Der Plenarsaal im deutschen Bundestag.
Freitag, 10.11.2017 20:22 von | Aufrufe: 234

ROUNDUP: Amtierende Bundesregierung will auf EU-Ebene höheren Wehretat zusagen

Der Plenarsaal im deutschen Bundestag. pixabay.com

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die amtierende Bundesregierung will ungeachtet der noch laufenden Sondierungsgespräche nach der Bundestagswahl ein neues Versprechen zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben abgeben. In einem EU-Dokument, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag in Brüssel unterzeichnen wollen, verpflichtet sich Deutschland, seinen Verteidigungshaushalt "regelmäßig real" zu erhöhen. Das Dokument liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Heikel ist das Vorgehen der Bundesregierung vor allem deswegen, weil sie seit Oktober nur noch geschäftsführend im Amt ist und derzeit die Sondierungsgespräche zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen laufen. Die Grünen standen größeren Erhöhungen der Verteidigungsausgaben bis zuletzt kritisch gegenüber. Die von Union und SPD im Jahr 2016 beschlossene Erhöhung für dieses Jahr lehnten sie im Bundestag beispielsweise als überzogen ab.

Aus der Bundesregierung hieß es am Freitag, dass mit der Unterschrift nur bereits bestehende Pläne und Verpflichtungen bestätigt würden. So wird beispielsweise auf das Zwei-Prozent-Ziel der Nato verweisen. Dieses sieht vor, dass alle Länder darauf "abzielen" sollen, spätestens von 2024 an zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Rüstung und Militär auszugeben. Die EU-Formulierung ist allerdings deutlich härter als Verpflichtung formuliert - auch wenn in ihr die Zielmarke von Zwei-Prozent fehlt.

Das EU-Dokument geht zudem auch deswegen weit, weil sich die Unterzeichner zum "Streben nach beschleunigten politischen Zusagen auf nationaler Ebene" verpflichten - inklusive einer "möglichen Prüfung nationaler Entscheidungsprozeduren". Wie die "Süddeutsche Zeitung" am Freitagabend berichtete, zielt diese Formulierung offenbar auch auf den deutschen Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze der Bundeswehr ab. Dieser ist eine deutsche Besonderheit, die von europäischen Partnern seit Jahren als Unsicherheitsfaktor bei gemeinsamen Vorhaben betrachtet wird.

Von der amtierenden Bundesregierung wird allerdings auch diese Verpflichtung als unproblematisch erachtet. "Nationale verfassungsrechtliche Entscheidungsprozesse bleiben von den Verpflichtungen unberührt", heißt es laut "Süddeutscher Zeitung" von deutscher Seite.

Mit dem EU-Dokument, das neben den zwei genannten noch weitere 18 Verpflichtungen umfasst, wollen die unterzeichnenden Staaten die Grundlage für den Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion legen. Sie soll im Dezember mit einer neuen Kooperation unter dem Titel Ständige strukturierte Zusammenarbeit (Pesco) offiziell gestartet werden.

Über die Ständige strukturierte Zusammenarbeit (Pesco) werden sich interessierte Staaten freiwillig verpflichten können, in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) voranzuschreiten und ausgesuchte Projekte gemeinsam umzusetzen. Das könnten zum Beispiel die Weiterentwicklung der bislang nie eingesetzten EU-Kampftruppe (Battlegroup) oder der Aufbau eines europäischen Sanitätskommandos sein.

Nach jüngsten Angaben aus EU-Kreisen wollen mehr als 20 EU-Staaten mitmachen. Aus politischen Gründen sollen bislang lediglich Großbritannien und Dänemark ganz klar gesagt haben, dass sie nicht dabei sein werden. Dänemark nahm schon bislang nicht an der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik teil und Großbritannien will 2019 aus der EU ausgetreten sein.

Als ein Grund für die zuletzt zügigen Fortschritte beim Aufbau der Verteidigungsunion gilt die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. Der Republikaner fordert von den Europäern ein deutlich stärkeres Engagement in diesem Bereich. Zudem wird auch in der EU die Notwendigkeit gesehen, in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unabhängiger von den USA zu werden.


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Die Möglichkeit, Pesco zu vereinbaren, war bereits 2009 mit dem Lissabon-Vertrag der EU geschaffen worden. Hintergrund war die Erkenntnis, dass das Einstimmigkeitsprinzip in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU immer wieder ehrgeizige Projekte ausbremst oder ganz verhindert./aha/DP/he

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