Flieger von Air Berlin während der Beladung
Donnerstag, 17.08.2017 16:58 von | Aufrufe: 1767

Air Berlin: Antworten auf drei wichtige Fragen

Flieger von Air Berlin während der Beladung - © Meinzahn istock.com

Was ist eine Insolvenz in Eigenverwaltung?
Wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet, zeigt es an, dass es seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber Gläubigern nicht länger erfüllen kann. Hintergrund ist die akute Zahlungsunfähigkeit oder die drohende Illiquidität durch Überschuldung. Ziel des Insolvenzverfahrens nach deutschem Recht ist es, die Zahlungsfähigkeit des Schuldners wieder herzustellen oder das Unternehmen abzuwickeln und die Gläubiger dabei nach einem geordnetem Prozedere soweit wie noch möglich abzufinden.

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung, wie Air Berlin es beantragt hat, ist der Schuldner selbst befugt, die Insolvenzmasse zu verwalten, allerdings nur unter der Aufsicht eines sogenannten Sachwalters. Eine Insolvenz in Eigenverwaltung muss vom Insolvenzgericht anordnet werden. Dies ist im Fall Air Berlin geschehen: Das Amtsgericht Charlottenburg, bei dem Air Berlin den Insolvenzantrag gestellt hat, hat als vorläufigen Sachwalter den Berliner Rechtsanwalt Dr. Lucas F. Flöther bestimmt, der unter anderem auch mit der Insolvenzverwaltung beim Reiseunternehmen Unister betraut ist.

Was passiert mit den Aktien von Air Berlin?
Nachdem Air Berlin Insolvenz beantragt hat, war der Handel mit Papieren von Air Berlin im elektronischen Handelssystem Xetra der Börse Frankfurt zunächst kurzfristig ausgesetzt. Vor Bekanntwerden der Insolvenz kostete die Air Berlin Aktie rund 75 Cent. Als wieder gehandelt wurde, stießen viele Investoren das Papier ab, der Preis brach rapide ein. Am Mittwoch war das Papier zwischenzeitlich nur noch rund 35 Cent wert.

Die Aktionäre sind die Gesellschafter des Unternehmens, stehen also auf Seite des Schuldners. Eine Nachschusspflicht besteht für sie nicht, sie müssen also nicht für die Schulden zusätzlich einstehen. Aber die Aktionäre zählen eben auch nicht zur Gruppe derjenigen, die nach einem Verkauf von Flugrechten, wie er derzeit diskutiert wird, zunächst abgefunden werden könnten. Aktionäre können nicht wie Gläubiger Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Eine Pflicht zur Abfindung von Altaktionären existiert nicht.

Theoretisch wäre es zwar denkbar, dass ein anderes Unternehmen Air Berlin komplett übernimmt. Dann könnten Air Berlin-Aktionäre Anteilsscheine des Retters bekommen, wenn es sich um ein börsennotiertes Unternehmen handelt. In der Praxis dürfte damit kaum zu rechnen sein, weil bei einer kompletten Übernahme auch alle Schulden vom Käufer übernommen werden müssten. Ein seit Jahren defizitäres Unternehmen ist selten als Übernahmeziel interessant. Auch ist nach gegenwärtigen Informationen unwahrscheinlich, dass am Verfahrensende nach einer möglichen Schuldentilgung noch ein Überschuss übrig bleibt, der an Aktionäre ausbezahlt werden könnte.

Haben Inhaber der Air-Berlin-Anleihen bessere Karten?
Die Besitzer von Anleihen, die Air Berlin herausgegeben hat, gehören zu den zahlreichen Gläubigern des Unternehmens. Doch auch sie sollten sich keine allzugroßen Hoffnungen im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren machen. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger sieht die Ansprüche der Inhaber von Anleihen der Air Berlin PLC und der Air Berlin Finance B.V. sogar als gefährdet an. Sie bezieht sich dabei auf Berichte, wonach bereits ein Konzept vorliegen soll, nachdem Lufthansa und Easyjet einen Großteil der Vermögensgegenstände übernehmen könnten.

Die Schutzgemeinschaft kritisiert, dass „nicht erkennbar“ sei, dass die Interessen der Gläubiger ausreichend berücksichtigt worden sind. Ob tatsächlich die Lufthansa weite Teile des Unternehmens bekommt, steht aber in den Sternen. Zum einen könnte das Insolvenzverfahren weitere Interessenten auf den Plan rufen, zum anderen dürften auch die Kartellbehörden mögliche Teilverkäufe mit Argusaugen verfolgen.


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