Interessant in diesem Zusammenhang ist, wo denn nun eigentlich
wirklich die "Ölpreisdrücker" sitzen. Medien berichten unablässig, dass es die Saudis seien, und dass das Preisdrücken dazu diene, die US-Fracking-Industrie in die Pleite zu treiben.
Das Argument macht im Prinzip ökonomisch Sinn. Aber eben nur bedingt. Denn neue Löcher für Fracking zu bohren dauert nur ca. 20 Tage und ist verhältnismäßig unaufwändig, während z. B. Tiefseeförderung in Brasilien oder Norwegen 10 Jahre Vorbereitung erfordert und extrem kostenintensiv ist.
D. h. die Saudi "erreichen" zwar - wenn denn die unterstellte Absicht überhaupt stimmt -, dass die US-Ölförderung via Fracking zum Erliegen kommt. Denn niemand fördert bei Produktionskosten von 70 Dollar/B, wenn das Öl nur für 30 Dollar/B auf dem Markt verkauft werden kann.
Sobald aber der Ölpreis wieder steigt, sind die "Fracker" sofort wieder zur Stelle. Man kann sie daher nicht "aushungern". Es gibt nur Pleiten wegen windiger Junkbond-Finanzierung. Das Geschäftsmodell an sich lässt sich nur dann dauerhaft aus der Welt schaffen, wenn der Ölpreis dauerhaft unter 70 Dollar BLEIBT. Damit schneiden sich die Saudis jedoch ins eigenen Fleisch, da sie zu fast 100 % vom Ölexport leben.
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In der News von Palaimon aus dem Telegraph (# 727) ist nun davon die Rede, dass Opec (auch die Saudis zählen dazu) gemeinsam mit Russland gegen die "Spekulanten"; die das Öl drücken, vorgehen wollen. Wer aber sind dann die Spekulanten?
Sollte diese Information (n # 727) zutreffen, dann ist es unwahrscheinlich, dass die Saudis tatsächlich die ihnen von den Medien angediente Rolle der Ölpreisdrücker haben.
Fakt scheint zu sein, dass es eine Konkurrenz zwischen der Opec und Russland gibt - und zwar dergestalt, dass weder die Opec zugunsten der Russen noch die Russen zugunsten der Opec ihre Öl-Produktion zurückfahren wollen. Sicher ist, dass nur bei einer weltweit wirksamen Drosselung der Öl-Produktion die Preise wieder steigen können. Doch keine der Parteien scheint "zugunsten der anderen" als Erste ins kalte Wasser springen zu wollen. Denn weniger Öl-Produktion heißt zunächst mal auch: weniger Einnahmen. Die von den Sanktionen gebeutelten Russen sind eh schon klamm.
Für die Russen geht es aber schlichtweg um ihre wirtschaftliche Existenz. Zwei Drittel der russ. Exporterlöse kommen aus Energieexporten. Schon einmal - 1998/99 - wurden die Russen durch einen auf 10 Dollar runtergeprügelten Ölpreis an den Rand einer Staatspleite getrieben.
Die Einigung zwischen Opec und Russland zur Produktionsdrosselung würde vor allem den Russen helfen, weil die Russen erst ab einem Ölpreis von ca. 45 Dollar mit Gewinn fördern können. Die Saudis fördern für 25 Dollar, kommen daher aktuell noch klar. Aber auch die Saudis selber dürften an dauerhaft niedrigen Ölpreisen nicht interessiert sein.
Unter dieser Prämisse frage ich mich, ob die tatsächlichen Ölpreisdrücker nicht eher im Umfeld von Wall Street zu suchen sind. Ich halte für nicht ausgeschlossen, dass Wall Street die eigene Fracking-Industrie als Bauernopfer hergibt. Das übergeordnete (= strategisch höher bewertete) Ziel könnte sein, Russland in die Pleite zu treiben, um anschließend in Russland unter Billigung einer frisch etablierten Vasallenregierung a la Kiew industriell "Fuß zu fassen".
In der Ukraine ist genau dies passiert. Die Regierung wurde "umgekrempelt"; mit der amerikanischen Hedgefonds-Managerin Jaresco als neue "Finanzministerin". Folge: Der größte private ukrainische Gashersteller ist bereits quasi in US-Hand. In dessen Vorstand sitzen neben Michael Biden, dem Sohn des US-Vizepräsidenten, vier weitere Ausländer - und nicht ein einziger Ukrainer (soweit zum Stichwort "Demokratisierung der Ukraine").
Der langfristige Gewinn, den Wall Street aus einer "Übernahme" Russlands ziehen könnte, dürfte wesentlich größer als die relativ kleinen Schmerzen, die das derzeitige Fiasko der US-Frackingindustrie bereitet. Diese Fiasko liefert (als "false flag") zugleich auch hervorragende Pseudo-Argumente, dass die Saudis die Schuld am Ölpreisverfall hätten (s.o.). Bei den Fracking-Pleiten leiden nur ein paar verzockte Junkbondhalter (Pensionsfonds etc.). Mich würde nicht mal wundern, wenn Goldman und Co. auf diese Junkbonds short sind - in ähnlicher Weise, wie sie in der US-Housingkrise auf fallende Hypotheken-Verbriefungen gewettet hatten. Dann würden gewiefte Zockerbanken sogar noch am Fracking-Fiasko verdienen.