Microsoft vermarktet Windows 10 ausgesprochen aggressiv - u. a. durch anfangs kostenlose Updates von Windows 7 und 8./8.1. Hauptgrund ist, dass Microsoft die durch Google etablierte grenzkriminelle Ausspähpraxis der Anwender ebenfalls praktizieren und in Profit (Werbung) ummünzen will. Wolf Street bezeichnet Windows 10 als "highly functional and slickly [raffiniert] presented corporate spyware". Andere hier im Forum haben Windows 10 sarkastisch, aber treffend, als "Riesentrojaner" bezeichnet.
wolfstreet.com/2017/12/17/...softs-edge-left-behind-for-dead/
Ein weiter Grund für das Gepushe ist, dass Microsoft seine User mit Windows 10 in die profitable firmeneigene Cloud treiben will. Das zugehörige Programm "Onedrive" wird von Windows 10 ungefragt installiert und pocht mit zig Hinweisen auf seine Aktivierung. Microsoft stellt bei Onedrive die ersten 5 GB Webspace gratis zur Verfügung; wer mehr braucht/will, muss dafür monatlich eine Gebühr zahlen.
Ginge es nach Mr. Softie, sollte jeder Windows-User seine privaten Dokumente, z. B. Word-Dateien, PDFs mit Steuerdokumenten, Bewerbungen, Fotos, Videos usw. usf. nicht mehr dezentral auf dem eigenen PC speichern, sondern zentral in Microsofts Datenwolke. "Vorteil" für den User: Er kann nun von allen Geräten (auch mobilen) auf seine Daten zugreifen. US-Geheimdienste natürlich auch, was bei "Terrorismusverdacht" auch gern und häufig umgesetzt wird. Die Cloud ist somit die effizienteste Umsetzung von "Big-Brother"-Geschnüffel seit Erfindung der Überwachungskamera. Der NSA muss nun nicht mehr umständlich private PCs mit Trojanern (wie in D. z. B. mit dem sog. Bundestrojaner) hacken/verseuchen, um Einblick in die Privatsphäre der User zu erlangen.
Der beworbene Vorteil des "Zugriffs von allen Geräten" schwindet freilich dadurch, dass Microsoft trotz extremer Anstrengungen im Mobil-Bereich nicht Fuß fassen konnte. Die 2012 erfolgte strategische Nokia-Übernahme war ein zig Milliarden teurer Flop - 7,5 Mrd. Dollar Verlust - und wurde inzwischen rückabgewickelt. "Windows Phone" wurde wegen mangelnder Marktakzeptanz klammheimlich eingestellt. Dabei war der neue CEO Nadella 2014 noch großspurig mit der Konzern-Strategie "mobile first, cloud first" angetreten: www.tecchannel.de/a/...tegie-mobile-first-cloud-first,2062722
Dass Windows 10 vor allem dem besseren Ausspähen der Anwender dient, merkt man auch an den Grundeinstellungen des neuen Betriebssystems, bei denen zig Schnüffelfunktionen "per default" aktiviert sind - z. B. Zugriff von installierten Programmen auf private Emails, private Kontakte, private Fotos, den Terminkalender, die Kamera, das Mikrofon (für Lauschangriffe?).... Google macht es freilich keinen Deut besser. Man kann Microsoft sogar zugutehalten, dass sich unter Windows 10 die Schnüffelfunktionen zuminest manuell weitgehend abwählen lassen. Allerdings werden einige dieser Funktionen später wieder ohne User-Rückfrage reaktiviert. (Man muss ständig nachsehen, ob die abgewählten Funktionen auch tatsächlich noch abgewählt sind.)
Besonders deutlich merkt man die User-Bevormundung an den von Windows 10 vorgegebenen Standardprogrammen, worin sich Microsofts Kommerzinteressen widerspiegeln. Als Musikprogramm soll man z. B. unbedingt "Groove Musik" nehmen (nicht deinstallierbar) - und als Browser unbedingt Microsofts "Edge". Edge ist ebenfalls nicht deinstallierbar, sondern tief und untrennbar eingebettet ins Betriebssystem. Und dies, obwohl Microsoft 2013 wegen der ebenfalls zeitweise untrennbaren Verschmelzung von Windows mit dem Internet Explorer (Vorgänger von Edge) von der EU-Kommission zu einer Strafzahlung von 561 Millionen Dollar wegen Wettbewerbsverzerrung verurteilt worden war: www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/...ft-12104860.html
Besonders ärgerlich an Edge ist, dass sich dieser Browser penetrant in den Vordergrund drängt. Edge soll nach Mr. Softies Vorstellungen nicht nur Standard für das Browsen sein (wobei fast jede Browser-Aktivität ungefragt an Microsoft übermittelt wird, für Werbe- und sonstige Zwecke), sondern z. B. auch für die PDF-Betrachtung: Eine Unart von Edge ist, sich ungefragt als Standardprogramm für die Öffnung von PDFs einzutragen. Hat man gleichzeitig Adobes Acrobat Reader installiert, wird dieser "über das System" automatisch deaktiviert (öffnet sich nicht mehr). Man kann dies, anders als noch unter Windows 10, auch nicht dadurch abändern, dass man in den Systemeinstellungen Adobe Acrobat als Standardprogramm für PDF vorgibt. Versucht man dies, erhält man postwendend die Windows-10-Meldung, dass die Zuweisung "aus Kompatibilitätsgründen" (= vornehme Umschreibung für "aus Profitinteresse") wieder auf "Windows-Standard" (sprich: Edge) zurückgestellt wurde.
