Steuererklärung
Donnerstag, 30.06.2016 15:13 von | Aufrufe: 27368

Ausländische thesaurierende Fonds: So vermeiden Sie die Doppelbesteuerung

Steuererklärung - © Bartolomiej Pietrzyk Shutterstock.com

Ob für die eigene Altersvorsorge, die Ablösung des Hauskredits oder für die spätere Ausbildung der Kinder: Die Deutschen investieren Jahr für Jahr Milliardenbeträge in Fonds. Zum 30. April belief sich der Bestand der Publikumsfonds laut Deutschem Fondsverband BVI auf rund 870 Milliarden Euro. Als Publikumsfonds werden jene Investmentfonds bezeichnet, die für den Verkauf an Privatanleger bestimmt sind. Allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres erhöhten sich die Mittel (Saldo Bruttozuflüsse minus Bruttoabflüsse) der Publikumsfonds demnach um mehr als 1,7 Milliarden Euro. Die Auswahl ist dabei riesig: Auf dem Börsenportal ARIVA.DE finden Interessierte derzeit Kurs- und Stammdaten für knapp 19.000 in Deutschland angebotene Fonds.

Die Investmentfonds legen das von ihnen verwaltete Vermögen in Wertgegenstände wie Aktien, Anleihen oder Immobilien an. Der Fonds profitiert nicht nur bei möglichen Kursgewinnen, sondern zum Beispiel auch immer dann, wenn auf die ausgewählten Aktien Dividenden gezahlt werden oder bei Rentenpapieren Zinszahlungen anstehen. Je nachdem, was mit den laufenden Erträgen geschieht, unterscheidet man zwischen ausschüttenden und thesaurierenden Fonds. Ausschüttende Fonds zahlen laufende Erträge (meist jährlich oder quartalsweise) an die Eigentümer der Fondsanteile aus. Thesaurierende Fonds legen die laufenden Erträge hingegen neu an. Der Wert dieser Fonds erhöht sich jeweils um die erwirtschafteten Erträge.

Von Dividenden und Zinsen gehen 25 Prozent ab

Erzielt ein Anleger Kapitalerträge, hält der Staat die Hand auf. Das ist bei Fondsanteilen nicht anders als bei der Direktanlage in Aktien oder Rentenpapiere. Zinsen und Dividenden werden hierzulande seit 2009 pauschal mit 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer besteuert (von Freistellungsaufträgen oder einer Verrechnung mit Verlusten sei hier abgesehen). Dabei ist es unerheblich, ob die laufenden Erträge vom Fonds ausgeschüttet oder wieder angelegt werden.

Der Steuerbetrag wird direkt an der Quelle erhoben und ans Finanzamt abführt, so dass der Anleger diese Steuerschuld damit bereits ohne Abgabe der Steuererklärung abgegolten hat. Zumindest in den meisten Fällen, denn eine Ausnahme gibt es: ausländische thesaurierende Fonds. Um später nach möglicherweise jahre- oder jahrzehntelangem Investment nicht böse überrascht zu werden, sollten private Anleger die Besonderheiten kennen, die sich bei der Besteuerung von Anteilen dieser Fonds ergeben. Doch der Reihe nach.

Bei ausschüttenden Fonds erzielt der Anleger das steuerpflichtige Einkommen am Tag der Ausschüttung. Sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Fonds werden die Ausschüttungen auf dem (inländischen) Konto des Anlegers verbucht. Seine Depotbank wird daraufhin tätig und überweist den jeweils fälligen Steuerbetrag an den Fiskus.

Abgeltungssteuer greift bei ausländischen thesaurierenden Fonds nicht

Bei thesaurierenden Fonds gelten die Erträge erst am Jahresende als zugeflossen. Inländische Fonds stellen der deutschen Verwahrstelle die so genannte Steuerliquidität zur Verfügung – Gelder, mit denen die Verwahrstelle die Steuerschuld für die einzelnen Investoren automatisch begleicht. Ausländische Fondsgesellschaften führen hingegen keine Steuern ans deutsche Finanzamt ab. Hier greift die Abgeltungssteuern nicht – und das hat Folgen.

Punkt eins: Anleger sind verpflichtet, laufende Erträge aus ausländischen thesaurierenden Fonds in der Steuererklärung anzugeben. Welche Einnahmen sie erzielt haben, steht in der Bescheinigung, die die Depotbank ausstellt.


ARIVA.DE Börsen-Geflüster

Solange die Fondsanteile weiter gehalten werden, ist die Sache also noch nicht weiter kompliziert. Doch irgendwann will der Investor vielleicht Kasse machen: Er verkauft diese Anteile. Die Depotbank zieht dann 25 Prozent des gesamten Gewinns aus der Transaktion als Abgeltungssteuer ab. Dadurch wird pauschal nicht nur der Kursgewinn besteuert, sondern die Abgeltungssteuer wird auch für die wieder angelegten Erträge abgezogen - jene Erträge, die der Anleger in den Vorjahren bereits selbst beim Finanzamt gemeldet hatte.

Punkt zwei: Wer für die wieder angelegten Gewinne nicht zweimal Steuern zahlen will, ist gezwungen, zu handeln. Die zu viel bezahlten Steuern kann sich der Anleger über die nächste Steuererklärung vom Fiskus zurückholen. Allerdings muss der Anleger dem Finanzamt nachweisen, dass die laufenden Erträge aus dem Fonds tatsächlich bereits ordnungsgemäß versteuert wurden.

