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Freitag, 21.11.2014 09:49 von | Aufrufe: 2174

Heißer Tanz nach klaren Regeln: So funktionieren klassische Knock-outs

Wirtschaftsnachrichten (Symbolbild). pixabay.com
Wer zu einer Aktie oder einem Index eine klare Kurserwartung hat, kann sich mit Knockout-Produkten entsprechend positionieren. Geht die Spekulation auf, sind überproportionale Renditen der Lohn, geht's schief, ist der Einsatz weg. Das einfache Prinzip hat Knock-outs zur beliebtesten Derivateklasse in Deutschland gemacht. Interessierte sollten erfahren sein im Börsenhandel - und ziemlich risikobereit.

Riskante EntscheidungKiel, 21.11.2014 (ARIVA.DE / es) Fast jeder dritte Euro, den Investoren im Oktober 2014 an den Derivatebörsen in Deutschland ausgegeben haben, wurde laut Deutschem Derivateverband in Knock-out-Produkte investiert, insgesamt knapp 1,4 Milliarden Euro. Knock-outs sind damit derzeit die mit Abstand beliebteste Produktkategorie, nicht nur unter den Hebelprodukten, sondern unter allen angebotenen Derivaten. Sie verzeichnen einen höheren Umsatz als beispielsweise Discount- und Bonuszertifikate zusammen. Und das, obwohl sie äußerst risikobehaftet sind. Oder vielleicht gerade deswegen?

Ob einzelne Aktien, Indizes oder Rohstoffe - mit Knock-outs können private Anleger auf so ziemlich alles spekulieren, was an der Börse gelistet ist. Und zwar sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse, denn Knock-outs gibt es für beide Richtungen. Anleger  erwerben dabei nicht den Basiswert selbst, sondern ein von einer Bank herausgegebenes Finanzprodukt, dessen Rückzahlung vom Kursverlauf des Basiswertes abhängt. Weil sie nur einen Teil dessen aufbringen müssen, was das Direktinvestment kostet, aber nahezu vollständig an der Kursveränderung teilhaben, partizipieren sie überproportional an der Entwicklung des Basiswertes. Ein Beispiel zeigt, wie Knock-outs funktionieren.

Geringer Geldeinsatz
Angenommen, der Basiswert ist eine Aktie, die 80 Euro kostet. Betrachtet wird ein Knock-out, mit dem auf steigende Kurse gesetzt wird („Call“, „Long“ oder „Bull“). Klassische Knock-outs, die oft auch als Turbos bezeichnet werden, haben eine fixe Laufzeit. Der Turbo im Beispiel soll in sechs Monaten fällig werden. Weitere wichtige Merkmale sind die Knock-out-Schwelle und der Basispreis, die bei klassischen Knock-outs auf derselben Höhe liegen.

Der Basispreis (auch „Strike“ oder „Basiskurs“) zeigt an, wie viel der eigentlichen Investitionssumme von der Bank finanziert wird. Der Basispreis wird deshalb oft auch als Finanzierungslevel bezeichnet. Er soll im Beispiel 70 Euro betragen. Statt der 80 Euro für die Aktie muss der Anleger nur die Differenz zwischen Aktienpreis und Basiskurs aufbringen, im Beispiel wären das zehn Euro. Hebelprodukte beziehen sich allerdings nicht auf den kompletten Basiswert, sondern nur auf einen Bruchteil. Deshalb ist das Bezugsverhältnis noch zu beachten. Bei einem angenommenen Bezugsverhältnis von 0,1 müsste der Anleger somit lediglich 10x0,1= 1,00 Euro investieren.

Erhebung der Finanzierungskosten
Für den von ihr finanzierten Teil berechnet die Bank natürlich Zinsen. Sie erhebt diese bei klassischen Knock-outs in Form eines Aufgeldes mit dem Knock-out-Preis. Dabei sollte sich das Aufgeld mit fortschreitender Laufzeit verringern, sofern der Marktzinssatzes unverändert bleibt. Bei Knock-outs ohne Laufzeitbeschränkung geschieht die Berechnung der Finanzierungskosten über eine Anpassung des Basispreises.

