Bei Merkels Regierungserklärung geht es vor allem darum, ob der Islam zu Deutschland gehört. Die Zukunft des Landes spielt kaum eine Rolle.
Willy Brandt forderte 1969 in seiner Regierungserklärung: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Helmut Kohl rief 1982 im Bundestag die „geistig moralische Wende“ aus, und Gerhard Schröder verkündete 2003 im Parlament die Agenda 2010.
Von Angela Merkels unzähligen Regierungserklärungen ist so ein Moment deutscher Geschichte nicht bekannt. Auch am Mittwoch bei ihrer ersten Rede als frisch vereidigte Kanzlerin war kein Masterplan für Deutschland oder Ähnliches in diese Richtung zu erkennen.
Die einprägsamsten Sätze in ihrer Kanzlerschaft sagte Merkel nie im Bundestag. „Die Spareinlagen sind sicher“ – im Bundeskanzleramt. „Wir schaffen das“ – in der Bundespressekonferenz. „Das ist nicht mein Land“ – in der CDU-Parteizentrale. Wenn sich Merkel der Nation erklären will, geht sie gerne allein in die Talkshow von Anne Will.
Die Erwartungshaltung an ihre Regierungserklärung war deshalb nicht allzu hoch, auch wenn sich der eine oder andere mehr erwünscht hätte.
Für kurze Aufregung, vor allem im konservativen Lager der Union, dürften Merkels Bemerkungen über die Frage führen, ob der Islam zu Deutschland gehört. Ihr Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte jüngst gesagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Merkel widersprach ihrem Minister und stellte fest, dass der Islam inzwischen ein Teil des Landes geworden sei.
Ob das Seehofer zu einer Änderung seiner Meinung bewegt, darf bezweifelt werden. Der CSU-Vorsitzende hat fest die bayerische Landtagswahl im Herbst dieses Jahres im Blick und fühlt sich angesichts der steigenden Umfragewerte für seine Partei in seinem Kurs bestätigt.
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