Mittwoch, 24.05.2017 10:19 von Sven Weisenhaus | Aufrufe: 845

Ifo-Index: Frühe Warnsignale für den DAX

Der Ifo-Geschäftsklima-Index stieg mit einem Wert von 114,6 Punkten auf einen neues Allzeithoch (Vormonatswert: 113,0 Punkte). Analysten hatten lediglich mit einem leichten Anstieg auf 113,1 Zählern gerechnet. Die Stimmung unter den Unternehmen ist damit so gut wie nie zuvor. Zuletzt hatte der Ifo-Index zwischen Oktober 2010 und Juli 2011 auf einem Niveau um 113 Punkte und höher notiert. Sein bisheriges Allzeithoch markierte er dabei im Dezember 2010 bei 114,4 Punkten. Dazu das langfristige Diagramm des Info-Index:

 

Nur eine Komponente sorgt für ein neues Allzeithoch

Interessant ist, dass der hohe Index-Stand allein durch die Einschätzung der aktuellen Situation getrieben ist. Die Erwartungen hingegen befinden sich noch deutlich unterhalb ihrer Allzeithochs. Sie dümpeln seit mehreren Jahren im Bereich der 100 bis 105er Marke herum.

Das ist ein Hinweis darauf, dass die befragten 7.000 Unternehmensmanager der Euphorie nicht trauen und beständig damit rechnen, dass sich die Lage bald eintrüben könnte. Dieser Aspekt ist deswegen bedeutsam, weil diese Divergenz bei den früheren Allzeithochs (2006/07 und 2010/11) ebenfalls aufgetreten ist. Beide Male kam es danach zu einer Verschärfung bereits existierender Krisen (Finanzkrise, Euro-Schuldenkrise). An den Aktienmärkten löste sich die Situation dann jeweils in einem heftigen Crash auf.

Dazu der Ifo-Index der vergangenen 10 Jahre mit dem DAX im direkten Vergleich:

Die drei Voraussetzungen für eine frühe Warnung

Hier ist zu erkennen, dass die Ifo-Erwartung meistens die frühesten Warnzeichen lieferte.

Diese zeigten sich in den vergangenen zehn Jahre analysiert folgendermaßen:

- Der Ifo-Geschäftsklima-Index (schwarze Linie) muss in den Bereich von 113-115 Punkten vorgedrungen sein und damit eine fast euphorische Stimmung bei den Unternehmen widerspiegeln.

- Die Einschätzung der aktuellen Lage (blaue Linie) musste sich weit von den Erwartungen (grüne Linie) entfernt haben.

- Es muss zu einer deutlich erkennbaren Schwäche bei den Erwartungen kommen (siehe grüne Pfeile), die oft zeitversetzt dazu führt, dass der Index selber fällt, während der DAX noch weiterläuft oder ebenfalls stagniert.

(Anm. d. Red.: Wenn Sie das Bild noch genauer analysieren, ist sogar zu erkennen, dass die Erwartungen auch bei anderen Konsolidierungen oft bereits deutlich vor dem DAX abtauchten.)

Was jetzt nicht passieren darf

Insofern müssen wir auch diese Situation als erstes, sehr frühes Warnsignal einstufen. Bisher liegen aber erst die ersten beiden der oben genannten Voraussetzungen vor. Diese werden bestätigt, wenn die Erwartungen anfangen sollten zu fallen. Vor allem auch dann, wenn gleichzeitig der Gesamtindex zu sinken beginnt, sollte man extrem vorsichtig werden.

Diese beiden wichtigen Punkte sollten Sie beachten

Allerdings, und auch darauf muss hingewiesen sein, sendet dieser Indikator sehr früh, also zum Teil ein bis zwei Jahre vor dem eigentlichen Crash, seine ersten Warnungen, die dann in der weiteren Entwicklung bestätigt werden.

Die hier dargestellten beiden Fälle reichen natürlich nicht aus, um daraus eine statistisch relevante Regel zu erklären.

Doch da ein klarer Zusammenhang zwischen der Stimmung (Sentiment) und der Kursentwicklung der Börsen zu erkennen ist (Stimmung als Kontraindikator), machen diese Signale natürlich grundsätzlich Sinn.

Die “Dreimal-Regel“ als weitere Unterstützung

Aber noch ein weiterer Umstand unterstützt diese These. Folgendes ist allgemein bekannt: Wenn der Ifo-Index nach einer langen ansteigenden Phase drei Mal in Folge fällt, so ist dies ein ernstzunehmendes Indiz für einen konjunkturellen Wendepunkt. Und ein konjunktureller Wendepunkt wird früher oder später auch zu einem schwächeren Dax führen.

Diese „Dreimal-Regel“ ist mittlerweile statistisch belegt: Bei einem „erstmaligem Rückgang des Frühindikators nach einem langen Aufwärtstrend [liegt] die Wahrscheinlichkeit eines oberen Wendepunkts erst bei 10,8% liegt. Bei zwei Signalen hintereinander steigt die Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden konjunkturellen Wendepunkts bereits auf 40,7% und bei drei aufeinander folgenden Signalen auf 74%. Bei vier kontinuierlichen Signalen würde die Wahrscheinlichkeit sogar auf 90% steigen.“ Quelle: www.cesifo-group.de

Fazit

Die für die konjunkturelle Entwicklung, die sich ifo-Geschäftsklima abzeichnet, hat offensichtlich auch Einfluss auf die Entwicklung des DAX. Bei der bekannten Dreimal-Regel zum ifo-Index wird allerdings vernachlässigt, dass die Erwartungskomponente oft weitere, dann meist sogar die allerersten Warnsignale liefert. Damit ist zugleich bestätigt, dass die Unternehmensmanager häufig mit ihren Einschätzungen Recht behalten.

Im Moment sehen wir zwar eine klare Schwäche der Erwartungskomponente, aber noch steigen die Erwartungen, wenn auch nur leicht. Sollte sich das ändern und auch noch der Ifo-Index insgesamt fallen, könnte es schnell ernst werden. Zumal eine größere Konsolidierung der Aktienmärkte insgesamt längst überfällig ist.

Viele Grüße

Ihr

Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)
 


Über den Autor

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Sven Weisenhaus ist Trader und Börsenanalyst. Seine Erfahrungen und Analysen zu den Themen Geldanlage, Börse und Finanzen veröffentlicht er als Redakteur in verschiedenen Publikationen. Er schrieb z.B. über mehrere Jahre einen auf die Elliott-Wellen-Theorie spezialisierten Börsendienst. Seit 2012 veröffentlicht er als Chefanalyst und inzwischen Geschäftsführer einen renommierten Börsennewsletter. Seit einigen Jahren gehört er zum Team von Stockstreet.de und schreibt dort unter anderem die Analysen des „Target-Trend-Spezial“ - einem börsentäglichen Dienst, der unter anderem den DAX nach der Target-Trend-Methode analysiert. Sven Weisenhaus hat auch die Redaktion des bekannten Newsletters "Börse-Intern" übernommen. Für mehr Information: https://www.stockstreet.de/
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