Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Chefs führender internationaler Organisationen haben bei einem Treffen in Berlin ein Plädoyer für einen offenen internationalen Handel abgegeben. In einer gemeinsamen Erklärung stellten sie sich hinter das derzeitige internationale Handelssystem und traten damit Bestrebungen der US-Regierung entgegen, das regelbasierte multilaterale System zu Gunsten bilateraler Abkommen zu unterlaufen.
"Die enttäuschenden Wachstumszahlen des Welthandels und die Gefahr zunehmend protektionistischer Tendenzen sind für uns ein deutlicher Anreiz, das internationale Handelssystem noch stärker zu unterstützen", betonten Merkel und die Spitzen von Internationalem Währungsfonds (IWF), Weltbank, Welthandelsorganisation (WTO), Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und Internationaler Arbeitsorganisation (ILO).
"Internationaler Handel und offene Märkte sind notwendig, damit Wachstumsimpulse sich global entfalten, globale Wertschöpfungsketten effizient wirken können", stellten sie fest. Der bisher verfolgte gemeinsame Ansatz der internationalen wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit habe sich "als erfolgreich bewährt und bleibt weiterhin notwendig, um globale Herausforderungen anzugehen, neue Standards zu setzen und Wachstumschancen zu verbessern", hoben sie hervor.
WTO-Ministerkonferenz soll Signal setzen
IWF, Weltbank und WTO haben zuvor bereits in einem in Berlin veröffentlichten Bericht die zentrale Rolle der WTO für das internationale Handelssystem unterstrichen. "Ein starkes globales Handelssystem verankert bei der WTO bleibt entscheidend", heißt es darin.
Die US-Regierung hat die Welthandelsorganisation kritisiert, weil sie mit ihrer Politik unfairen Handelspraktiken anderer Länder keinen Einhalt gebiete und verhindere, dass die USA Entschädigungen von diesen Ländern erhielten. Mitte März hatten die USA beim Treffen der G20-Finanzminister in Baden-Baden ein gemeinsames Bekenntnis gegen Handelsprotektionismus verhindert und waren damit auf den einhelligen Widerspruch der übrigen Teilnehmer gestoßen. US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte angeführt, US-Unternehmen würden durch unfaire Praktiken benachteiligt.
Merkel und die internationalen Organisationen betonten aber in ihrer Erklärung, die Zusammenarbeit und Abstimmung im Bereich der Handelspolitik seien "mehr denn je von höchster Wichtigkeit". Deshalb solle die diesjährige WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires "zu konkreten Ergebnissen führen und ein deutliches Signal im Hinblick auf die wichtige Rolle des multilateralen Handelssystems im Welthandel aussenden". Die WTO sei von entscheidender Bedeutung, wenn es darum gehe, neues Wachstum, Beschäftigung und Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen.
Zur Weltwirtschaft hieß es, nach einer Zunahme der weltwirtschaftlichen Aktivitäten um 3,1 Prozent im Jahr 2016 werde für dieses Jahr "eine Belebung" erwartet. In der Eurozone gewinne die wirtschaftliche Erholung an Dynamik, und in den USA dürften die vorgesehenen finanzpolitischen Maßnahmen das Wachstum ankurbeln, erwarteten Bundeskanzlerin Merkel, die Geschäftsführende IWF-Direktorin Christine Lagarde, Weltbank-Präsident Jim Yong Kim, WTO-Generaldirektor Roberto Azevedo, OECD-Generalsekretär Angel Gurria und ILO-Generaldirektor Guy Ryder.
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