Hebelwirkung bei Kursveränderungen
Aus der anteiligen Finanzierung ergibt sich die Hebelwirkung des Knock-outs. Steigt der Kurs der Aktie um acht Euro, vergrößert sich die Differenz zum Basispreis auch um acht Euro. Der Kursanstieg geht zugunsten des Knockouts, der jetzt - Aufgeld außer Acht gelassen - 1,80 Euro kostet (18x0,1). Während die Aktie zehn Prozent zulegt hat, steigt der Kock-out-Kurs aufgrund des Kursanstiegs sogar um 80 Prozent. Anleger sind also überproportional beteiligt, in diesem Beispiel mit einem Hebel von acht.

Knock-out als spezifisches Risiko
Was in die eine Richtung gilt, gilt aber auch in die andere Richtung. Auch Kursverluste wirken sich gehebelt auf den Preis des Knock-outs (Call) aus. Hinzu kommt die Besonderheit, die alle Knock-outs charakterisiert: Sie verfügen über eine Knock-out- Schwelle. Erreicht oder durchbricht der Kurs des Basiswertes diese Schwelle (bei Calls: nach unten, bei Puts: nach oben), dann verfallen klassische Knock-outs umgehend wertlos oder nahezu wertlos. Nahezu deshalb, weil die Emittenten oft doch noch einen minimalen Restwert zurückzahlen. Der Hebel und die Möglichkeit des Verfalls machen Knock-outs zu hoch spekulativen Börsengeschäften.

Geringere Auswirkungen der Vola
Die implizite Volatilität zählt zu den Haupteinflussfaktoren auf den Preis von Optionsscheinen. Sie ist ein Maß dafür, mit welcher Schwankung des Basiswertes die Marktteilnehmer in den kommenden Wochen rechnen. Obwohl Knock-outs wie Optionsscheine zu den Hebelpapieren gerechnet werden, wirkt sich eine Änderung der Volatilität bei ihnen kaum auf den Preis aus.

Lediglich in einer Situation, in der der Basiswert nah an der Knock-out-Schwelle notiert, ist ein stärkerer Einfluss der Vola zu beobachten. Nehmen die Maktteilnehmer an, dass die Schwankung am Markt zunehmen, rechnen sie in diesem Fall auch eher damit, dass der Knock-out verfällt. Sein Preis sollte daher sinken. Geht andersherum die Vola zurück, stützt das den Wert des Knock-outs. Herkömmliche Optionsscheine profitieren hingegen von einer steigenden Vola. Der im Vergleich zu Optionsscheinen geringe Volaeinfluss macht die Preisbildung bei Knock-outs nachvollziehbarer. Dieser Umstand dürfte mit zur Beliebtheit der Papiere bei Tradern beigetragen haben.

Keine Nachschusspflicht
Zwar besteht bei Knock-outs das Risiko, das eingesetzte Geld komplett zu verlieren. Eine Nachschusspflicht besteht aber nicht. Dies unterscheidet Knock-outs von manchen anderen derivaten Finanzprodukten (zum Beispiel Differenzkontrakten), bei denen Verluste über das vom Anleger bereitgestellte Kapital hinausgehen können.

Wie bei fast allen Derivaten ist zu beachten, dass etwaige Rückzahlungen stets von der Liquidität des Emittenten abhängig sind. Neben dem Kursrisiko tragen Käufer von Knock-outs also auch das Risiko, dass der Emittent seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann.

Hebel mit Bedacht wählen, mit Limits arbeiten
Knock-outs spiegeln die Kursbewegung des Basiswertes zwar in transparenter Art und Weise wider. Sie sind aber nur etwas für erfahrene Anleger, die das Marktrisiko einschätzen können und die eine klare Position zum Basiswert haben. Der Kurs des Basiswertes sollte möglichst permanent beobachtet, Börsenzeiten beachtet und der Hebel mit Bedacht gewählt werden. Weil der Hebel nicht statisch ist, sondern mit dem Kurs des Basiswertes zu- oder abnehmen kann, gilt es, die Positionen entsprechend anzupassen. Von den Emittenten werden verschiedene Produktvarianten angeboten, die spezifischen Eigenschaften aufweisen. Der Blick in die Produktinformationen ist unbedingt ratsam, genauso wie das Einsetzen von Limits, um die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung der Knock-out-Schwelle bei einem Papier im Depot zu reduzieren.


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