Sonntag, 25.02.2018 10:20 von Klaus Stopp | Aufrufe: 214

Finanzplatz London ist auch nach dem Brexit keine Insel der Glückseligen

Manche Aussagen, die nicht mehr ganz neu sind, werden durch Wiederholungen nicht falsch. Dies trifft etwa auf das zu, was nun Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret gegenüber der „Welt“ geäußert hat. Er warnte vor einem Deregulierungswettlauf mit Großbritannien nach dem EU-Austritt des Königreichs. Während sich manche britischen Politiker für den Brexit ja tatsächlich Vorteile im Wettbewerb der Finanzplätze ausrechnen, drängt Dombret auf gemeinsame Regeln, um Risiken im globalen Finanzsystem entgegenzuwirken. „Es gibt keine rein nationalen Finanzsysteme mehr“, macht der Bundesbanker klar. Will heißen, Großbritanniens Finanzsystem kann auch nach dem Brexit keine Insel der Glückseligen sein. Dombret plädiert deshalb dafür, offen für ein von der britischen Bankenlobby vorgeschlagenes Freihandelsabkommen für Bankdienstleistungen zu sein. Ein solches Abkommen, das man zeitaufwändig verhandeln müsste, könnte den Banken - auch nach dem Brexit - grenzüberschreitende Geschäfte erleichtern.

 

 

Die Londoner Bankenvereinigung UK Finance hatte ein solches Freihandelsabkommen für Bankdienstleistungen 2017 vorgeschlagen und angeregt, die Lizenzen der Banken und Finanzdienstleister gegenseitig anzuerkennen. Ferner soll bei der Aufsicht auch nach dem Austritt des Landes am 29. März 2019 weiterhin eng zusammengearbeitet werden. Kurzum: Man würde mit dem Brexit alle bisherigen Abkommen aufkündigen, um anschließend die Regularien auf beiden Seiten so schnell wie möglich wieder anzuerkennen, nur eben nicht unter dem Label EU.

 

 

 

Bisher will die EU-Kommission von einem solchen Ansinnen nichts wissen, weil man den Binnenmarkt nicht aufweichen will. Dombret, der um die Bedeutung des Finanzplatzes London weiß, versucht hier schon mal über die Zeit nach dem eigentlichen Austritt hinauszudenken. Das macht die EZB ohnehin, verlangt sie doch von umzugswilligen Auslandsbanken, ihre konkreten Brexit-Pläne offenzulegen – und zwar bis zum Ende des ersten Halbjahrs 2018. Schließlich brauchen die in London angesiedelten Institute Tochtergesellschaften mit Sitz in einem EU-Staat. Lizenzanträge für ihr Einlagen- und Kreditgeschäft gibt’s eben nur bei der EZB, die seit November 2014 die größten Bankengruppen im Euroraum direkt beaufsichtigt.

 

 

 

Letztendlich weiß auch Brexit-Minister David Davis, dass es London nach dem EU-Austritt nicht einfacher haben wird. Man wolle nicht in eine Welt wie in den düsteren Endzeit-Filmen „Mad Max“ abrutschen, in der es keine Regeln gäbe, sagte er diese Woche. Davis und andere Minister aus London waren auf Werbetour in Europa, um zu versichern, ihr Land sei auch nach dem Brexit ein verlässlicher Partner. Ob man sich konkret näherkommt, wird sich erst in der zweiten Brexit-Verhandlungsrunde zeigen, die im März beginnt. Zumindest bis dahin ist die Angst vor Mad Max noch nicht vom Tisch.



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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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