Der Ölpreis zwingt Russland zu einem harten Sparkurs. In Moskau spürt man das kaum. Wohl aber in der Provinz, wo die Fehler der Wirtschaftspolitik sichtbar werden. Eine Reise nach Ischewsk, die Stadt der Waffen.
Unterm Messer von Jewgeni Kusnezow lagen sie fast alle schon, die Mächtigen von Ischewsk. In den Neunzigerjahren wanden sich die Mafiosi mit ihren Schusswunden auf dem Edelstahltisch des Chirurgen. Nun kommen Politiker mit Frakturen, für deren Behandlung sie kurzfristig keinen Termin in der Schweiz bekommen haben.Sogar Russlands Nato-Botschafter Dimitri Rogosin soll hier eingeliefert worden sein, nachdem er sich gegenüber auf dem Schießstand im Keller des Kalaschnikow-Museums in den Fuß geschossen hatte. Da hatte Kusnezow schichtfrei. Der Arzt operiert seit 1985 in der 2. städtischen Klinik von Ischewsk, rund 1200 Kilometer östlich von Moskau.Kusnezow ist stolz darauf, dass ab und zu Prominenz vorbeischaut. Vorteile hat das seiner Klinik keine eingebracht: Der Zerfall zeigt sich beim Näherkommen, dem Hospital fehlt es an allem: Am Eingang qualmt ein Beinamputierter Filterlose, die Stümpfe auf einer Spanplatte mit Rollen fixiert; es fehlt das Geld für den Rollstuhl. Im Innern läuft man über blanken Beton; ab und an fällt der Strom aus wegen der maroden Elektrik aus den Sechzigerjahren. Röntgenapparate gibt es nicht, zwei der drei Endoskope sind wegen fehlender Ersatzteile außer Dienst. Schmerzmittel fehlt, sogar die Wundsalbe wird knapp. Chirurg Kusnezow, ein kleiner Mann mit wachen Augen über buschig-rotem Bart, streckt in seinem stickigen Kabuff die Hand aus: „Willkommen in meiner Klinik der Armen.“Unternehmen sehen kaum Chancen auf WachstumUm den vollständigen Artikel zu lesen, klicken Sie bitte hier.