Ich habs ja am Donnerstag schon geschrieben, dass für mich die Nordex-Zahlen wie auch die Guidance gut waren, aber bei der Beurteilung der Zahlen/Guidance kommt es natürlich auf die Erwartungshaltung an. So hatte ich im Vorfeld der Q2-Zahlen bekanntermaßen Befürchtungen, dass Nordex ihre Umsatzguidance rasieren wird oder dass Nordex in Q2 eine EBITA-Marge kleiner 8,5% bringen wird. Fakt ist aber auch, dass es schon zumindest 2 negative Punkte gab im Q2-Bericht und 2, 3 kleinere negative Punkte.
Bevor ich mal auf die negativen Punkte eingehe, hat ja bis jetzt hier leider keiner getan, kurz zum neuen Barclay-Rating mit dem Kommentar "das Management des Windkraftanlagenherstellers müsse an seiner Kommunikation arbeiten, um seine Glaubwürdigkeit nicht zu beschädigen".
Ich habe es ja schon vor Wochen hier thematisiert, dass die Kommunikation von Nordex meines Erachtens schon mehr als schlecht war. Siehe Fake EBITA-Marge. War ja auch u.a. mit ein Grund warum ich aktuell nicht in Nordex investiert bin. Wobei aber Nordex bei den Q2-Zahlen dann schon versuchte (endlich) wieder für Transparenz zu sorgen, aber und das finde ich wieder mal schwach es kommen keine Worte zur aktuellen Situation von Acciona, denn alles was von Acciona kommt sind derzeit mehr oder weniger Belastungen, sei es beim schwachen Umsatz, deutlich negativen Cash Flows, sehr margenschwachen Brasilien-Projekte und einem schwachen Auftragsbestand. In diese Thematik geht meines Erachtens Nordex viel zu wenig.
Nordex Stand Alone hätte richtig tolle Zahlen abgeliefert, aber Acciona ist derzeit definitiv ein Klotz am Bein. Das zeigen die Q2-Zahlen, wenn man die sich im Detail anschaut nur zu gut.
Mir scheint es so zu sein, dass Nordex dann doch überrascht war über den aktuellen Acciona-Zustand. Wobei, ich habe es schon mehrmals erwähnt, die Acciona-Auftragslage für dieses Jahr ist nicht gut, so dass eigentlich bei genauerem Hinschauen klar war, dass von Acciona in diesem Jahr nicht allzu viel kommen wird. Schaut man sich aber die Acciona-Projektpipeline nach 2016 an, dann ist die wirklich richtig gut (Südafrika, Mexiko, Australien, Chile) und Acciona wird Nordex ab 2017 meiner Einschätzung nach noch viel Freude machen, aber derzeit belastet Acciona Nordex in so gut wie allen Belangen. Hier ist die Kommunikation immer noch schlecht und ich persönlich finde es richtig gut, dass endlich mal ein anerkannter Analyst das auch mal schreibt.
Jetzt aber zu den zwei richtig negativen Punkten auf die ich schon am Donnerstag ein wenig eingegangen bin: Punkt 1 ist der richtig miese Cash Flow und Punkt 2 ist die neue EBITA-Margenguidance.
1. Der Cash Flow war in Q2 deutlich negativ und in der Summe war das dann doch sehr überraschend. Operativer Cash Flow in Q2 Minus 77,1 Mio. €. Großteils ist das auf die schon mehr als deutliche Erhöhung des Working Capitals zurückzuführen hervorgerufen durch die Acciona-Übernahme. So lag in Q2 das Working Capital Ratio bei 4,4%. In Q1 lag es noch bei nur 0,7%. Damit hat das Working Capital zu Q1 um satte 97 Mio. € zugenommen und das geht natürlich voll auf den Cash Flow. Grund für diese deutliche Zunahme sind u.a. Zahlungsverzögerungen in Brasilien wie auch Vorableistungen für US-Projekte (“Safe Harbor”).
Als gut kann man diese richtig schwache Cash Flow-Entwicklung, die eigentlich fast nur von Acciona herrührt, nun wirklich nicht bezeichnen. Hier muss Nordex dann schon mehr als eine Schippe drauf legen für eine positive Cash Flow-Generierung.
