"du hast absolut keine Ahnung vom Ölmarkt, rennst seit Jahren einer Goldman Sachs-Ölpreis-Verschwörungstheorie nach, legst bei deiner fundamentalen Beurteilung des Ölmarkts die gleichen Kriterien an wie beim Dow Jones und DAX "
Würdest Du auch Ekkehart Schulz, den Chef von ThyssenKrupp, als ahnunglosen "Verschwörungstheoretiker" abkanzeln? Der Mann sagt in # 245 wörtlich:
"Wenn wir nicht bereit sind, den Rohstoffspekulanten [gemeint sind GS, JPM und andere Großzocker - A.L.] entschlossen entgegenzutreten", so der ThyssenKrupp-Chef, "werden sie zu einer ernsthaften Bedrohung für die gesamte Stahlbranche und die Weltwirtschaft." Er befürchtet, dass sich an den internationalen Rohstoffmärkten eine gewaltige Blase bildet, die von den "Dimensionen sogar noch größer werden" könnte "als das Immobilienproblem in den USA vor zwei Jahren"... ThyssenKrupp hat konkrete Hinweise darauf, dass große Investmentbanken, die auch "bei den anderen Spekulationsblasen beteiligt waren", den Einstieg in den Eisenerzmarkt vorbereiten. "Sie sind derzeit in unseren Märkten unterwegs, heuern Rohstoffspezialisten an, kaufen Handelshäuser und mieten Lagerflächen in großen Häfen, um Erze zu Spekulationszwecken zwischenzulagern", sagt Schulz. Bei den geplanten Geschäften gehe es um "reine Wetten auf bestimmte Preisentwicklungen, um Gewinne aus Käufen und Verkäufen ohne realwirtschaftlichen Hintergrund".
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Der Mann "spricht mir aus der Seele". Auch kann man schwerlich behaupten, er habe "keine Ahnung".
Den gleichen Schindluder wie beim Eisenerz betrieben GS, JPM und Co. beim Öl, das sie 2008 grundlos auf 147 Dollar hochpushten, ehe der Preis binnen sechs Monaten auf 30 Dollar abstürzte. Allein die extreme Vola zeigt, dass hier Zocker am Werk waren und nicht "Angebot und Nachfrage" die starken Bewegungen auslöste. Sieht man sich dazu noch den Chart in # 243 an, der belegt, dass an der Terminbörsen 12 Mal mehr Öl gehandelt wird, als die Welt physisch benötigt, muss man schon reichlich bekloppt sein, weiterhin den Rechtfertigungs-Argumenten der Preistreiber ("Oil Peak", "unendliche Nachfrage in den Schwellenländern") auf den Leim zu gehen.
Die Rohstoffpreise steigen nachweislich erst seit 1999, als in der Großen Depression erlassene Gesetze, die den Rohstoff-Handel begrenzten, um Blasen zu verhindern (man war damals aus schlechter Erfahrung klug geworden), von Clinton einfach ausgesetzt wurden. So kam es paradoxerweise zu Preisanstiegen in einer Phase, in der die Weltwirtschaft die Nachwehen der Dot.com-Blase auskurierte. Die mit Aushebelung der alten Gesetze gepumpte Rohstoff-Blase diente, wie die Haus-Blase, der "Reflationierung". Die forcierten Preisanstiege sollten den erstmals 2002 von Greenspan genannten deflationären Tendenzen entgegenwirken. [Es ist das gleiche kranke Konzept, dass Bernanke jetzt versucht]. So etwas funktioniert jedoch nur temporär, wie der 2008-Kollaps quer durch alle Assetklassen belegt.
Die Verantwortlichen haben aus dem Fast-Kollaps der Weltwirtschaft jedoch herzlich wenig gelernt. Sie wurden auch von den Regierungen nicht etwa bestraft, sondern im Gegenteil auf Steuerzahlerkosten "ausgebailt". Die jetzige Rohstoff-Echoblase ist der Versuch, abermals über "Reflation" die deflationäre Weltwirtschaft zu kurieren. Es wird erneute scheitern. Denn als letzte Konsequenz aus dem sinnlosen Billionen-Gepumpe resultieren die jüngsten Staats-Schieflagen (PIIGS, Dubai usw.), die bald auch große Staaten wie Japan, GB und USA vor große (Refinanzierungs-)Probleme stellen werden.
