilanziellen Risiken für die Zukunft natürlich erheblich.
4.) Der Vorgang ist nicht cashwirksam, das bedeutet, dass keine Liquidität bei Bastei Lübbe abfließt. Zudem hat der Vorstand deutlich gemacht, dass der Mutterkonzern kein Geld mehr Richtung Daedalic fließen lassen wird - und das dürfte auch für die Restrukturierung der Daedalic gelten! Die unter Herrn Zimmermann wiedergewonnene Liquidität des Unternehmens wird nicht angetastet.
5.) Die Prognosen für die kommenden Geschäftsjahre bleiben im wesentlichen unverändert.
Bastei Lübbe hat ja schon länger klar gemacht, dass man umsatzseitig im Kerngeschäft "Buch und Roman" wachsen will und dort auch entsprechende Investitionen tätigen möchte (sowohl Investitionen in Manuskripte und Autoren als auch in externes Wachstum)! Da die nun gemeldeten Wertminderungen nicht cashwirksam sind, sind die geplanten Investitionen auch nicht gefährdet. Daedalic war in den Augen des Vorstands ja kein Kernbereich des Unternehmens mehr und dementsprechend hat man ja auch, leider erfolglos, den Spieleentwickler zu verkaufen.
Die schlechte Nachricht von letzter Woche betrifft also faktisch einen Randbereich des Unternehmens, der für die strategische Weiterentwicklung des Konzerns nur eine geringe Bedeutung hat.
6.) Schaut man rein auf die Zahlen (bei einer Aktie ja vielleicht auch nicht so falsch), stellt man fest, dass die Misere bei Daedalic im Grunde nur vergleichsweise geringe Auswirkungen auf die Basics der Bastei Lübbe haben dürfte.
Das Eigenkapital je Aktie dürfte auch nach dem nun angekündigten Jahtesverlust noch bei gut 2 Euro liegen - und damit dem derzeitigen Kurs entsprechen. Die Liquiditätslage lässt die angekündigten Investitionen in Kerngeschäft Buch realistisch erscheinen. Die Analysten haben für die nächsten Jahre in Übereinstimmung mit dem Vorstand steigende Gewinne im Kerngeschäft vorhergesagt - eben durch die Steigerung der Investitionen in diesem Bereich.
Der Vorstand hatte für die kommenden Jahre mal eine Prognose von etwa 100 Mio Euro Umsatz bei einer Marge von zwischen 6 und 8% gegeben. Daedalic war dabei mit etwa 10 Mio Euro Umsatz enthalten. Gehen wir mal davon aus, dass man Daedalic "verliert" , würden etwa 90 Mio Euro Umsatz verbleiben. Nimmt man mal die Mitte des Margenziels (das wären dann 7%) würde man rechnerisch auf ein Ebit von 6,3 Mio Euro kommen. Zinsaufwendungen von angenommen 0,8 Mio Euro, verbleiben 5,5 Mio Euro vor Steuern - entsprechend etwa 3,6 Mio Euro Jahresüberschuss. Verteilt auf 13,3 Mio Aktien ergibt sich ein EpS von 28 Cent.
Das ist selbstverständlich eine modellhafte Rechnung, die nur grob überschlägig vorgenommen werden kann. Würde man mit 90 Mio Euro Umsatz und 6% Marge und 1 Mio Euro Zinsaufwand rechnen, käme man auf ein Ebit von 5,4 Mio und einem EpS von 22 Cent, bei einer Marge von 8% würde sich das Ebit auf 7,2 Mio Euro belaufen und das rechnerische EpS auf 31 Cent.
Wie immer man es also berechnet - das Ergebnis aus dem Kernbereich des Verlags - ohne Daedalic - würde selbst am unteren Rand ausreichen, um das KGV (deutlich!!) unter 10 zu rücken. Und das bei einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von etwa 1!
Noch einmal gesagt: Die Meldung von letzter Woche war sicher sehr enttäuschend und dass die Aktie danach auf Tauchfahrt gegangen ist, ist sicher auch berechtigt gewesen.
Die mittel- und langfristigen tatsächlichen Auswirkungen dieser Wertminderungen dürften jedoch weder auf die Strategie der Bastei Lübbe AG noch auf das Zahlenwerk einen derart großen Einfluss haben, dass ein Kursabschlag von etwa 1/3 nachhaltig gerechtfertigt ist. Daedalic ist in die Ergebnisprognosen der Bastei Lübbe ja nicht mit 1/3 der Gesamtzahlen eingegangen sondern stand in den Planungen immer nur für 10-15 % des Umsatzes und Ergebnisses!!!
Insofern besteht mMn schon die Hoffnung, dass sich, wenn sich der Rauch um die Meldung von letzter Woche etwas verzogen hat und erst recht, wenn man eine endgültige Lösung für Daedalic gefunden hat, der Kurs wieder verbessert (insbesondere natürlich dann, wenn man es schafft, das Risiko bei Daedalic zeitnah drastisch zu reduzieren ohne dass noch weitere Abschreibungen auf die Bastei Lübbe zukommen). zeitnah
Bis dass wir dann aber wieder Kurse um die 3 Euro sehen werden, dürfte nun wieder etwas Zeit vergehen. Insofern werfen die offensichtlichen Schwierigkeiten bei Daedalic Bastei Lübbe auf dem eingeschlagenen Weg wohl eher psychologisch (gemeint ist die Sicht der Marktteilnehmer auf das Unternehmen) als zahlentechnisch/faktisch zurück. MMn wäre ein weiterer Abschlag aber nicht gerechtfertigt - aber ich bin ja als betroffener Aktionär auch nicht ganz objektiv - insofern stellt der Beitrag auch nur meine persönliche Meinung dar und keine Aufforderung an die Leser 😉.Leser
Allen einen schönen Sonntag!