Das nenne ich mal eine signifikante Meldung:
http://www.ariva.de/news/...usiven-verhandlungen-aufbau-einer-6855217Zusammenfassung:
1) Die von Evotec-geführte Plattform erweitert aktuelle Initiativen, um die Forschung und Entwicklung ("F+E") neuartiger Anti-Infektiva zu beschleunigen
2) Sanofi lizenziert mehr als 10 frühphasige Forschungsprogramme zur Behandlung von Infektionskrankheiten an Evotec und behält Optionsrechte für Entwicklung und Vermarktung
3) Evotec übernimmt über 100 Mitarbeiter von Sanofi am Standort Lyon
4) Evotec erhält eine Vorabzahlung von 60 Mio. EUR von Sanofi plus "signifikante langfristige Unterstützung" um die Entwicklung des Portfolios der neuen Plattform zu gewährleisten.
5) Die von Evotec geführte Plattform ist und bleibt offen für weitere akademische Einrichtungen, Biotech- und Pharmaunternehmen, Stiftungen sowie Regierungsinstitutionen
6) Sanofis F+E-einheit für Impfstoffe ist von der aktuellen Transaktion ausgenommen
7) Der Abschluss der Transaktion wird im ersten Halbjahr 2018 erwartet. Ist also noch nicht fix.
Stichworte: "vorbehaltlich des Abschlusses der endgültigen Verträge und der Umsetzung der notwendigen personalrelevanten Prozesse"
Meine Einschätzung:
Das sind tatsächlich relevante News, wenn man auch immer bedenken muss, dass die Tinte noch nicht unter den Verträgen trocknet. ;)
Wenden wir uns gleich mal diesem Punkt zu.
"vorbehaltlich des Abschlusses der endgültigen Verträge und der Umsetzung der notwendigen personalrelevanten Prozesse"
Es handelt sich hier um eine Ad-Hoc, dass es sich um exklusive Verhandlungen in einer finalen Phase handelt.
Man verhandelte also schon länger geheim und musste jetzt wahrscheinlich aus aktionärsrechtlichen Gründen diese Insiderinformationen öffentlich machen. Man geht also davon aus, dass die Verhandlungen jetzt nicht platzen werden.
Die verschiedenen Gremien in beiden Unternehmen werden noch ihre Zustimmung geben müssen und hier würde ich Augenmerk auf die "personalrelevanten Prozesse" in Frankreich legen. Sprich: Französische Arbeitnehmer werden an einen deutschen Konzern übertragen.
Mir kommt da immer noch ein bisschen das Gruseln, weil ich mit Frankreich immer noch den starren, unflexiblen Arbeitsmarkt der letzten Jahrzehnte und ideologisierte Gewerkschaften auf Barrikaden verbinde... Nun ja, seit dem Sanofi-Deal am Standort Toulouse und seit den Initiativen von Präsident Macron bin ich da entspannter - aber ein subjektiv-nervöses Zucken bleibt. ;)
Gehen wir also von einer Zustimmung aller relevanten Gremien in beiden Unternehmen aus.
Nun zum inhaltlichen Deal:
-Was bekommt Evo von Sanofi?-
Evo erhält Lizenzen für 10 frühphasige Projekte gegen Infektionskrankheiten, erhält dafür die notwendigen Forscher mit Forschungsstandort Lyon, eine Einmahlzahlung und laufende Zuwendungen um die Forscher zu finanzieren. Für mich sieht das nach NullKommaNull-Kosten in den nächsten Jahren aus. Daumen hoch.
Evotec bekommt 100 ausgebildete Forscher "geschenkt", wir alle wissen, dass Evotecs Kapazitäten derzeit schon ausgelastet sind. Neue Forscher frei Haus sind daher perspektivisch Gold wert. Und das praktisch ohne neue Kosten zu produzieren. Das ist für mich der wirklich bedeutende Teil des Deals.
Dazu bekommt Evotecs Forschungsplattform eine neue Referenz. In der Meldung wird ja auch direkt am Anfang betont, dass die Plattform weiter offen für neue Partner ist - Evotec betreibt hier also natürlich Werbung in eigener Sache als Forschungsdienstleister und mit diesem Deal erlangt Evo erneut weltweit Aufmerksamkeit. Ein weiterer Schritt hin zur weltweiten Nummer 1 der Forschungsdienstleistung. ;)
-Was muss Evo demgegenüber Sanofi leisten?-
Die Forscher müssen die nächsten 5 Jahre am Standort Lyon beschäftigt bleiben.
Sollten sich bei einer der 10 Lizenzen Durchbrüche ergeben, wird Evo das jeweilige Projekt wieder an Sanofi direkt abgeben müssen, welche dann weitere Optionen ziehen und/oder es gar vermarkten. Von etwaigen Umsatzbeteiligungen für Evotec ist nirgendwo etwas zu lesen.
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Was heißt das nun?
Für mich überwiegen derzeit ganz klar die Vorteile und Chancen, die Nachteile und Risiken.
Ähnlich wie beim ersten Sanofi-Deal am Standort Toulouse, positioniert sich Evotec mit diesem zweiten Sanofi-Deal (nennen wir ihn mal "Lyon") hier als exklusiver Partner eines Pharmariesen, welcher seine Forschungsaktivitäten outsourct.
Darum geht es hier im Kern - für Sanofi ist es billiger einen externen Dienstleister (Evotec) bei 10 Projekten an einem möglichen Durchbruch forschen zu lassen, dafür sogar die Forscher zu stellen und diese zu einem Großteil zu finanzieren, als es in Eigenregie, im eigenen Konzern zu erledigen.
Sollten sich die 10 Projekte als Rohrkrepierer erweisen, hat Sanofi nicht viel verloren.
Und nebenbei 100 Forscherstellen abgebaut ;) (Zur Personal- und Kostenlage im Sanofi-Konzern kann ich leider nicht viel sagen). Sollte ein Durchbruch kommen, kann Sanofi das Projekt wieder an sich ziehen (mit den dann zugehörigen Forschern? Offene Frage.)
Guter Deal für Sanofi.
Evotec bekommt 100 Forscher samt Forschungseinrichtungen zum Nulltarif, gute Referenzen und natürlich Cash (wobei das letztere hier für mich nicht so relevant ist).
Zusammen mit dem ersten Sanofi-Deal (Toulouse) erwirbt sich Evo hoffentlich auch bei den Arbeitnehmern in Frankreich einen guten Ruf, ich halte das für die Zukunft der Standorte in Frankreich für wichtig.
Weitere Projekte mit Sanofi sind da natürlich zukünftig nicht ausgeschlossen.
Die Reputation von Evotecs Forschungsplattform steigt und bestätigt Evotecs Standbein der externen Dienstleistungen und lizensierten Forschung.
Guter Deal für Evotec.
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Ich würde sagen Win-Win für alle Beteiligten. Guter und signifikanter Deal. Dr. Werner Lanthaler hat geliefert.
Hoffen wir auf baldige Vollzugsmeldung und trockene Tinte unter den Verträgen.