um das ich mich liebend gern drücken würde.
Ich kenne "Österreich-Professor" Maurer schon seit Jahrzehnten und weiss, was aus seiner Richtung kommt. Die Österreicher hier mögen mir verzeihen, aber er ist eine Mischung aus genialem Grantler, der in seinem Bemühen, den anderen weit voraus zu sein, bisher immer haarscharf daneben gelegen hat.
Das war zu Zeiten von Btx (Bildschirmtext) so, als er mit seinem MUPID durch Deutschland reiste und versuchte, allen Ernstes den allmächtigen CEPT-Standard vom Sockel zu stossen ("MUPID macht Bildschirmtext intelligent!"). Immerhin schaffte er es, SIEMENS dafür zu interessieren, man fertigte in Lizenz, genau zwei Jahre, und dann war Feierabend. Meines Wissens wurden damals ca. 2000 Geräte in allen möglichen Pilotprojekten eingesetzt, alles Zuschussbetriebe, aber für Siemens natürlich dank öffentlicher Förderung nur Peanuts. Sein Laden ging dabei baden, logisch.
Danach war es lange Zeit ruhig um Herrn Maurer und man hörte von ihm nur im Umkreis von 20 km um Graz herum. (Abgesehen von seinen ebenso spinnerten Schülern, die sich in den 70/80er Jahren wie die Karnickel in Deutschland und USA ausbreiteten, in Österreich ist das Potential für Österreicher eben begrenzt, man kennt sich ja...).
Mit dem Aufkommen des Internet erschien prompt wieder Herr Maurer, diesmal mit der spinnerten Idee, die Technik des Web zu verbessern. Man muss sich das einmal überlegen: entgegen internationaler Standards, und Standardisierungsorganisationen (z.B. IETF, W3C etc.) versuchte dieser Herr allen Ernstes eine (seine) Techniken, die sofort alles besser machen wollte, der internationalen Entwicklung einfach überzustülpen. Ich erinnere mich noch gut an den Lacherfolg, den er mit seinem "Grundsatzreferat" vor ein paar Jahren bei der GI-Tagung in Karlsruhe erzielte. Seit dieser Zeit wurde er im Prinzip von niemandem in Europa mehr Ernst genommen. Nebenbei betätigte sich die Gruppe nie in irgendwelchen Internet-Taskforces.
Dennoch sind die dem Hyperwave-System zugrundeliegenden Ideen aus der Sicht der Informatik ok, aber absolut nichts neues, solide Hausmannskost erst unter dem Deckmantel der Web-Technologie, inzwischen durch viel betriebswirtschaftliches und Marketing-Filter gestreamlintes Vokabular, als "MIS" (Management Information System) oder als IRM (Information Resource Management) System verkauft.
Summa Summarum handelt es sich dabei um ein System, das praktisch in die gleiche Richtung zielt wie IBMs LOTUS Domino/Notes und/oder Microsoft Exchange/Outlook Forms Server. Es wird zwar immer noch viel "kompatible Webtechnik" beschworen, aber das ist reines Marketing-Babble. Es handelt sich inzwischen um ein rein proprietäres System, natürlich mit Web-Exits bzw. Interfaces.
Was allerdings völlig verschlafen wurde, ist die Integration von XML bzw. die Chance, das ganze System auf der Basis von XML und objektorientierten Datenbanktechniken aufzuziehen. Das wäre ein Knaller geworden; so ist es aber nur eines von vielen Informationssystemen mit Content-Management-Funktionen. XML wird sicher auch hier eines Tages als Interface-Standard zur Verfügung stehen, aber darum geht es nicht...
Ich habe mit den f.d. Entwicklung Verantwortlichen des öfteren darüber und über die fehlende langfristige Zielsetzung diskutiert, aber man hat angesichts der Kunden, die man für das System gewonnen hatte (reine Inhouse-Lösungen) wohl massive Man-Power-Probleme, um sich einem Überdenken des Systemdesigns zu widmen. Typische Situation von Universitäts-Spinoffs, die plötzlich Geld verdienen (müssen). Einerseits ist man fasziniert davon, für die Realisierung von Kundenwünschen Geld zu bekommen, andererseits stehen durch die starke Bindung an die ersten Kunden keine Ressourcen mehr zur Verfügung, in den Grundsätzen weiterzukommen.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich werde nicht in Hyperwave investieren, weil die Maurer-Mannen mir eine zu hohe Märtyrernähe haben: In der Vergangenheit wurden immer "die anderen" dafür verantwortlich gemacht, wenn etwas den Bach heruntergegangen ist, mal war die "Zeit zu früh", mal waren die angestrebten Nutzer nicht in der Lage "Qualität zu erkennen". Ich bin dagegen der Ansicht, dass Hyperwave es versäumt hat, die Entwicklung des Internet richtig vorauszusehen und heute aus der Not eine Tugend gemacht hat.
Mit der irrsinnigen Entwicklungsgeschwindigkeit des Internet kann eine Firma, die sich davon weitestgehend abgekoppelt hat, auf Dauer nicht mithalten und das ganze System wird in ein paar Jahren obsolet sein.
Wer auf einen Nischenanbieter setzen will, kann Hyperwave kaufen, aber viel Spass wird er mit der Aktie nicht haben.
Eine andere Frage ist natürlich, welche Analysten Hyperwave über den Tisch ziehen kann; die in dieser Kaste wiedergekäuten und halb verstandenen Konzepte könnten mit ein paar geschickt gewählten Zahlen garniert u.U. für einen Anfangserfolg der Aktie gut sein. Aber selbst da wäre ich vorsichtig.
Gruss,
Schtonk