Unser Tipp: Bewahren Sie alle Steuererklärungen und die Bescheinigungen der Depotbank sorgfältig über die gesamte Haltedauer auf. Sie können später bares Geld wert sein.

Thesaurierende Fonds sprechen insbesondere Investoren an, die auf laufende Erträge nicht angewiesen sind oder keine Lust haben, sich regelmäßig selbst um die Neuanlage der Gewinne zu kümmern – vor allem dann nicht, wenn sie langfristig mit den Fondsanteilen Vermögen aufbauen wollen. Dazu ein Beispiel: Angenommen, Sie investieren 30.000 Euro in einen ausländischen thesaurierenden Aktienfonds, dessen Wert jährlich um acht Prozent steigt. Von den acht Prozent entfällt ein Viertel auf Erträge aus Dividenden. Bei einem Verkauf der Anteile nach 15 Jahren droht Ihnen dann eine Doppelbesteuerung von rund 4.300 Euro. Haben Sie die Belege der vergangenen 15 Jahre nicht parat, wird das Finanzamt Ihnen die doppelt gezahlte Steuer kaum zurückerstatten. Je größer Anlagesumme und Dividendenanteil sind und je länger die Laufzeit ist, desto größer wird naturgemäß der zweimal besteuerte Betrag.

Was können Investoren tun, die diesen Aufwand scheuen?

1.) Nicht in ausländische Fonds investieren, die thesaurieren. 
In den Verkaufsunterlagen ist das Domizil eines Fonds genannt. Oft lässt sich ein Auslandsfonds bereits an der internationale Wertpapierkennnummer ISIN erkennen, wenn diese nicht mit „DE“ beginnt. Allerdings ist eine mit „DE“ beginnende ISIN keine Garantie dafür, dass es sich um einen Inlandsfonds handelt. Die BlackRock-Tochter iShares hatte beispielsweise ihren Südafrika-ETF „iShares MSCI South Africa UCITS ETF“ zunächst unter der ISIN DE000A1C2Y94 aufgelegt, obwohl das Domizil Irland ist. Erst im vergangenen Jahr bekam der ETF die neue ISIN IE00B52XQP83 verpasst. Der Blick in die Unterlagen sorgt hinsichtlich des Domizils für Klarheit.

Die Auswahl an thesaurierenden Fonds mit Sitz in Deutschland ist naturgemäß kleiner. In der Datenbank von ARIVA.DE waren zuletzt Kurs- und Stammdaten für rund 580 thesaurierende Fonds mit Domizil Deutschland zu finden.

2.) Auf ausschüttende Fonds ausweichen.
Schütten ausländische Fonds laufende Erträge aus, tritt die Problematik mit der doppelten Besteuerung nicht auf. Voraussetzung dafür, dass der Anleger ausweichen kann, ist natürlich, dass der Fonds, in den er investieren möchte, auch in der ausschüttenden Variante verkauft wird. Lange Zeit gab es den bekannten Mischfonds Carmignac Patrimoine und den Aktienfonds Carmignac Investissiment beispielsweise lediglich in thesaurierender Form. 2012 legte die französische Fondsgesellschaft Carmignac Gestion beide jedoch auch in der ausschüttenden Variante auf. Auch andere Fondsgesellschaften handelten, so dass viele Fonds heute in beiden Varianten angeboten werden.

Die laufenden Erträge wieder in den Fonds zu investieren, darum muss sich der Anleger allerdings selbst kümmern. Einige Fondsgesellschaften und Broker bieten hierfür Automatismen an. Zu beachten sind auf jeden Fall die Kosten, die durch jede Wiederanlage entstehen können.

3.) Bei ETFs genau hinschauen.
Manche ETFs bilden nicht den Index, auf den sie sich beziehen, unmittelbar nach, sondern decken die Entwicklung mit einem Tauschgeschäft (Swap) ab. Die Deutsche Bank Asset Management hat beispielsweise einen ETF auf die Entwicklung des Schwellenländer-Index MSCI Emerging Markets aufgelegt (DBX1EM). Der in Luxemburg geführte ETF ist thesaurierend. In den Produktinformationen ist von „Indirect Replication“ die Rede: Investiert wird gar nicht in die im Index enthaltenen Aktien (unter anderem Samsung, Tencent und China Mobile), sondern die Indexentwicklung wird mit Hilfe eines Swaps dargestellt. Swap-ETFs können auch die laufenden Erträge in Kursgewinne umtauschen. Der genannte ETF hat für 2014 eine Ertragsthesaurierung von Null Dollar ausgewiesen, so dass Anleger keine Erträge selbst versteuern mussten. Eine Garantie dafür, dass Swap-ETFs keine Erträge thesaurieren, gibt es allerdings nicht.

Fazit: Weil die Abgeltungssteuer im Ausland nicht greift, ist bei ausländischen thesaurierenden Fonds im Depot besondere Aufmerksamkeit gefordert. Laufende Erträge müssen selbst versteuert werden, beim Verkauf der Anteile droht die Doppelbesteuerung. Daher: Sämtliche Belege wenn nötig über Jahrzehnte aufbewahren! Ausweichstrategien gibt es: Anleger können zum Beispiel überlegen, ob sie  – wenn möglich – trotz möglicher Mehrkosten für die Wiederanlage auf einen ausschüttenden Fonds ausweichen. Insgesamt stellt sich jedoch die Frage, inwieweit Investoren ihre Anlageentscheidung von der Steuergesetzgebung abhängig machen wollen.

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