2. Dass Nordex ihre EBITA-Margeguidance erhöhen wird war ja wohl so gut wie allen klar nach den Q1-Zahlen wo man gesehen hat wie stark Nordex unterwegs war. Somit ist neue EBITDA-Margenguidance zwischen 8,3 bis 8,7% nicht wirklich eine Überraschung. Da aber im 1. Hj. die EBITA-Marge schon bei 9,2% gelegen hat ist es nach der neuen nach oben revidierten EBITA-Guidance eigentlich nur logisch, dass im 2. Hj. die EBITA-Marge auf um die 8% sinken wird und das obwohl im 2. Hj. ein deutlich höherer Umsatz erwartet wird als er im 1. Hj. generiert wurde. Das ist jetzt dann schon etwas enttäuschend. Offenbar hat Acciona in Brasilien Aufträge angenommen die alles andere als margenstark sind und war auch wohl unter Druck, denn sonst hätte Acciona eventuell Probleme bekommen ihre Brasilienproduktion einigermaßen auslasten zu können.
Welche Belastung Acciona für Nordex zur Zeit ist zeigen so ziemlich gut die Produktionszahlen. Acciona hatte in Q2 eine eindeutige Unterauslastung in ihrer Turbinenmontage. Lediglich 129 MW an Turbinenkapazitäten wurden in Q2 montiert und 250 MW wären mindestens möglich. Damit lag die Auslastung gerade mal bei knapp über 50% und das geht selbstredend kräftig auf die Gewinnmargen. Dagegen arbeitet Nordex in Rostsock richtig auf Volllast und hat im 1. Hj. satte 1.169 MW an Turbinen produziert (+ 15%). Auch die Rotorblattproduktion läuft nach dem Umbau/Modernisierung auf Volllast, denn im 1. Hj. wurden in Rostock 291 Rotorblätter gefertigt (+ 76%). Hut ab Nordex muss man dazu sagen. Hätte ich zu Anfang des Jahres nie für möglich gehalten, dass Nordex solch tolle Produktionsleistungen abliefern kann. So muss es einen auch nicht wundern, dass Nordex Stand Alone im 1. Hj. ganz locker eine EBITA-Marge > 10% erreicht hätte.
Es gab dann noch ein paar kleinere negative Punkte. Ich war ja schon ein wenig skeptisch ob Nordex ihre Umsatzguidance mit mindestens 3,4 Mrd. € bestätigen wird aufgrund der doch offensichtlichen Schwäche von Acciona in diesem Jahr. Nun hat Nordex ihre Umsatzguidance präzisiert mit 3,35 bis 3,45 Mrd. € mit dem Kommentar: "Das Erreichen der oberen Bandbreite setzt voraus, dass keine weiteren Projektverschiebungen eintreten". Man kann das also durchaus als eine kleine Umsatzwarnung interpretieren.
Dass der Auftragseingang in Q2 nicht gut sein wird war ja klar nach dem es nur ein paar offizielle Auftragseingangsmeldungen in Q2 gegeben hat und somit ist der Auftragsbestand auch nicht überwältigend mit 2,05 Mrd. € (Nordex: 1,36 Mrd. €/Acciona: 690 Mio. €). Kann man jetzt negativ sehen, sollte man aber nicht meines Erachtens nach. Nordex hat ihre Auftragseingangsguidance mit mindestens 3,4 Mrd. € bestätigt (2. Hj. Auftragseingang damit mindestens bei 2 Mrd. €/bedingter Auftragsbestand mit fast 1 Mrd. € deckt rd. 50% des hohen prognostizierten Auftragseingang im 2. Hj. ab), der Juli Auslandsauftragseingang mit fast 400 MW war richtig gut und noch ein paar große Projekte als Auftragseingang im 2. Hj. stehen ja noch an (z.B. Mexiko, Kanada, Südafrika). Auch wissen wir ja mittlerweile, dass im kommenden Jahr das Deutschlandgeschäft noch weiter rund laufen wird.
Alles in allem sollte eigentlich der Auftragseingang bzw. der aktuelle Auftragsbestand kein großes Thema zur Zeit sein. Die Auftragslage scheint also nach wie vor sehr gut zu sein und das auf Sicht von 12 bis 18 Monate.
