Donnerstag, 11.01.2018 13:13 von Sven Weisenhaus | Aufrufe: 402

Bezwingt der DAX 2018 die US-Indizes?

Zu Beginn des vergangenen Jahres sah ich noch ein reichliches Restpotential für den Aktienmarkt. So rechnete ich auch damit, dass der DAX ein neues Allzeithoch erreichen würde (siehe „Der DAX hat 2017 noch Potenzial“). Nachdem dieses markiert wurde und das ermittelte (Rest-)Potential zu Neige ging, habe ich recht früh eine defensive Haltung eingenommen. Passend dazu habe ich in der gestrigen Analyse, meiner ersten des neuen Jahres, bereits wieder vor einem schwierigen Jahr für den Aktienmarkt und im Hintergrund der Saisonalität sogar vor einem möglichen Minusjahr im DAX gewarnt.

Medien halten an bullishen Trends fest

Im Gegensatz dazu sind mahnende Worte bei den Medien aktuell eher selten zu hören. Dort liegen die Erwartungen klar auf einer Fortsetzung der Kursanstiege am Aktienmarkt. Und da insbesondere  die US-Indizes bislang kaum Anzeichen von Schwäche von sich geben, ist diese Haltung auch durchaus verständlich. Zumal sich auch der DAX nur weniger als ein Prozent unter seinem Allzeithoch befindet. Habe ich mich also bei meiner Haltung geirrt? Vor allem, da ich im vergangenen Jahr auch immer wieder dazu geraten habe, aus US-Aktien auszusteigen und stattdessen in Euro-Werte zu investieren.

Auf den ersten Blick liegen die US-Indizes klar vorne

Mit Blick auf die Jahresperformance der einzelnen Indizes könnte man zunächst durchaus zu dem Schluss gelangen, dass sich mein Tipp als falsch herausgestellt hat. Denn während der DAX in 2017 nur um 12,6 % zugelegt hat (siehe dunkelblaue Linie im folgenden Chart), stiegen die Kurse der wichtigsten US-amerikanischen Indizes mit 19 % (S&P 500, grün), 25 % (Dow Jones, rot) und rund 30 % (NASDAQ 100, hellblau) teils deutlich kräftiger an.

Vergleich der Aktienindizes 2017

(erstellt mit: ariva.de)

Hierbei darf aber nicht vergessen werden, die Wechselkursveränderung mit einzukalkulieren, wenn man aus dem Euro-Raum heraus anlegt. Schließlich müssen die in US-Dollar erzielten Gewinne zum Schluss noch in Euro abgerechnet werden. Und der Euro hat gegenüber dem US-Dollar im gleichen Zeitraum um 14 % aufgewertet.

EUR/USD - Kursentwicklung 2017

(erstellt mit: ariva.de)

Deshalb bleiben von den Kursgewinnen aus dem Nasdaq100 nur (30 % - 14 % =) 16 % übrig. Und beim Dow Jones und S&P 500 sind es wechselkursbereinigt sogar nur noch 11 % bzw. 5 %.

Die Dividenden in der Betrachtung

Ganz korrekt ist der Performancevergleich der Aktienindizes dann aber immer noch nicht. So fließen in den DAX als Performance-Index die Dividenden ein, während dies bei den US-Indizes (Kursindex) nicht passiert. Rechnet man die Dividenden heraus bleibt nur ein Zuwachs von ca. 9,6 % übrig. Macht man es andersherum und fügt die von US-Unternehmen ausgeschütteten Dividenden zu den US-Indizes hinzu, beträgt das Wachstum beim Dow Jones 28 % und beim S&P 500 knapp 22 %. Die Performance in Euro würde sich dann auf 14 % bzw. 8 % verbessern.

Euro-Werte haben weiterhin den Vorzug

Insgesamt hätten die Euro-Anleger aber auch bei diesem Vergleich mit einer Bevorzugung des DAX keinen Fehler begangen. Natürlich kann man darüber streiten, inwiefern meine Kernaussage in 2017 am Ende zutreffend war. Am Ende ging es aber auch nie um den reinen Performancevergleich. Vielmehr geht es auch darum, die vorhandenen Risiken zu berücksichtigen. Und die US-Indizes sind einfach fundamental, gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), ein ganzes Stück teurer als der DAX, der sogar noch relativ günstig bewertet ist. Dazu noch einmal die Grafik aus der Börse-Intern vom 08.11.2017:

KGV der diversen Aktienindizes

(Grafikquelle: DWSactive)

Dazu kommt, dass die US-Indizes charttechnisch völlig überhitzt sind, während der DAX den vorangegangenen Kursanstieg bereits teilweise durch die seit zwei Monaten anhaltende Konsolidierung verdaut hat.

Und eben jener Bewertungsunterschied im KGV hat sich durch die unterschiedliche Kursentwicklung noch stärker ausgeweitet. Deshalb bevorzuge ich auch weiterhin Investments in DAX-Aktien gegenüber US-Werten. Zumal es meiner Meinung nach sehr gut möglich ist, dass der DAX aufgrund der günstigeren Bewertung die US-Indizes in 2018 schlagen kann, und das sogar ohne Unterstützung des Wechselkurses.

