Anleger können ihre Kräfte jetzt bündeln

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Anleger können ihre Kräfte jetzt bündeln bammie
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Anleger können ihre Kräfte jetzt bündeln

 
24.10.05 07:50
#1
Private Investoren dürfen ab dem 1. November gemeinsam gegen Anlagebetrüger klagen

von Christine Hunger

Die Fonds heißen Falk, IBV Deutschland oder Phoenix - und eigentlich sollten sie den Anlegern als Grundlage für die Altersvorsorge dienen. Doch statt dessen brachten sie das finanzielle Fiasko. Viele Investoren stehen jetzt vor einem Scherbenhaufen und wissen nicht, wie und ob sie jemals wieder an ihr Geld kommen.

Doch es gibt wieder Hoffnung: Geprellten Anlegern kommt ein neues Gesetz zugute. Am 1. November tritt das Gesetz über das Kapitalanleger-Musterverfahren (KapMuG) in Kraft. Danach können sich Anleger zusammentun und gemeinsam klagen. Der Vorteil: Dieses Vorgehen spart Mühe und vor allem viel Geld. Ein solches Musterverfahren kann von jedem Kläger beantragt werden, der Schadenersatz wegen falscher Kapitalmarkt-Informationen beansprucht. Sein Antrag wird im Klageregister des elektronischen Bundesanzeigers veröffentlicht. Innerhalb von vier Monaten müssen dann neun weitere Anträge mit gleicher Zielsetzung eingehen, um das Verfahren auszulösen. Das Gericht bestimmt dann einen Musterkläger. Die anderen Anleger wirken als Beigeladene mit, sofern sie es wollen. Das Urteil bindet schließlich alle. Geht der Prozeß verloren, werden die Kosten anteilsmäßig auf alle Schultern verteilt.

Aktuell gibt es noch keine laufenden Musterprozesse. Doch bei vielen Verfahren wird die Anwendung des KapMuG diskutiert. So auch im Frankfurter Prozeß um die Millionenklagen enttäuschter Kleinanleger gegen die Deutsche Telekom. Die Kläger verlangen Geld von dem Ex-Monopolisten für erlittene Kursverluste, weil sie sich von dem Börsenprospekt getäuscht fühlen. Wichtigster Angriffspunkt ist dabei die zu positive Bewertung der Immobilien. "Aber auch in Sachen IBV-Deutschland-Fonds kann eine Musterklage relevant werden", sagt Anlegeranwalt Wilhelm Schirp. Seine Kanzlei prüft gerade, ob das Gesetz auf den Fall anwendbar ist.

Doch nicht nur die jüngsten Fälle, in denen Anleger Schadenersatz wegen falscher Kapitalmarkt-Informationen beanspruchen, können auf eine finanzielle Rehabilitation hoffen. Die verbreitete Meinung, daß sämtliche Ansprüche nach drei Jahren erlöschen, ist nur die halbe Wahrheit. Fakt ist: Seit dem 1. Januar 2002 gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren, wenn Anleger falsch beraten wurden. Unter diese Regelung fallen etwa Immobilien, geschlossene Fonds und Beteiligungen. "Gerechnet wird diese Frist aber erst in dem Jahr in dem der Anleger von der Falschberatung Kenntnis erlangt hat", erläutert der Münchener Kapitalanlagerechtler Wilhelm Lachmair. "Dieser Zeitpunkt kann durchaus Jahre nach Abschluß des Vertrages sein." Anders verhält sich der Fall bei einer Falschberatung durch ein Bankinstitut beim Handel mit Wertpapieren wie etwa Aktien oder Optionsscheine. Hier gelten strengere Verjährungsregeln. Seit dem 1. April 1989 verjähren Schadenersatzansprüche in diesen Fällen bereits drei Jahre nach dem Zeitpunkt des Kaufs der Wertpapiere (BGH, Az. XI ZR 170/04). Im Fall der IBV-Fonds laufen einige Verjährungsfristen zum Ende des Jahres ab, erklärt Anwalt Schirp. Die Chancen der Investoren, etwas von ihrem Geld wiederzusehen, stehen zumindest in diesem Fall gar nicht schlecht. Denn das Land Berlin hat sich bereit erklärt, marode Anteile aufzukaufen. Auch wenn der Fonds selbst insolvent ist müssen nicht alle Ansprüche verloren sein. Insbesondere wenn es sich um sogenannte finanzierte Investitionen handelt (siehe Infokasten). "Wichtig ist in diesen Fällen die Beantwortung der Frage, ob ein für eine nahezu wertlose Kapitalanlage aufgenommenes Darlehen an die finanzierende Bank zurückgezahlt werden muß", sagt der Würzburger Anwalt Ulrich N. Bildl. Einen Anspruch gegen ein Kreditinstitut kann man zum Beispiel dann geltend machen, wenn es sich bei Fondsanteil und Darlehen um ein sogenanntes "verbundenes Geschäft" handelt. Dieses liegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) dann vor, wenn sich Fondsgesellschaft und Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (BGH, Az. II ZR 373/00, Urt. v. 28.06.2004). "In einigen Fällen kann man dann einen Widerruf des Darlehensvertrags nach dem Haustürwiderrufsgesetz prüfen" sagt Jurist Bildl. Nämlich dann, wenn die Vertragsanbahnung in der Wohnung des Anlegers entstanden ist. Dies hätte zur Folge, daß das Geschäft rückabgewickelt wird. Der Sparer kommt dann in den Fällen der finanzierten Immobilienfonds von den Darlehensverpflichtungen wieder frei.

Artikel erschienen am Mo, 24. Oktober 2005, welt.de
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Das eigene Betrugsspiel selbst gespielt

 
#2
Bei der zusammengebrochenen Phoenix Kapitaldienst haben die Initiatoren neuen Vermutungen zufolge ihr eigenes Spiel gespielt.

