Willy-Brandt-Platz in Frankfurt (Main) mit der EZB im Hintergrund
Donnerstag, 27.04.2017 17:23 von | Aufrufe: 983

GESAMT-ROUNDUP: EZB hält trotz soliden Wachstums Geldpolitik locker

Willy-Brandt-Platz in Frankfurt (Main) mit der EZB im Hintergrund ©pixabay.com

(neu: Analysten-Stimmen im 5. und 6. Absatz.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) zeigt nach wie vor keine große Neigung, von ihrer lockeren Geldpolitik abzurücken. Zwar gab sich EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag nach der Zinssitzung der Notenbank zuversichtlicher für das Wirtschaftswachstum. Die Inflation im Euroraum bezeichnete er aber als gedämpft. Unter dem Strich sei deshalb eine sehr lockere Geldpolitik nach wie vor angezeigt. Vor den Äußerungen Draghis hatte die EZB ihre lockere Geldpolitik mit Nullzinsen und milliardenschweren Anleihekäufen bestätigt.

Entscheidend für den künftigen Kurs der EZB scheint die Kerninflation zu sein, also die Teuerung auf Verbraucherebene ohne schwankungsanfällige Komponenten wie Energie und Nahrungsmittel. Draghi bezeichnete diese als nach wie vor gedämpft. Ein nachhaltiger Aufwärtstrend zeichne sich immer noch nicht ab. Zudem zeigten die jüngsten Schwankungen in der Gesamtinflation, also inklusive Energie und Nahrung, dass vorübergehende Entwicklungen für die Geldpolitik keine große Rolle spielen dürften.

KONJUNKTURELLE ZUVERSICHT

Zuversichtlicher gab sich der Notenbankchef dagegen für das Wirtschaftswachstum. Jüngste Konjunkturdaten deuteten darauf hin, dass die wirtschaftliche Erholung im Euroraum zunehmend solide verlaufe, sagte Draghi. Die Wachstumsrisiken hätten sich insgesamt weiter verringert. Zwar überwiegen aus seiner Sicht die Risiken, allerdings näherten sie sich einem ausgewogenen Zustand an. Draghi nannte die etwas stärkere globale Konjunktur als Grund für die größere Zuversicht.

Eine geldpolitische Wende deutete Draghi dagegen nicht an, im Gegenteil: Sollte es notwendig sein, könne die Geldpolitik weiter gelockert werden, bekräftigte der EZB-Präsident. Dies gelte sowohl für die Anleihekäufe als auch für die Zinspolitik. Entgegen einiger Spekulation vor dem Zinsentscheid, wonach die Notenbank von der Möglichkeit weiterer Zinssenkungen absehen könnte, liegt diese Option weiter auf dem Tisch. Über einen Ausstieg aus den Anleihekäufen habe der geldpolitische Rat nicht diskutiert, sagte Draghi.

EXPERTEN: WENIG NEUES VON DRAGHI

Die meisten Bankvolkswirte konnten an den Entscheidungen der EZB und den Äußerungen Draghis wenig Neues erkennen. Die EZB bewege sich nach wie vor im Schneckentempo auf einen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik zu, resümierte Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding. Er kann sich vorstellen, dass die Notenbank im Herbst eine Reduzierung der Anleihekäufe für Anfang 2018 ankündigt. Im Herbst 2018 dürften die Käufe dann beendet werden. Eine erste Zinsanhebung sieht Schmieding im Frühjahr 2019.

"Das war heute möglicherweise das langweiligste EZB-Treffen der jüngeren Geschichte", meinte Experte Jan Holthusen von der DZ Bank. Es sei hauptsächlich darum gegangen, Fehltritte in der Kommunikation zu vermeiden. "Die EZB scheint vor allem verhindern zu wollen, dass Erwartungen über eine weniger expansive Geldpolitik zu früh aufkommen."


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EZB BESTÄTIGT KURS

Vor dem Presseauftritt Draghis hatte die EZB ihre Nullzinspolitik bestätigt. Auch zahlen Banken nach wie vor eine Art Strafzins für überschüssiges Zentralbankgeld. Ihre Wertpapierkäufe von 60 Milliarden Euro je Monat will die EZB bis mindestens Ende 2017 weiterführen. Dann wird die EZB insgesamt weit über zwei Billionen Euro an Wertpapieren aus dem Euroraum in ihren Büchern haben. Der Hauptgrund für diese seit März 2015 laufende "quantitative Lockerung" war die seinerzeit sehr schwache Inflation, die seither aber etwas angezogen hat.

An den Finanzmärkten geriet der Euro nach den Äußerungen Draghis und Druck. Nach einem zeitweiligen Kursanstieg auf 1,0933 US-Dollar gab er zuletzt auf 1,0860 Dollar (Dollarkurs) nach. An den Anleihemärkten Europas gaben die Renditen bis auf wenige Ausnahmen nach. Die Aktienmärkte reagierten kaum auf die Aussagen Draghis./bgf/jkr/he

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