Ich konnte den PDF-Terror durch Edge das nur abwenden, indem ich den Foxit PDF-Reader (Freeware-Version) installierte. Nachdem Foxit drauf war, der sich offenbar gegen Edge "durchsetzen" kann, ließ sich in einem zweiten Schritt auch wieder der Acrobat Reader installieren und praktisch nutzen, OHNE dass Microsoft dies ständig deaktivierte.
Letztlich stimmen User jedoch - wie bei Wahlen - "mit den Füßen" ab. Treibt man es zu toll, wird man abgewählt. Tatsache ist, dass Microsoft mit Edge im Browser-Krieg kein Land gegen Googles "Chrome", Apples "Safari" und Mozillas "Firefox" gewinnen konnte. Die Strategie, mit obigen Penentranz-Attitüden Edge "zwangszuetablieren", ist in die Hose gegangen. Manche Spötter bezeichnen Edge nur noch als "Installationsprogramm für Chrome oder Firefox":
Der kombinierte Marktanteil der Microsoft-Browser "Internet Explorer" und "Edge" ist seit Jahren rückläufig. In USA fiel er über alle Geräteklassen (inkl. Smartphones) von 27 % (Anfang 2015) auf jetzt nur noch 10 % (Chart unten). Nimmt man nur PCs und Notebooks (ohne Smartphones), fiel er im gleichen Zeitraum von 40 auf 20 % (siehe Chart bei Wolfstreet).
In D. sieht es deutlich anders aus. Hierzulande ist neben Google Chrome der Mozilla-Browser Firefox sehr beliebt. Beide haben in D. einen Marktanteil von ca. 35 %, während die anderen Browser unter "ferne liefen" rangieren: de.statista.com/statistik/daten/studie/...tschland-seit-2009/
In USA hingegen kommt Firefox hingegen nur auf etwa 6 % Marktanteil - ähnlich wie Edge. In Amerika ist Chrome mit 60 % klar dominierend, während alle anderen Browser unter 12 % Marktanteil liegen (siehe weitere Chart bei Wolfstreet).
Ich selber nutze seit Jahren Firefox, weil er über die Addons die effektivsten Werbeblocker bereitstellt. Außerdem handelt es sich um Open-Source-Software, die auch unter Linux funtioniert. D.h. der Code von Firefox ist quelloffen - und damit ist überprüfbar, ob die Programmierer Hintertüren für NSA-Ausschnüffeleien im Programmcode versteckt haben.
Auch im Cloud-Geschäft konnte Microsoft trotz aller Anstrengungen nicht recht Fuß fassen. Unangefochtener Marktführer bleibt Amazon, das im Cloudgeschäft mit aktuell jährlich 18 Milliarden Dollar mehr Umsatz hat als die folgenden 14 Firmen (inkl. Microsoft) zusammen: www.businessinsider.de/...zure-and-google-cloud-2017-10?r=US&IR=T
Cloud-Dienste sind besonders für mittelständische Firmen interessant, die über die Cloud häufig ihre gesamten IT-Dienste auf gemietete externe Server auslagern, was erheblich Kosten spart. Weiterer Vorteil ist, dass die Cloud-Dienste je nach Bedarf flexibel in Anspruch genommen werden können.
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Ob angesichts all dessen - Scheitern von Microsoft im Mobilsektor, nur kleines Licht im Cloud-Geschäft, teilweise Gratis-Verteilung von Windows 10 - der inzwischen schon wieder astronomisch hohe Kurs der Microsoft-Aktie berechtigt ist, muss jeder Bulle/Bär für sich selber entscheiden. Der Kurs ist mit aktuell 87 Dollar inzwischen schon wieder fast so hoch wie am Top der Dot.com-Blase (damals 125 Dollar). Das KGV liegt bei moderaten 30, bei immerhin 1,9 % Dividende. Das ist noch vergleichsweise gemäßigt im Vergleich zu Amazon mit KGV 300, keine Dividende, oder Alphabet (= Google) mit 36, keine Dividende.