Was ich noch als eine gewisse Unsicherheit ansehe ist das Thema Türkei. Für Nordex ist die Türkei ein sehr wichtiger Absatzmarkt (Nr. 2 im letzten Jahr und Nr. 2 wohl auch in diesem Jahr nach Absatz). Denke mal aktuell kann keiner einschätzen wie es in der Türkei weiter geht. Kapital ist ein sehr scheues Gut. Damit könnte es für neue Projektfinanzierungen für Windparks in der Türkei durchaus Schwierigkeiten geben. Was aber schon finanziert ist wird weiter laufen. Soll heißen dieses Jahr dürfte es für Nordex in der Türkei noch keine Probleme geben. aber was wird in 2017 sein ?
Jetzt aber genug des Negativen, denn onst könnte man fast schon meinen die Q2-Zahlen wären richtig übel gewesen, aber ausblenden/ignorieren sollte man das nicht. In der Gesamtheit waren die Zahlen gut ohne Wenn und Aber und da bin ich ganz accord mit den ganzen Nordex-Analysten, die das auch so sehen bis auf die Franzosen von BNP, aber die sehen ohnehin generell für alle Windmühlenbauer kein Potential.
Gut waren vor allem die Bruttomarge (1. Hj. 2016: 24,7% -- 1. Hj. 2015 nur 21,7%), die EBITA-Marge wie auch das EPS, denn hier muss man bzw. sollte man natürlich auch die Belastungen wie die aktuell schwachen Acciona-Umsätze oder die einmaligen Übernahmekosten berücksichtigen. U.a. entwickelt sich der Serviceumsatz recht positiv, denn der hat bei Nordex-Stand Alone im 1. Hj. um gute 9% auf 106 Mio. € zugelegt und das obwohl Nordex zwei größere margenschwache Serviceaufträge aus den USA und Italien Ende letzten Jahres gekündigt hat. Da Acciona auch noch so rd. 15 Mio. € pro Quartal an Serviceumsätze beisteuert sollte ein Jahresserviceumsatz von 260 Mio. € sehr realistisch sein und in 2017 dürfte der dann bei über 300 Mio. € liegen.
Ich sehe das ganze rund um Nordex wie die Commerzbank und andere Analystenhäuser recht positiv und wenn Nordex sich so entwickelt wie ich mir das derzeit vorstelle, dann dürfte Nordex in 2017 auf ein EPS > 1,50 € kommen können. Voraussetzungen hierbei sind aber, dass Acciona zumindest wieder auf das 2015er Niveau beim Umsatz und den Gewinnmargen kommen wird (wenn ich mir die aktuelle Projektpipeline anschaue, dann wird dem wohl auch so sein), die Auftragseingänge so kommen wie das Nordex prognostiziert und dass Nordex in Rostock weiter solch super Produktionszahlen abliefert.
Jedoch sind durch die Aussagen zum Umsatz wie zur EBITA-Marge die Fantasie aus der Aktie eventuell kurzfristig zunächst mal raus. Könnte sein, dass da einige Investoren dann doch etwas mehr erwartet haben. Aber es ist nun mal so, dass die Acciona-Übernahme dann schon deutliche Spuren hinterlässt in diesem Jahr.
Rein von den Fundamentals her ist zur Zeit Vestas gg. Nordex vorzuziehen meiner Einschätzung nach. Schon alleine weil es bei Vestas so gut wie keine Unsicherheiten zur Zeit gibt. Vestas ist jetzt schon gut profitabel (EBITA-Marge um die 15%), schwimmt quasi in Cash (neues Aktienrückkaufprogramm ??) und ist meines Erachtens der ganz große Profiteuer der PCT-Verlängerungen in den USA. Als Zugabe gibt es dann noch das Offshore-Geschäft wo ja Vestas zusammen mit Mitsubishi ein Joint Venture betreibt und das entwickelt sich wie man ja an den Auftragseingängen in den letzten 9 Monaten sehen kann recht positiv. Mit einem 17er KGV bzw. einem cashbereinigten KGV von 14 (Nettocash je Aktie bei 11,20 €) ist Vestas auch nicht so teuer. Die Aktie liegt gut über ihrer 200er, aber bei um die 66 € befindet sich ein ganz signifikanter Widerstand. Wie bei Nordex sehen die Franzosen von BNP aber Vestas auch als Underperformer und sehen lediglich ein Kursziel von 53 €.