Durch einen raffinierten Kniff haben sie sich offenbar selbst an dem Kapitalanlagebetrug beteiligt, der einen Schaden von schätzungsweise 500 bis 840 Millionen Euro verursacht hat.

50 Millionen Euro Verlust

Phoenix hatte seinen Kunden von 1992 an Spekulationen auf den Terminmärkten angeboten. Und weil es gemeinsam viel praktischer ist, wurden die Gelder im Rahmen eines speziellen Produkts, dem „Phoenix Managed Account”, auf einem Sammelkonto angelegt.

Doch bald stellten die Initiatoren fest, daß man auf den Terminmärkten auch Geld verlieren kann, viel Geld sogar. 50 Millionen Euro Verlust hatte Phoenix in fünf Jahren, zwischen 1993 und Juli 1998, mit fehlgeschlagenen Spekulationen erlitten.

Phantastische Phantasierenditen

Da dachte man sich bei Phoenix offenbar, daß es besser ist, das Geld der Kunden lieber nicht zu investieren, sondern es gleich zu behalten. Größere Beträge fand Insolvenzverwalter Frank Schmitt von der Rechtsanwaltskanzlei Schultze & Braun auf Konten bei der Frankfurter Sparkasse.

Das sollte die an diesem Betrug Beteiligten aber nicht daran hindern, phantastische Phantasierenditen auszuweisen:

In einem Jahr waren es 20,8 Prozent, dann 17 Prozent oder auch mal nur 13,2 Prozent. „Spätestens ab 1994 waren die Nettorenditen frei erfunden”, sagte Schmitt auf der Gläubigerversammlung Anfang Oktober.

Wegen Wissensvorsprung Geld abgezogen

Doch warum sollen eigentlich nur die Kunden diese hohen Renditen gutgeschrieben bekommen, fragten sich den Mutmaßungen der Ermittler zufolge einige Beteiligte im Umfeld von Phoenix Kapitaldienst - und haben selbst auf das „Phoenix Managed Account” eingezahlt.

Auf diese Weise haben auch sie von den fiktiven Traumrenditen profitiert. Doch im Unterschied zu den übrigen 31.000 Anlegern, die ahnungslos ihre Spargroschen bei Phoenix angelegt hatten, nutzten die Phoenix-Insider ihren Wissensvorsprung und konnten vermutlich einen großen Teil ihres Geldes abziehen - erhöht um die stattlichen Scheingewinne, die bei Auszahlung real wurden.

Und das war im Vergleich zu den übrigen Anlegern der entscheidende Unterschied.

Die wahre Identität der Konten-Inhaber

Bisher ist dieses Szenario eine Mutmaßung der Ermittler. Dem Anschein nach haben die Profiteure vom Schneeballsystem Phoenix ihre Konten unter Tarnnamen eröffnet. Deshalb geht Insolvenzverwalter Schmitt derzeit die Depotunterlagen durch, um die wahre Identität der Inhaber auffälliger Konten herauszufinden.

Erstaunlicherweise wähnten sich führende Köpfe von Phoenix - etwa der Chefhändler Michael Milde oder die Geschäftsführerin Elvira Ruhrauf - bis zuletzt in Sicherheit. Jedenfalls versuchten sie nicht, sich abzusetzen, sondern konnten im Juni in Untersuchungshaft genommen werden.

Sollten sich die Vermutungen bewahrheiten und die Drahtzieher identifiziert werden, könnte Schmitt unter Umständen weiteres Vermögen für die Insolvenzmasse sichern.

Unterlagen geschreddert

Sicher ist bisher nur, daß Geschäftsführerin Ruhrauf, nachdem der Betrug im März dieses Jahres schon aufgeflogen war, noch Zahlungen an bestimmte Anleger und an gute Bekannte vorgenommen hatte.

Auch wurden zahlreiche Unterlagen auf die Schnelle noch geschreddert, bevor sie in die Hände der Ermittler gelangen konnten. Diese Akten konnten allerdings zum großen Teil wiederhergestellt werden.

Erstaunlich am Fall Phoenix Kapitaldienst ist nicht nur die Dreistigkeit, mit der die Initiatoren vorgegangen sind, sondern auch, daß sie so lange unentdeckt geblieben sind.

Niemandem fielen die Betrügereien auf

Weder der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) noch dem Wirtschaftsprüfer oder dem Sondergutachter, geschweige denn den Börsenhändlern, mit denen Phoenix zusammengearbeitet hatte, sind die Betrügereien aufgefallen.

Für die Abwicklung der Termingeschäfte, die trotz aller Scheingeschäfte in gewissem Umfang stattfanden, wechselte Phoenix 2000 übrigens zum amerikanischen Skandalbroker Recto, der vor kurzem - allerdings aus anderen Gründen - Insolvenz anmelden mußte.

Durch die neue Spur wird die Debatte um die Insolvenz von Phoenix jedenfalls um eine Nuance reicher: Nicht alle Anleger, die ihr Geld rechtzeitig vor dem Zusammenbruch aus der Konstruktion abgezogen haben, hatten einfach nur Glück.

Gewinne in Sicherheit gebracht

Möglicherweise haben einige einfach nur ihren Informationsvorsprung genutzt und ihre Gewinne in Sicherheit gebracht.

So hätten sie sich an den Einzahlungen der anderen Anleger bereichert. Anlegeranwälte hatten kritisiert, daß der Insolvenzverwalter unter Umständen ausbezahlte Scheingewinne zurückfordern wird.

Sollte Schmitt jedoch darauf verzichten, riskiert er, daß solche Großmut in erster Linie einigen geschickten Profiteuren nützt.

Text: F.A.Z.


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