Doch nicht nur die 1999 erfolgten Änderungen der CFTC-Bestimmungen gaben den Ausschlag, sondern auch die Abschaffung des Glass-Steagall-Acts (Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken) im gleichen Jahr. Gerade Letzteres ermöglichte GS, JPM und anderen, massiv mit Kundengeldern im Rohstoff-Markt und sonstigen Eigenhandels-"Paradiesen" einzusteigen - mit Summen, die die notorischen Preisanstiege seitdem überhaupt erst anschoben. So wurden sie auch "too big to fail", was Paul Volcker nun durch neue Gesetze rückgängig zu machen versucht.
Das "gestiegene Nachfrage"-Argument der Zockerbanken war in der ganzen Zeit eine reine Rechtfertigungs-Lüge, um Firmen Absicherungsgeschäfte aufzunötigen. Man kann sie von der "Qualität" her mit dem AAA für US-Subprime-Schrott vergleichen.
Das Problem von gezielten Marktverzerrungen - vor allem im Rohstoffsektor - wurde in USA bereits im Sommer 2009 angegangen, doch bislang konnte (oder wollte) sich Obama gegen Wall-Street - die "eigentliche US-Regierung" - nicht durchsetzen. Die geplanten Regulierungen enthalten Ausnahmebestimmungen, die sie zur Makulatur machen.
Wall Street Journal, Juli 2009:
CFTC to Consider Setting Position Limits for Energy TradingBy SARAH N. LYNCH
WASHINGTON -- U.S. commodities regulators, in an effort to crack down on excessive speculation, plan to propose sweeping trading limits on oil, natural gas and possibly other commodities.
U.S. Commodity Futures Trading Commission Chairman Gary Gensler said Tuesday the agency will hold hearings this summer to consider imposing position limits for "all commodities of finite supply." The agency will also review whether swap dealers, index traders and exchange-traded fund managers should be allowed to get around those limits through special hedge exemptions. [das zeigt, dass hier offenbar nur Kosmetik betrieben werden soll - A.L.]
"My firm belief is that we must aggressively use all existing authorities to ensure market integrity," Mr. Gensler said. [= heiße Luft, A.L.]
If the CFTC ultimately decides to set limits across energy and other commodities, it would be a major change from the current policy, which hands off much of that authority to the exchanges. Currently, the CFTC imposes limits on certain agricultural products and allows the exchanges to set limits on such other commodities as energy and metals, in order to protect against manipulation. They are not required, however, to protect against excessive speculation.
Mr. Gensler also said the agency is in the process of drastically altering how it presents information to the public in its weekly large trader report by incorporating data about swap dealers, foreign contracts tied to U.S. futures contracts, professionally managed market positions such as hedge funds and contracts that help set market prices.
Such a change would be a departure from the current format of the reports, which only classify large traders as hedgers or speculators and make it difficult to get a true picture of the marketplace. Many large derivative dealers, such as Goldman Sachs, may declare themselves as hedgers even if their trading strategies combine price risk management and speculation.
The decision to reconsider position limits and hedge exemptions reflects a different attitude than the one that CFTC displayed last summer when oil and agricultural commodities spiked to all-time highs.
Some lawmakers believed the price spikes were tied to excessive speculation by swap dealers and index traders, and they criticized the agency for failing to take forceful action.
Much to some Democrats' chagrin, the CFTC -- operating at the time under Bush administration leadership -- instead issued two reports saying it had no definitive evidence that excessive speculation caused prices to rise to such high levels.
The agency still agreed to consider tightening the rules for how swap dealers receive hedge exemptions. Earlier this year, it sought comments from the public on a proposal -- strongly opposed by the industry -- to limit hedge exemptions. Mr. Gensler said Tuesday that the hearings this July and August will go a long way toward deciding how to proceed.
While futures exchanges do subject energy traders and others to accountability levels, which trigger additional oversight if exceeded, those traders are not subject to position limits unless it's during the last few days of trading.
"The different regulatory approach to position limits for agriculture and other physical commodities deserves a thoughtful review," Mr. Gensler said, noting that the agency will consider how to apply position limits fairly for all market participants, including "index traders and managers of exchange-traded funds."