Stöffen hatte ja einen "Paradigmenwechsel" angefordert. Ob der Wechsel schon stattfand (das heißt das jetzige Paradigma wäre "neu") oder ob das jetzige Paradigma durch ein neues abgelöst werden soll, konnte ich nicht ermitteln. Für das
jetzige Paradigma im Geldsystem sei nachstehende Definition/Beschreibung gegeben :)
1.Der Zentralbank-Neoliberalismus, genau aber: Das Zentralbankparadigma im Neoliberalismus, verfolgt das Ziel einer Befreiung des Fiat-Kapitalismus vom Realkapitalismus, d.h. die Befreiung des Fiat-Geldes von jeder Rechtfertigung/Amortisation gegen das Realkapital.
2.Der ZB-Neoliberalismus verfolgt ein modernes, soziales, ja linkes Programm: Er erlaubt den Staaten, über Fiatgeld unbegrenzt Zugriff auf Realkapital zu erlangen. Alle fortschrittlichen monetären Theorien beruhen auf dem ZB-Neoliberalismus, welche alle von der US-Finanzwissenschaft gelehrt werden.
3.Der ZB-Neoliberalismus greift hierzu geschlossene Produktions-Verbrauchs-Kreise an und bricht diese in Erzeuger und Verbraucher entzwei mit klarer Aufteilung: Die eine Seite ist erzeugend (Kreditor), die andere verbrauchend(Debitor) und dazwischen ist das Bankensystem, welches die erforderliche Geldschöpfung vornimmt. Länderübergreifend ist dies über die "Globalisierung" dargestellt.
4.Für die unbegrenzte und uneingeschränkte Wirksamkeit des Fiat-Geldes ist notwendig, dass dieses beständig wächst. Staatsverschuldung und hohe Vermögenspreise( vulgo: "Asset-Inflation") sind die zwingende, unverzichtbare Komponente, die für die Bilanzierung des Bankensystems im ZB-N.L. benötigt werden. Hohe Vermögenspreise bemessen sich nicht absolut - sondern an der Realkaufkraft. Relativ zur Geldmenge ist also eine Absenkung der Realkaufkraft weiteres Ziel des ZB-Neoliberalismus.
5.Ziel der Absenkung der Realkaufkraft ist die Verbilligung von Realkapital. Da Realkapital einerseits von den Kosten der Arbeit getragen wird, andererseits durch Geldschöpfung von Inflation betroffen ist, muss ein entsprechendes Lohnniveau dargestellt werden - welches an der Anhebung der Vermögenspreise nicht teilnimmt (da sonst keine Anhebung der Vermögenspreise erreicht worden wäre, sondern bloße Inflation). Dies wird durch eine Anhebung der Arbeitslosenquote dargestellt, mit der sich die Absenkung der Kaufkraft einerseits und die Beibehaltung eines niedrigen Lohnniveaus andererseits umsetzen lässt. (Letzteres wird über das Modell der Phillips-Kurve beschrieben).
6.Die soziale Komponente, d.h. Finanzierung von Arbeitslosigkeit unterliegt im ZB-N.L. der Allgemeinheit, ebenso wie die Finanzierung gewisser Kreditrisiken, die sich aus der Geldschöpfung ergeben. Die Botschaft ist also: Sozialisierung der Verluste, und hierin liegt das klare Bekenntnis des ZB.-N.L. zu sozialer Gerechtigkeit, das der Realkapitalismus so vorher nicht kannte. Im ZB-N.L. ist nicht das Ziel: "einige haben viel, und viele haben wenig" - sondern das Ziel lautet: "Möglichst viele haben möglichst wenig". Mit diesem Ziel nähert sich der ZB-N.L. den realsozialistischen Staaten des vergangenen Jahrhunderts an.
7.Wer in diesem Konzept Arbeitslosigkeit oder eine Verringerung des Lebensstandards als Kritikpunkt des ZB-N.L. betrachtet, betrachtet falsch und hat das System nicht verstanden. Tatsächlich sind Arbeitslosigkeit und Verringerung des Lebensstandards notwendiger Teil der Erfolgsgeschichte des Neoliberalismus, denn nur so kann dem Staat das Privileg der unbegrenzten Schuldenfinanzierung zugestanden werden. Im gegenteiligen Szenario (Vollbeschäftigung, hohe Kaufkraft) würde eine Schuldenfinanzierung des Staates einerseits direkt Inflation hervorrufen, andererseits im längerfristigen Mittel einen Zinssatz vom Doppelten der Inflationsrate erfordern und damit scheitern.