Vergleich im Microsoftprozess geplatzt

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Vergleich im Microsoftprozess geplatzt

 
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Sonntag 2. April 2000, 14:27 Uhr


Vergleich im Microsoftprozess geplatzt

Washington (dpa) - Die Bemühungen um einen Vergleich im Kartellprozess
gegen Microsoft sind gescheitert. Das teilte der Vermittler, Richter Richard
Posner, am Samstagabend (Ortszeit) in Washington mit. Damit droht dem
weltgrößten Softwarekonzern in dieser Woche eine Verurteilung wegen
Missbrauchs seiner Marktmacht. Dies könnte langfristig die Zerschlagung
des Unternehmens zur Folge haben.

Die US-Regierung und 19 US-Staaten werfen dem Unternehmen von Bill
Gates in ihrer Klage vor, es habe seine Marktmacht bei der PC- Betriebssoftware Windows missbraucht,
um Konkurrenten (Netscape) aus dem Internetgeschäft zu drängen. Dies habe den technologischen
Fortschritt behindert und Konkurrenten sowie Verbraucher geschädigt. Dieser Sichtweise ist der Richter
in vorläufigen Feststellungen im vergangenen November bereits weitgehend gefolgt. Es gilt als sicher,
dass Microsoft im Falle einer Niederlage Berufung einlegen wird. Damit dürfte sich das Verfahren noch
Jahre hinziehen.

Die Parteien führten intensive Verhandlungen bis in die Nacht zum Samstag. Dann habe sich
herausgestellt, «dass dieser Fall nicht zu vergleichen ist, zumindest nicht im jetzigen Stand des
Verfahrens», schrieb Posner. Er bedauerte das Scheitern der Bemühungen um eine Einigung. Sie hätte im
öffentlichen Interesse gelegen, erklärte der Richter. Der weitere Prozess drohe nun, eine
Schlüsselindustrie der Weltwirtschaft zu verunsichern.

Sollte Microsoft wegen Monopolbildung verurteilt werden, wird in der nächsten Prozessphase über
Auflagen verhandelt werden, die diesen Zustand beenden. Sie könnten bis zu einer Aufspaltung des

Unternehmens reichen. Analysten rechnen mit einem Kurssturz der Microsoft-Aktien an diesem Montag.
Das Unternehmen muss im Falle eines Urteil auch mit einer großen Zahl Privatklagen rechnen, die
Schadenersatz wegen Geschäftsschädigung geltend machen.

Gates und der Klageführer des Justizministeriums, Joel Klein, äußerten sich enttäuscht. «Wir haben alles
getan, um den Fall zu lösen», sagte Gates am Firmensitz in Redmond. «Aber die Regierung wollte einem
fairen und vernünftigen Vergleich nicht zustimmen.» Microsoft habe einschneidende Konzessionen
angeboten. Die Einigung sei daran gescheitert, dass Bundesregierung und US-Staaten nicht
zusammengearbeitet hätten. Die Staaten hätten extreme Zugeständnisse wie die Zerschlagung von
Microsoft verlangt.

Klein erklärte in Washington: «Wir hätten einen effektiven Vergleich der Fortsetzung des Verfahrens
vorgezogen. Aber ein Vergleich um eines Vergleichs Willen ist sinnlos.» Die Regierung werde Auflagen
verlangen, «die Microsoft daran hindern, sein Monopol zu nutzen».

Laut «New York Times» hat das Justizministerium gefordert, dass Microsoft kein anderes Produkt mehr
an das Betriebssystem Windows koppelt, mit dem weltweit 95 Prozent aller PC arbeiten. Außerdem sollte
das Unternehmen die Windows-Codes so weit öffnen, dass auch Software anderer Anbieter optimal mit
dem System laufen kann. Microsoft soll angeboten haben, Windows auch getrennt von seinem
Internet-Browser Explorer anzubieten.

Posner betonte, dass die Verhandlungen nicht an mangelnder Bereitschaft Microsofts oder der
Bundesregierung zur Verständigung gescheitert seien. Die US-Staaten erwähnte er in diesem
Zusammenhang nicht. Die Uneinigkeit über den wahrscheinlichen Weg, den Ausgang und die Folgen des
weiteren Verfahrens sei einfach zu groß gewesen. Entgegen Medienberichten seien die Gespräche über
vier Monate intensiv geführt worden. Fast 20 Vergleichsvorschläge seien erarbeitet und erörtert worden.
«Unglücklicherweise haben sich alle Versuche als fruchtlos erwiesen.»


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