Ein Containerschiff läuft einen Hafen an (Symbolbild).
Freitag, 23.03.2018 05:40 von | Aufrufe: 1358

GESAMT-ROUNDUP/US-Zölle: Trump lässt EU vorerst außen vor - Strafpaket für China

Ein Containerschiff läuft einen Hafen an (Symbolbild). © Weerasaksaeku / iStock / getty Images Plus / Getty Images

WASHINGTON (dpa-AFX) - Einlenken in letzter Minute: Wenige Stunden vor Inkrafttreten von erhöhten Einfuhrzöllen auf Stahl und Aluminium haben die USA angekündigt, die Länder der Europäischen Union und weitere Partner vorerst davon zu befreien. Zugleich unterzeichnete US-Präsident Donald Trump am Donnerstag ein Dekret, das vorsieht, den Rivalen China mit milliardenschweren Strafzöllen zu belegen. Die deutsche Wirtschaft begrüßte die Entscheidung für die EU, sieht aber noch viele Fragen offen. China teilte mit, mit Handelsstrafen gegen Washington zu antworten. Geplant sind Zölle im Umfang von 3 Milliarden Dollar (Dollarkurs), wie das Pekinger Handelsministerium am Freitag mitteilte.

Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer sagte vor einem Senatsausschuss mit Blick auf Europa und andere befreundete Staaten in Washington: "Wozu er sich entschieden hat, ist, die Einführung der Zölle in Bezug auf diese Länder auszusetzen." Außer die 28 EU-Staaten betrifft dies auch Südkorea, Argentinien, Australien und Brasilien. Die US-Nachbarn Mexiko und Kanada hatte Trump ohnehin für die Zeit der Nachverhandlungen zum Freihandelsabkommen Nafta ausgenommen.

Der Wirtschaftsberater im Weißen Haus, Peter Navarro, erklärte am Abend (Ortszeit) im Fernsehsender CNN, alle Länder, die von den Zöllen ausgenommen würden, müssten mit Quotierungen ihrer Stahlimporte rechnen. "Wenn man keine Quote verhängt, dann kann jedes Land zum Transitland für jedes andere Land werden", sagte Navarro. Somit könnten die Importe etwa auf dem Niveau von 2017 eingefroren werden.

Trump hatte vor zwei Wochen umfassende Einfuhrzölle auf Stahl von 25 Prozent und auf Aluminium von 10 Prozent verhängt. In der entsprechenden Proklamation hatte es geheißen, sie sollten binnen 15 Tagen in Kraft treten. Dies wäre an diesem Freitag.

Die EU wartet nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel allerdings noch auf eine offizielle Bestätigung der US-Regierung zu der Entscheidung. Man könne "noch nicht abschließend sagen, wie die Entscheidungen jetzt wirklich gelaufen sind", sagte Merkel am frühen Freitagmorgen nach Beratungen des EU-Gipfels in Brüssel. Sollte es doch zu Zollerhebungen gegen die EU kommen, werde die Gemeinschaft antworten. Die EU werde reagieren, wenn sie glaube, dass internationale Handelsregeln verletzt werden.

Wenige Minuten vor dem Inkraftreten der Zölle am frühen Morgen kam dann die offizielle Mitteilung aus dem Weißen Haus. Trump nahm die Länder der Europäischen Union offiziell von den seit Freitag geltenden Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte aus. Die Befreiung auch für die Länder Argentinien, Brasilien, Australien, Südkorea sowie für die US-Nachbarn Mexiko und Kanada sei zunächst bis 1. Mai befristet.

In Berlin sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), man nehme die Ankündigung der US-Regierung "mit Erleichterung" zur Kenntnis. "Denn Protektionismus ist der falsche Weg. Der freie Handel ist eine Grundlage für unseren Wohlstand." Mit Blick auf China kündigte Trump ein Paket an, das Zölle und andere Maßnahmen im Volumen von etwa 60 Milliarden US-Dollar enthalten soll. Trump warf China unfaire Handelspraktiken und den Diebstahl geistigen Eigentums vor. Er sagte, man sei mit China in Verhandlungen, schreite aber in der Zwischenzeit voran.

Das Handelsdefizit mit China werde sich durch die Maßnahmen sofort um 100 Milliarden US-Dollar reduzieren. Die Zeiten seien vorbei, in denen China auf Kosten der USA wirtschafte. Trumps Handelsberater Peter Navarro sagte Reportern, man spreche seit 2003 mit China. "Seither haben sie im Prinzip unsere Technologie völlig ausgeraubt."

China teilte als Reaktion auf die US-Pläne mit, auf US-Schweinefleisch könnte ein Einfuhrzoll in Höhe von 25 Prozent erhoben werden. Für Stahlrohre, Früchte und Wein wurden Zölle in Höhe von 15 Prozent ins Spiel gebracht. Das Handelsministerium rief die USA dazu auf, den Handelskonflikt noch durch Gespräche zu lösen, um "einen Schaden für die gegenseitigen Beziehungen zu verhindern".


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Die parteinahe chinesische Zeitung "China Daily" hatte schon vor Trumps Ankündigung den Rest der Welt dazu aufgefordert, gegen die USA zusammenzustehen: "Da die Vereinigten Staaten ihren Kurs nicht zu korrigieren scheinen, sollten andere Länder aufhören zu hoffen, dass ihnen protektionistische Schüsse (durch die USA) erspart bleiben."

Der Präsident des Europaparlaments begrüßte in Brüssel beim EU-Gipfel die Nachricht aus Washington. "Sollte dies offiziell bestätigt werden, dann ist das sicher eine Nachricht, die in die richtige Richtung geht", sagte Antonio Tajani. Europa stelle keine Gefahr für die USA dar. Das Problem der Überkapazitäten auf dem internationalen Stahlmarkt wurzele in China.

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft reagierten erleichtert. "Das ist eine gute Nachricht für den transatlantischen Handel: Sowohl für den Wirtschaftsstandort Deutschland als auch für die USA", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Strafzölle hätten der deutschen Wirtschaft erhebliche Absatzeinbußen beschert und keinem einzigen Unternehmen geholfen, weder diesseits noch jenseits des Atlantiks.

"Uns fällt ein großer Stein vom Herzen", sagte auch der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann. Das Ausnehmen der EU von den "unsinnigen" US-Strafzöllen sei ein Sieg der Vernunft, zumindest vorläufig.

Der US-Präsident und sein Handelsminister Wilbur Ross hatten für die Strafzölle die nationale Sicherheit angeführt - für Europa ein Scheinargument. Es gehe vielmehr um die Auslastung der US-Stahlwerke. Laut Ross arbeitet die US-Stahl- und Aluminiumindustrie deutlich unter ihrem Kapazitätslimit. Die Maßnahmen sollen die Werke auf einen Auslastungsgrad von 80 Prozent hochfahren.

Allerdings hatten zahlreiche andere Branchen Bedenken angemeldet. Sie befürchten, durch Vergeltungsmaßnahmen aus dem Ausland getroffen zu werden. So profitieren etwa die Hersteller von Getränkedosen derzeit von billigem Import-Aluminium./dm/hma/ki/sk/DP/zb

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