WASHINGTON (dpa-AFX) - Im Dauerstreit um milliardenschwere Entschädigungsforderungen wegen des vorzeitigen deutschen Atomausstiegs ist die mündliche Verhandlung vor einem Schiedsgericht in Washington beendet worden. Die Anwälte beider Seiten hatten sich zehn Tage lang bis ins Detail über die Frage ausgetauscht, ob dem schwedischen Staatskonzern Vattenfall eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 4,7 Milliarden Euro dafür zustehe. Die Entscheidung des Schiedsgerichtes ist völkerrechtlich bindend. Sie wird nicht vor Mitte 2017 erwartet.
Der Konzern erhebt die Forderung, weil die Kernkraftwerke Krümmel, Brunsbüttel und Brokdorf früher abgeschaltet werden mussten als im Atomkonsens von 2002 zugesichert. Die Bundesregierung und das Land Schleswig Holstein hatten etwa den Siedewasserreaktor in Krümmel im Zuge der Energiewende 2011 als Kraftwerk eingestuft, das sofort abzuschalten sei.
Laut Atomkonsens hätte es aber bis 2020 weiter produzieren dürfen. Allerdings war Krümmel schon seit 2007 nicht mehr am Netz, weil es dort verschiedene technische Probleme gegeben hatte. Ein Kraftwerk der Krümmel-Klasse macht pro Tag eine Million Euro Gewinn.
In dem Verfahren vor dem Schiedsgericht für internationale Investitionsstreitigkeiten (ICSID), das der Weltbank in Washington angegliedert ist, waren schon vor der mündlichen Verhandlung 100 000 Seiten Schriftsätze ausgetauscht worden. Das Bundeswirtschaftsministerium teilte am Freitag mit, dass die Bundesregierung "die Schiedsklage für unzulässig und auch für unbegründet" halte.
Der schwedische Staatskonzern, der in Deutschland zu den vier größten Energieversorgern gehört, verlangt 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz von der Bundesregierung. Dem Unternehmen geht es vor allem um das Kraftwerk in Krümmel (Schleswig-Holstein). "Die Anlage ist wertlos geworden", sagte Vattenfall-Anwalt Ulrich Karpenstein der Deutschen Presse-Agentur in Washington. "Es geht um viel Geld, aber auch um politisches Ansehen", sagte er.
Die Bundesregierung argumentiert, mit dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes habe der Bundestag in völkerrechtlich zulässiger Weise die Laufzeit der in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke zeitlich gestaffelt bis zum Jahre 2022 befristet. Diese Regelung sei willkür- und diskriminierungsfrei zustande gekommen und stehe so im Einklang mit den Investitionsschutzregeln des sogenannten Energiecharta-Vertrags./seb/dm/DP/he
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