Lieber ohne Wechselkursrisiko

So oder so bieten Investments in Euro-Werte aber auch den Vorteil für Euro-Anleger, dass dadurch das Wechselkursrisiko ausgeschlossen wird. Dies kann sowohl einen erheblich negativen, wie am Beispiel der US-Indizes oben, aber natürlich auch einen sehr positiven Effekt auf die Performance haben. Für den positiven Fall müsste man das Wechselkursrisiko aber korrekt kalkulieren können. Die für viele überraschende Stärke des Euro in 2017 hat aber gezeigt, dass sich dies als äußerst schwierig gestalten dürfte.

Wenn besser nur weniger schlecht bedeutet

Wenn die US-Indizes in eine Korrektur übergehen, wird natürlich dadurch auch der DAX belastet. Entsprechend könnte es am Ende eher darum gehen, dass eine Outperformance des DAX lediglich weniger Verlust bedeutet. Und da ich insbesondere (weiterhin) eine stärkere Korrektur in den US-Indizes erwarte, ist meine defensive Haltung nach wie vor nicht unbegründet.

Halbjahresperformance des DAX bei -0,26 %

Wobei sie auch in 2017 schon durchaus begründet war. Vor allem, wenn man nun nach Ende des Jahres 2017 noch einmal auf den DAX zurückblickt. Bereits in der letzten Börse-Intern des vergangenen Jahres vom 22. Dezember schrieb ich, dass der Index seit seinem Zwischenhoch vom 20. Juni bei 12.951,54 Punkten kaum weiter angestiegen ist. Zum Zeitpunkt dieser Aussage notierte der Index bei 13.080 Punkten, womit der Gewinn eines halben Jahres bereits nur mit einem Plus von 1 % zu Buche stand. Der Jahresschlusskurs des DAX lag mit 12.917,64 Punkten sogar unterhalb des Juni-Hochs, womit sich die „Halbjahresperformance“ sogar nur auf -0,26 % reduzierte.

Derjenige, der nur das zum Jahresbeginn angekündigte Restpotential des DAX bis zum neuen Allzeithoch vom 20. Juni 2017 eingesackt und sich anschließend aus dem Aktienmarkt herausgehalten hat. Dem blieb das wilde Auf und Ab bis zum Jahresende erspart und darf sich wahrscheinlich über einige graue Haare weniger freuen.

So könnte der DAX 2018 verlaufen

Ob ich Sie auch dieses Jahr erfolgreich durch das Auf und Ab an den Märkten leiten kann, wird die Zeit zeigen müssen. Aktuell rechne ich mit dem durchschnittlichen Verlauf eines Zwischenwahljahres (siehe gestrige Ausgabe) als realistisches Szenario in 2018 - auch für den DAX. Dieser durchschnittliche Kursverlauf würde sogar perfekt zu dem Elliott-Wellen-Szenario passen, welches uns das gesamte letzte Jahr über beistand und an das sich der DAX aktuell noch richtet.

DAX - Elliott-Wellen-Analyse

Laut diesem Szenario bringt die schwarze Welle 4 den deutschen Leitindex bis in den Bereich von 12.200 bis 11.600 Punkte (roter Pfeil). Anschließend sollte der DAX im weiteren Jahresverlauf im Rahmen der Welle 5 (grüner Pfeil) nur einen Teil dieser Verluste wieder wettmachen und erst in 2019 wieder den Kurs vom 01.01.2018 erreichen. Dies stünde dann auch im Einklang mit dem saisonalen Verlauf.

Die US-Indizes müssen ihren Teil beitragen

Dafür müssten aber die US-Indizes ihren Teil beitragen und in eine Korrektur übergehen, bevor der DAX ein neues Allzeithoch markiert. Denn ein neues Allzeithoch würde zumindest das Elliott-Wellen-Szenario ins Wanken bringen.


Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage

Ihr
Sven Weisenhaus

(Quelle: www.stockstreet.de)


Über den Autor

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Stockstreet GmbH
Sven Weisenhaus ist Trader und Börsenanalyst. Seine Erfahrungen und Analysen zu den Themen Geldanlage, Börse und Finanzen veröffentlicht er als Redakteur in verschiedenen Publikationen. Er schrieb z.B. über mehrere Jahre einen auf die Elliott-Wellen-Theorie spezialisierten Börsendienst. Seit 2012 veröffentlicht er als Chefanalyst und inzwischen Geschäftsführer einen renommierten Börsennewsletter. Seit einigen Jahren gehört er zum Team von Stockstreet.de und schreibt dort unter anderem die Analysen des „Target-Trend-Spezial“ - einem börsentäglichen Dienst, der unter anderem den DAX nach der Target-Trend-Methode analysiert. Sven Weisenhaus hat auch die Redaktion des bekannten Newsletters "Börse-Intern" übernommen. Für mehr Information: https://www.stockstreet.de/
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