Samstag, 21.01.2017 13:05 von Klaus Stopp | Aufrufe: 364

Geldpolitik am Scheideweg

Die Frage, ob sich die Notenbanken bereits verausgabt haben, kann momentan noch nicht endgültig beantwortet werden. Mit Niedrigzinsen sollte das Wirtschaftswachstum in Schwung gebracht, mit Anleihekäufen durch Notenbanken die Renditen gedrückt sowie die Kreditvergabe befeuert werden. Diese Ziele wurden sicherlich größtenteils erreicht. Aber nun haben sich verschiedene Rahmenbedingungen geändert, was wiederum die Notenbanker zum Umdenken zwingt. Erste Anzeichen von Inflation, sinkende Arbeitslosigkeit, konjunktureller Aufschwung, politscher Widerstand und die Angst vor den negativen Konsequenzen der „Politik des billigen Geldes“ bedeuten, dass die Geldpolitik am Scheideweg steht.

 

 

Obwohl jedem klar denkenden Menschen bewusst sein sollte, dass diese Phase irgendwann kommen würde, haben die Politiker die ihnen eingeräumte Zeit zur Haushaltssanierung nicht entsprechend genutzt. Dies lässt für die kommenden Monate eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen Notenbankern und Politikern erwarten. Einen ersten Vorgeschmack liefert hierbei der Ton zwischen dem neuen US-Präsidenten Donald Trump und der noch ein Jahr unter Vertrag stehenden Fed-Chefin Janet Yellen. Die Bestrebungen der Politiker die Unabhängigkeit der Notenbanken zu beschneiden und sie als verlängerten Arm der Politik zu implementieren, ist allerdings keine US-amerikanische Erfindung, sondern erhält auch in Euroland und Großbritannien entsprechende Unterstützung.

So wird die Bank of England u.a. aufgrund ihrer Entscheidungen, die sie im Anschluss an das Brexit-Votum getroffen hatte, immer wieder kritisiert (Leitzinssenkung und Wiederbelebung QE). Aber auch der deutsche Widerstand gegen die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) lässt die Währungshüter verstärkt auf ihre Unabhängigkeit verweisen. Anscheinend sind die Notenbanker nicht länger gewillt, die Tatenlosigkeit der Politiker zu kaschieren und fordern fiskalische Impulse, um die Geldpolitik als alleinige Konjunkturstütze zu entlasten. In diesem Zusammenhang erscheint das Bestreben des deutschen Finanzministers, Wolfgang Schäuble, den Überschuss aus dem Jahre 2016 in Höhe von 6,2 Mrd. € zum Schuldenabbau zu verwenden, nicht im Sinne der EZB zu sein. Die Mittelverwendung entzweit auch Politiker aller Parteien, obwohl eine Schuldentilgung alternativlos ist, wenn man einen Funken Verantwortungsgefühl gegenüber den nachfolgenden Generationen verspürt. Doch das Wort „Schuldentilgungsplan“ wurde anscheinend noch nicht in alle Sprachen übersetzt.

Über mangelnde Unterstützung seitens ihrer Regierung können sich die japanischen Notenbanker zwar nicht beklagen, aber die bisherigen Konjunkturförderprogramme haben nicht die erhoffte Wirkung erzielt. Somit ist es nicht verwunderlich, dass von einer weiteren Ausweitung der ultralockeren Geldpolitik abgesehen wird. Selbst die Schweizerischen Notenbanker sehen Negativzinsen nur noch als Mittel zur Steuerung des Außenwerts ihrer Heimatwährung an und warnen vor den Folgen der Niedrigzinspolitik.

Einfache Zeiten kommen auf die Notenbanker somit nicht zu, so dass ihr Aufgabengebiet zukünftig wohl um einen Punkt erweitert werden muss: Die Suche nach alternativen Wegen zu wirtschaftlichem Wohlstand.



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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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